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einen Laien, der sein Evangelium am Sonntag besser auswendig weiß, als sein Pfarrer inwendig lesen kann. Deßgleis chen, wo jeßund ein Priester zu den Laien kommt und er gefragt wird durch einen einfältigen Laien, es sei im alten oder neuen Testament, dadurch er ihn sollt' unters weisen, darum er seine Nahrung hat, so sizt er wie eine Gans und ist der Hirt närrischer als seine Schäflein, und werden also zu Spott." Da die Priester schlecht feien, sagt der Verf. am Schlusse, so seie es nöthig, daß die Laien selber den Weg lernen, der zur Wahrheit fühs re, nämlich durchs Evangelium.

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Dahin also hatten die Reactionen geführt. Anstatt daß man die neuen Ideen unterdrückt hatte, waren sie vielmehr immer tiefer in die Herzen des Volkes einges drungen, und hatten sich hier der ganzen Masse der uns teren Classen bemächtigt. Dieser Umstand aber war um so gefährlicher, als nun auch die lezte Waffe, welche das alte System gebraucht hatte, nämlich die weltlichen Obrigkeiten, nuglos geworden war, indem diese gegen die Masse des Volks nichts mehr auszurichten vermochten. In der That war die Furcht vor Aufruhr und Empörung so allgemein'), daß die Regierungen sich kaum ges trauten, ernstliche Schritte gegen die gewaltige Bewegung zu thun, auch wenn sie im Herzen derselben nicht

1) Luther an den Churf. von Sachsen. 12. März 1522. De W. II. 148. an Linck. 19. März. Daf. 157. Capito an Zwingli. 4. Aug. 1521. Epp. Zwinglii. I. 178. Metuunt etiam suae tyrannidi quidam ex proceribus, postquam videriut, undique conspirare et quiritari multitudinem.

geneigt gewesen wären 1). Die leßten Reactionen hatten aber so erbittert und die Erinnerung an alles Unrecht, das man von den Pfaffen erlitten, wieder so aufgefrischt, daß die Aufregung des Volks mit jedem Tage heftiger und gefährlicher ward. Der Haß gegen die Geistlichkeit steigerte sich bis zu immer bedenklicheren Graden. „Wenn man einen Pfaffen nennt, sagt Eberlin von Günzburg 2), so versteht man darunter einen heillosen, gottlosen Mens schen, voll, faul, geizig, häderisch, zänkisch, ehebrecherisch. Ein Pfaffe tarf schier seine Platte nicht mehr sehen lass fen, denn der gemeine Mann ist ganz erhißigt wider die Pfaffen, und bricht aus der Zorn Gottes über sie. Und Alle, so den Pfaffen Leids thun, lassen sich beduncken, Gott daran zu dienen." Es feie ein Wunder, wenn das Volk die Pfaffen nicht steinige: ehe 15 Jahre vergehen, werden die Pfaffen noch die Hunde anseichen.

Es war nun schon so weit gekommen, daß die Männer der Reaction gar keine Verleger mehr zu ihren Schriften fanden, erstens weil sie nicht gelesen wurden, und zweitens, weil die Buchhändler meistens selbst zur neuen Richtung gehörten3). Hier, schreibt Erasmus

1) Selbst die Herzoge von Baiern rathen Anfangs noch zur Milde gegen Luther und seine Anhänger, weil die zu große Strenge zu Empörung und Aufruhr führe. Winter Gesch. der evang. Lehre in Baiern. I. S. 62. 63 und 76. Vergl. Heyd Herzog Ulrich von Würtemberg. H. S. 183. 184.

2) In,, fieben frumm aber trostloser Pfaffen Klag." Der fünfte und sechste Pfaffe.

3) Cochleus an Pirkheimer. 30. Dec. 1530. Bet Heumann docu

menta literar. 67. Dann an Lorenz von Truchseß von Mainz.

von Basel aus an den König Heinrich VIII. von Eng, land 1), ist kein einziger Buchhändler, der es wagte, nur ein Wörtchen gegen Luther drucken zu lassen: aber gegen den Papst darf man schrebien, was man will. Das find gegenwärtig die Zustände Deutschlands.“

Aber jezt, da wir den Sieg der neuen Richtung geschildert, wird es nöthig sein, in das Wesen dersel ben näher einzugehen, zu zeigen, was der Inhalt derselben war, und die einzelnen Ideen genauer darzulegen.

6. Oft. 1532. Bei Riederer Nachrichten. I. 339. und 27. Dec. 1532. Das. S. 345., wo er sagt: Ego hactenus ex malitia et infidelitate impressorum, cursorum et bibliopolaram, qui forte omnes Lutherani sunt, in venditione libellorum meorum praesertim teutonicorum multum perdidi. Erasmus an de la Rosche. Oftern 1524. Epp. Londini. p. 1680. Libris nihil agitur apud illos. Nam adversum Lutherum scriptos nec audet quisquam excudere, nec alibi excusos legit quisquam.

1) Vom J. 1523.

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Drittes Kapitel.

Wesen und Inhalt der reformatorischen Richtung.

Allgemeine Bemerkungen.

Aus der bisherigen Darstellung wird schon hervorgegangen sein, daß als das Prinzip der reformatorischen Richtung, wenigstens als das negative, die Freiheit ans gesehen werden muß. Und zwar war es eine dreifache Freiheit die man wollte: die nationale, die sociale und die individuelle.

Was die nationale Freiheit betrifft, so wünschte man die Unabhängigkeit des deutschen Volkes und Reiches ges. gen Außen hin, und da diese vorzugsweise durch den Papst unterdrückt worden war, so wünschte man seine Gewalt zu beschränken, in Bezug auf Deutschland zu annulliren. Die sociale Freiheit erstrebte eine bedeutende Veränderung in den bürgerlichen Verhältnissen, die Bes feitigung der vielfachen Mißstände und des großen Drucks, unter dem namentlich die niederen Claffen schmachteten,

und da auch hieran die Geistlichkeit die meiste Schuld trug, indem sie durch ihren Despotismus, durch ihr Raubsys stem und durch ihre Schlechtigkeit Alles in Noth, und Unglück gestürzt hatte, ́so wünschte man eine radicale Veränderung in der Stellung der Geistlichkeit zu den Laien, welche dieser alle materielle Macht nehmen sollte und ihre Befugnisse nur auf das Lehramt beschränkte, und zwar auch dieses nur unter der Aufsicht der weltliz chen Macht oder des Volks. Was endlich die indivi duelle Freiheit betrifft, so war dieß die Erlösung von dem Gewissenszwange, welchen der Klerus bisher ausgeübt, indem er Alles verkeßerte und grausam bestrafte, was nicht mit seinen willkührlich erfundenen Dogmen übereinstimmte: man wollte Gewissens- und Glaubensfreiheit.

Aber neben diesem negativen Prinzipe der neuen Richtung existirte auch ein positives: dieß war das Dringen auf eine Erneuerung des ganzen inneren Menschen, auf die Erzeugung einer frommen Gesinnung, welche sich in der Liebe zu Gott und zum Nächsten bethätigte: denn die Liebe erklärte man als das eigentliche Wesen des Chris stenthums. Eben durch die Liebe allein, glaubte man, könnten die vielen Uebelstände beseitigt werden, an wels chen die damalige Zeit litt, wie sie denn auch nur aus Mangel an Liebe entstanden seien. Aber eine wahrhaft fromme liebevolle Gesinnung, welche man sich nicht anders als thätig, zum Wohle der Menschheit wirkend dens fen konnte, mache allen Land unnüß, alle Ceremonien und alle spißfindigen Dogmen, welche die bisherige Kirche als das eigentliche Wesen des Christenthums hinges stellt, und man habe sich daher um diese Dinge,

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