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an die Spiße der kirchlichen Angelegenheiten gestellte Männer *); hier gibt es keinen Pabst, der von Christus als Statthalter einges feht wäre und von seinem Stuhle aus in göttlichen Eingebungen spräche; hier sind nur und allein Gemeinden und Gemeindeglieder, die einander völlig gleich stehen; hier kann in Glaubenssachen nicht befohlen werden, sondern es gilt die freie Überzeugung und Übereinkunft! Darin beruht der Vorzug unseres Protestantismus: in einem zeitgemäßen Fortschreiten an religiöser Erkenntniß und Bildung, und diesen Vore zug lassen wir uns nicht rauben, nein, wahrlich nicht! — Es ist uns dieses Treiben bisher keineswegs gleichgültig gewesen; es mußte vielmehr unsere Aufmerksamkeit und Mißbilligung in immer höhes ren Grade erregen, je länger es bereits andauert, und je tiefer und weiter es von Jahr zu Jahr selbst in ferner stehende Verhältnisse einzugreifen sucht. Man scheint es darauf abgesehen zu haben, zuleht alle Kanzeln mit Männern zu beseßen, deren Ansichten in das sechzehnte Jahrhundert gehören, und uns zu zwingen, unsere Kinder Finsterlingen in die Hände zu liefern. Aber davor werden wir uns zu bewahren wissen. Wir fußen auf einem sicheren Recht und können als Männer und gute Bürger, die an den Lasten des Staates willig das Ihrige tragen, auch wohl erwarten, daß eine weise und wohlmeinende Regierung unsere gerechten Klagen höre und unseren religiösen Bedürfnissen zu genügen suche. ,,Da bei den Evangelischen,“ sagt Klüber in seinem öffentlichen Recht des Deutschen Bundes und der Bundesstaaten **),,voll

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*) Luther sagt (,,Warum chr. Gemeinde Macht habe, über alle Lehre zu urtheilen?"); Item der dritte Spruch ist S. Pauli 1. Theff. 5, 21: „Prüfet Alles und das Beste behaltet. Siche hier will er keine Lehre noch Sag gehalten haben, es werde denn von der Gemeinde, die es hört, geprüft und für gut erkannt." Ferner in seiner Schrift von weltlicher Obrigkeit: „Es liegt einem Jeglichen seine eigene Gefahr daran, wie er glaubt, und muß für sich selbst sehen, daß er recht glaube. Denn so wenig als ein Anderer für mich in die Hölle oder Himmel fahren kann, so wenig kann er auch für mich glauben und nicht glauben, und so wenig er kann Himmel oder Hölle für mich auf oder zuschließen, so wenig kann er mich zum Glauben oder Unglauben treiben." **) 2. Abth. 3. Aufl. S. 717.

kommene Gewissensfreiheit und nächst der Vernunft nur die Bibel als Grundlage des religiösen Denkglaubens gilt, mithin selbsteigene Prüfung aller Glaubensfäße zulässig ist: so find unveränderliche symbolische Bücher, bei ihnen nicht denkbar. Dagegen ist der Geist der freien Untersuchung in Religionssachen, frei von Fesseln orakelartiger Glaubensformeln, die Grundlage des evangelischen Systems, des sogenannten Protestantismus.“ Daran halten wir, auf dieses unser Recht fußen wir. Unser Gewissen ist errettet und frei wor den," sagt Luther in seiner Auslegung des ersten Briefes Petri, ,,von Menschengesehen und allem Zwang, den sie mit uns geübt haben. Über dieser Freiheit müssen wir nun ernst halten und uns je nicht davon reißen lassen!"

Schlußwort.

Nachdem ich nun die vier oben gestellten Fragen, wenn auch nur in gedrängter Kürze und nach ihren wichtigsten Momenten, doch, wie ich mir das Zeugniß geben zu dürfen glaube, un parteiisch und im reinen Interesse der Wahrheit und des Forts schreitens unseres Geschlechtes abgehandelt habe; so mag es mir noch erlaubt seyn, schlüßlich ein Wort über die Resultate beizus fügen, welche daraus für unsere Zeit hervorgehen.

Es drängt sich uns bei diesem Rückblick auf die Vorzeit vor Allem das Bekenntniß auf: Wir schämen uns dieser Unduldsamkeit unserer Vorfahren; wir entsehen uns vor einer solchen Verdammungs- und Verfolgungswuth; wir empfinden es tief, daß Bekenntnißschrif ten aus einer solchen Zeit, die dem ersten Gebote des Christenthums, dem Gebote der Liebe, so empörend entgegen treten, dringend und unabweisbar einer Abs änderung und Verbesserung bedürfen.

Und nun also noch ein Wort besonders über diesen lehten Punct, die nothwendige Abänderung und Verbesserung der symbolischen Schriften.

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Wer den Gang der Weltgeschichte, wer die Kräfte und Verhältnisse des einzelnen Menschen in ernstliche Betrachtung gezogen hat, der wird mir wohl schwerlich in Abrede stellen, daß der Zweck des menschlichen Daseyns auf Erden: in einer freien, felbständigen Entwicklung sowohl des Einzelnen als des gesammten Geschlechtes zu höherer Vollkommenheit bestehe. Ich wenigstens kann, den Aussprüchen des Christenthums und den Anforderungen meiner Vernunft gemäß, keinen Zweck finden, welcher der Würde Gottes und des Menschen mehr entspräche, und mit welchem sich die unendlichen. Schwierigkeiten, die dem Menschen in so vielfacher Hinsicht gesetzt sind, leichter vereinigen ließen. Aus dem Christenthum, der Vernunft und der Einrichtung der Welt geht hervor, daß es die Bestimmung des Menschen sen, sich vermöge der von Gott in ihn gelegten Kräfte nach allen Seiten hin möglichst zu vervollkommnen, die Widerstände zu besiegen und seine Kräfte daran zu üben, wie Christus sagt, vollkommen zu

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werden, wie Gott (Matth. 5, 48). Erfüllt der Mensch redlich diese Verpflichtung auf Erden, so macht er sich dadurch fähig für einen vollkommeneren Zustand in einem jenseitigen Leben, wird feelig.

Aber dieser Grundsaß des Christenthums wurde schon bald nach dem Tode des Stifters unserer Religion, der leider selbst kein schriftliches Denkmal seiner Lehre hinterlassen hat, völlig umgestaltet. Unsere jezigen Evangelien, die erst mehrere Jahrzehnte nach dem Tode Christus verabfaßt, deren Exemplare hier und dort durch unbekannte Abschreiber vervielfältigt wurden, gewähren uns durch aus keine sichere Bürgschaft, daß nicht fremdartige Zusäße hineingebracht worden seyen. Erst im Anfang des zweiten christlichen. Jahrhunderts hat man über die Achtheit der neutestamentlichen Schriften die noch möglichen Nachforschungen angestellt und sich für die Annahme unserer vier Evangelien vereinigt, indeß man ans dere, wie ein Evangelium des Petrus, des Paulus, des Thomas, der Hebräer, der Ägypter c. als gänzlich verfälscht und erdichtet zurückweisen mußte. Daß bei einem solchen Verfahren der ersten Christen, die keinen Anstand nahmen, ganze Bücher zu erdichten und den Aposteln zuzuschreiben, auch unsere jeßigen Evangelien viele fremde Zusäße erhalten haben können, ja höchst wahrscheinlich erhalten haben, liegt am Tage; und es muß nun freilich daraus die Frage entstehen: was man in diesen Büchern für Aussprüche und Vorschriften Jesus, und was man für Zusäße der frühesten Christen zu halten habe? - Offenbar sind die Grundlehren Christus folgende:

1. Es ist ein vollkommener, geistiger Gott, unter dessen Obhut das gesammte Weltall und jedes einzelne Geschöpf steht, ein liebevoller Vater, der nur das Wohlbefinden seiner Ge schöpfe will.

2. Gottes Wille ist, daß die Menschen

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a. ihre Kräfte, besonders ihren Geist, möglichst ausbilden, vollkommen zu werden suchen, wie der himmlische Vater.

b. Daß sie Gott lieben über Alles und ihren Nächsten wie sich selbst.

3. Erfüllt der Mensch diese Pflichten auf Erden gewissenhaft, so macht er sich dadurch fähig für einen vollkommneren Zustand nach dem Tode; vernachläßigt er sie, so trägt er selbst die Schuld, wenn er jenseits des Grabes, aus Mangel einer

gehörigen Vorbereitung, in ein höheres Leben nicht einges hen kann.

Und diese Gründlehren sollten nun auch die alleinige Grundlage der Kirchenlehre bilden; auf sie sollte man vernunftgemäß fortgebaut und Alles, was nicht damit zusammenhängt, zumal was vers nunftwidrig ist, zurückgewiesen haben; dann würde das christliche Bekenntniß für alle Völker und Zeiten passen, dann würden die Christen sich nicht in so viele Parteien zerspalten und sich so heftig verfolgt haben, sondern vielmehr der Worte Christus eingedenk geblieben seyn: daran wird man erkennen, daß ihr meine wahren Jünger seyd, wenn ihr Liebe untereinander habt.". Allein, wie bereits oben bemerkt wurde, schon in der frühesten Zeit hat insbesondere der von der Pharisäersecte übergetretene Apostel Paulus dazu beigetragen, daß diese Grundlage der christlichen. Religion verrückt und statt der Lehre nun die Personen zum Hauptgegenstand gemacht wurden. Zunächst sprach man dem Menschen, nach einer unrichtigen Erklärung der ersten Mosaischen Capitel *), alle Fähigkeit zum Guten ab und vernichtete dadurch schon

*) Es wird in dieser Stelle (1. Mos. 2, 15-17 und 1. Mos. 3) ge= rade das Gegentheil von Dem gesagt, was man bisher darin gefunden hat. Möge der Leser die Bibel zur Hand nehmen und die Verse unbefangen überdenken; so wird er zugestehen müssen, daß darin nicht von einem Verderben der ursprünglichen Mens schennätur, sondern vielmehr von einem Erhöhen der ursprünglichen Kräfte die Rede ist. Die Sage stammt wahrscheinscheinlich aus Indien; denn auch nach dem Indischen Mythus befand sich in dem Paradies auf dem Berge Meru ein Baum des Lebens und ein Baum des Todes. Von da hat sie sich wohl über den größten Theil von Asien verbreitet. Bei den Persèrn · ist sie mit der Jüdischen ganz nahe verwandt (vrgl. Kleuker's Zend. Avesta 3. Th. S. 84. 85); von diesem Volke kam sie wahrscheinlich zu den Juden, die sie nun auch, wie andere Völker, in ihre heiligen Bücher aufnahmen. Die Absicht der Erzählung ist, zu erklären, wie es doch komme, daß die Menschen so vielen Beschwerden unterworfen seyen. Es wird diese Frage dahin gelöst, daß die Menschen sich wider den Willen der Gottheit höhere Vorzüge angeeignet hätten, und Gott sie deßhalb mit strafenden

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