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Fortwährende Zunahme der Opposition. Ueberwiegen des volksmäßigen Elements. Reisende Prädicanten.

Allein auch die Wirkungen dieser Reaction waren entweder nur vereinzelt, oder nur scheinbar. Es ist wahr: es schmerzte tief, daß der Kaiser sich mit dem Papste gegen die Bestrebungen der Nation verbunden, und um so mehr, als man die hohe Idee von dem Kais serthum und seiner eigentlichen Bedeutung keineswegs aufzugeben geneigt war. Aber man war zugleich überzeugt, daß der Kaiser nur aus Unbekanntschaft mit der Lage der Dinge so gehandelt, daß er sich von den Römern habe überlisten lassen, und warf die ganze Entrüstung, welche man über das Wormser Edikt empfand, auf die päpstliche Curie. Man wollte dem Kaiser Karl so wenig Schuld beimessen, daß man sogar Anfangs zweifelte, ob er das Edikt wirklich ausgeben lassen wolle 1). Und man konnte sich so wenig von dem Wunsche trennen, daß der Kaiser sich an die Spitze der Bewegung stellen möge, daß nach wie vor Schriften erschienen, welche dieses Thema besprachen 2).

von Straßburg. Später soll er doch wieder auf die Seite der Lutheraner getreten sein. Adami vitae Germanor. theolog.

S. 190.

1) Martin Bucer an Zwingli, Mai 1521. Epp. Zwinglii I. 174. 2) Der erste von den 15 Bundesgenossen: ein kläglich Klag an den

christlichen römischen Kaiser Carolum vonwegen Dr. Luthers und Ulrichs von Hutten. Auch abgedruckt bei Münchs Ausgabe der Briefe der dunkeln Männer. S. 532 sq. Und: „ich bin der Striegel im deutschen Land." Außerdem die Schriften Huttens nach dem Reichstage von Worms (s. meinen Aufsaß über Ulrich von Hutten a. a. O.).

In Bezug auf Luther aber hatte der Wormser Reichss tag ein Resultat bewirkt, welches vollkommen dem entgegengeseßt war, was seine Feinde wünschten. Denn der Glaubensmuth, den er daselbst bewiesen, die unerschütterliche Festigkeit, mit welcher er vor Kaiser und Reich gesprochen, bestärkten nicht nur seine Anhänger, sondern erwarben ihm noch ein gutes Theil neue. Man versäumte nicht, sein Benehmen auf dem Reichstage in das schönste Licht zu sehen. Gleich nach demselben erschienen mehrere Schriften, welche sich diese Aufgabe stellten. Die eine erzählte den ganzen Hergang treu his storisch 1). Eine andere nahm einen etwas excentrischen Charakter an 2). Sie ist im Bibelton gehalten: Luther wird mit Christus verglichen, die Papisten mit den Pharisäern und. Schriftgelehrten, der Erzbischof von Mainz mit Caiphas, Luthers Anhänger mit Christi Jüngern, der Erzbischof von Trier mit Pilatus, der Churfürst von Sachsen mit Petrus, indem er Luthern dreimal verläugnet und dann doch sich seiner angenommen habe. Selbst ein Judas fehlt nicht. Wie nun Christus verurtheilt worden, so wird auch Luther verurtheilt, d. h. in die Acht erklärt und sein Bildniß verbrannt nebst denen Huts tens und Karlstadts. Aber die Bildnisse wollten nicht verbrennen, so wenig als Christus getödtet werden konnte. und dem Wormser Edikte sind die frommen Christen noch heutiges Tages nicht gehorsam; sie werden sehen, in was sie gestochen haben.

1) Sie steht in Luthers Werken.

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2) Passion Dr. Martini Luthers oder seyn Lydung durch Marcellum beschrieben. Zweier Bauern redt. Karsthans u. Kegelhans. s. 1. c. a.

Man warf den Papisten namentlich vor, daß sie auf dem Reichstage sich nicht getraut hätten, mit Lus thern zu disputiren: hierdurch hätten sie deutlich darge, than, auf wie schwachen Füssen ihre Sache stände. Denn wenn sie nicht die Ueberzeugung gehegt, daß sie vor ihm erliegen müßten, würden sie es sicherlich gethan haben 1).

Die Nachricht von Luthers Gefangennehmung trug ebenfalls das Ihrige bei, um die Aufregung zu vergrö, ßern. Denn im ersten Augenblicke glaubte man, er sei von den Papisten aufgehoben worden 2). Wie ereifert sich nicht Albrecht Dürer darüber! Er ruft Waffen und Wehe gegen den römischen Stuhl: das unschuldige, von Papst, Pfaffen und Mönchen vergossene Blut schreie gen Himmel um Rache, und diese werde gewiß nicht ausbleiben ). Eine andere Schrift 4), welche auch annahm,

1) Ein schöner Dialogus und Gespräch zwischen einem Pfarrer und einem Schultheiß, betreffend allen übeln Stand der Geistlichen und böse Handlung der Weltlichen, Alles mit Geizigkeit beladen. s. 1. e. a.

2) Martin Bucer wußte doch schon im Mai 1521, daß Luther in dem Gewahrsam von Freunden sei. An Zwingli. Epp. I. 174. Lutherum scias captum quidem, sed nisi me fallant omnia, minime ab hostibus. Res mire celatur, et prudenter sane.

3) Tagebuch seiner Reise in die Niederlande. 1520 und 1521. in

Reliquien von Albrecht Dürer. Nürnberg, 1828. S. 127 — 132. 4) Das ist der hoch Thurm Babel, id est confusio papae, darin Doctor Luther gefangen ist. Geben uff Zynstag nach dem Sonntag Exaudi anno domini 1521, als Botschaft kam gen Worms, wie Dr. Luther mit seinem Geleit bei Mansfelden hinweggeführt und sein 21 Tag des zugesagten Geleits noch nicht aus was.

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daß Luther von den Anhängern des alten Systems ges fangen gehalten werde, wendet sich an die deutsche Nas tion, um diese aufzufordern, Luthern zu befreien. Sie vergleicht diesen ebenfalls mit Jesus, den Papst aber mit der babylonischen Hure.

Bei solcher Aufregung der Gemüther war daher die Re-' action ziemlich unbedeutend. Selbst an den Orten, wo sie äußerlich durchgesezt ward, trug sie nur dazu bei, den in, nerlichen Grimm des Volkes zu vermehren. In Ulm, wo die Pfaffen es sich ganz besonders angelegen sein ließen, die neue Lehre zu unterdrücken, griff sie eben darum mit jedem Lage weiter um sich. Jener Edelhuser, der sich zum Widerrufe hatte verleiten lassen, wurde auf das Tiefste verachtet: kein rechtschaffener Mann wollte mehr etwas mit ihm zu thun haben '). In Erfurt, wo die Papisten auf den Grund des Wormser Edikts ihr Haupt wieder zu erheben suchten, rief eine Beschimpfung, welche der Decan der Domkirche an Johann Draconites, einem Anhänger der neuen Lehre, verübte, einen förmli chen Aufstand hervor2). In Reutlingen wurde ein papistischer Prediger, der die Kanzel zu Schimpfreden gegen die Anhänger Luthers benußte, vom Volke mit Gewalt heruntergerissen und mißhandelt3). Allenthalben fürchtete man Aufruhr und Empörung, wenn man dem Wormfer

1) Wolfgang Nichard an Megobachus. Sept. 1521. bei Schelh. amoen. I. 305.

2) Luther an Spalatin. 14. Mai 1521. De W. II. 5. 7. Strobel neue Beiträge. IV. 1. 16.

3) Richard an Megobachus. Schelh. amoen. I. p. 294.

Edikte nachkomme. Selbst die Papisten sahen ein, daß sie damit nichts erreicht hätten.,,Den Luther, schrieb Einer an den Churfürsten von Mainz, haben wir, wie wir wollten, aus dem Wege geschafft, aber das Volk ist so aufgebracht, daß ich fürchte, wir werden kaum mit dem Leben davon kommen, wenn wir nicht die Leuchter anzünden und ihn suchen“). An die Vollziehung des Wormser Edikts, schreibt Mathäus Zell von Kaisersberg, sei gar nicht zu denken gewesen: die Bücher Luthers seien allenthalben feil geboten worden, selbst an den Orten, wo obenan das päpstliche und kaiserliche Mandat gestanden sei. Im ganzen deutschen Land gebe es keine Stadt, keinen Flecken, keine Versammlung, kein Kloster, keine hohe Schule, kein Kapitel, kein Geschlecht, nicht einmal ein Haus, in denen nicht Leute seien, die trotz des Edikts der Lutherischen Lehre anhingen2).

1) Luther an Spalatin. De Wette II. 13.

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2) Mathäus Zell, Prediger in Straßburg, chriftliche Verantwortung über Artikel ihm vom bischöfflichen Fiscal daselbst entgegengesezt und im Rechten übergeben. 1523. Man hat sie (die lutherischen Bücher) auch öffentlich lassen feil haben, auch ob und an dem Ort, da obenan das päpstlich und kaiserlich Mandat gestanden ist. Es seind auch wenig der Gelehrtesten, die dieser Lehr nit anhangen, zum Minsten heimlich, sie seien dann verblendt durch Hoffahrt, Gyt und Ehrgeiz Es sind auch durch das ganze deutsche Land wenig namhaftiger Stett, darin nit viel der Besten diese Lehre lesen hören und ihr gönnen, indem man sie läßt öffentlich verkaufen.“ Item, so durch das ganz teutsch Land gar noch kein Statt ist, kein Fleck, keine Versammlung, kein Kloster, keine hohe Schul, kein Capitel, kein Geschlecht, auch

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