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genöffen. Welche Verfolgungen, welche Schmach und Verachtung haben nicht schon die Juden seit zwei Jahrtausenden ertragen, allein in der Überzeugung, daß nur ihre verfolgte Religion im Stande sey, feelig zu machen, und daß ihnen in Abraham's Schoos alle ausgestandenen Leiden reichlich würden belohnt werden! Keine Religion hat eine solche Zahl von Märtyrern aufzuweisen, wie die Jüdische. Wie wenig konnten seit achtzehnhundert Jahren die stürmischen Belehrungen der unduldsamen Christen auf dieses unterdrückte Volk einwirken, das zuverläßig nicht für den Preis anderer unvernünftiger Dogmen seine eigene Unvernunft aufgeben wird! Und wie der Jude und Christ, so würde sich auch der Muhamedaner in seiner Todesstunde für den unglücklichsten Menschen halten, müßte er als ein Jude oder Christ, und könnte er nicht als Muhamedaner sterben!

Gleich den übrigen Religionen hat auch das Christens thum, (und gewiß, vermöge seiner inneren Vortrefflichkeit, mit dem größten Rechte), von sich erklärt, daß es seine aufrichtigen. Bekenner zur ewigen Seeligkeit führe. Wenn nun aber gleich nicht Christus selbst, so hat doch die christliche Kirchenlehre aller Confessionen den harten Sah ausgesprochen, daß alle Nichtchristen ewig verdammt seyen. Hart ist dieser Satz, und schon weil er hart ist, stimmt er nicht zu der Religion der Liebe, welche Christus der Menschheit gegeben hat. Wer bedenkt, daß im Chinefischen Reiche allein mehr Heiden leben, als es auf der ganzen Welt Christen gibt, dem wird der Gedanke dieser Verdammniß durch die Seele zucken, so strenggläubig er auch seyn mag! Nach einer neueren Berechnung der Brittischen Bibelgesellschaft gibt es gegenwärtig beiläufig 200 Millionen Christen, 160 Millionen Muhamedaner, 24 Millionen Juden, 656 Millionen Heiden. Von den tausend Millionen Menschen der Erde hätten also fort während nur zweihundert Millionen auf die Seeligkeit Anspruch, die übrigen achthundert Millionen, ja vor dem Auftreten Jesus alle Menschen, welche Jahrtausende zurück die Erde bewohnten, wären, ohne ihr Verschulden, weil sie nie von Christus und seiner Religion Etwas gehört hatten, ewig verdammt? Welcher Erzbischof wagt es im neunzehnten Jahrhundert, hier ein Ja auszusprechen?

Als in der christlichen Kirche selbst Parteien entstanden, spra chen diese wiederum über sich gegenseitig das Verdammungsurtheil aus, weil jede die allein wahre seyn wollte, indeß doch keine es in Wirklichkeit war; denn, spricht Christus: „daran wird man er kennen, daß ihr meine wahren Jünger seyd, wenn ihr Liebe untereinander habt!" Ja er gebietet sogar: Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, thut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, welche euch beleidigen und verfolgen!"

Man muß jedoch zugestehen, daß die protestantische Kirche in ihrem Verdammungsurtheil bei weitem minder schroff ist, als die katholische. Sie unterscheidet nämlich zwischen einer sichtbaren und unsichtbaren Kirche und erklärt, daß alle wahrhaft gläubigen Frommen, die sich in allen Confessionen finden können, zu dieser unsichtbaren Kirche gehören, deren Mitglieder allein auf die Seligkeit hoffen dürfen. Freilich aber beschränkt wenigstens die lutherische und reformirte Kirche diese Ausdehnung wieder dahin, daß sie nur den Augustinischen Lehrsäßen „von der Erbsünde,“

von der gänzlichen Unfähigkeit der menschlichen Natur zum Guten" und von der Nothwendigkeit, allein in dem Glauben an das versöhnende Blut Christus sein Heil zu suchen," die Kraft zutraut, in Wahrheit die Seeligkeit zu gewähren. Da nun aber die katholische Kirche diese Augustinischen Dogmen nicht so streng annimmt, sondern, wie billig, dem Menschen noch einige Kräfte zum Guten läßt, so wird es der orthodoxe Protestant bezweifeln, daß der katholische Glaube die Seeligkeit verschaffen könne 5).

Die katholische Kirche hingegen unterscheidet nicht zwischen einer sichtbaren und unsichtbaren Kirche, sondern stellt sich dar, als eine von Gott durch Christus gestiftete, unter dem Pabst als sichtbarem Oberhaupt vereinigte Gesellschaft, welche Gute und Böse in sich zählt ). Wer sich nicht zu dieser Kirche bekennt, ist verdammt, weil keine andere die Seeligkeit gewähren kann.

Dieser lehte Punkt ist es, den ich hier zu beweisen habe, obgleich er kaum von vielen Seiten her in Zweifel gezogen werden wird. Denn bei dem unaufhörlichen Widerstreben der katholischen Geistlichkeit gegen gemischte Ehen und Erziehung der Kinder in ges mischter Confession wurde ja fortwährend als Ursache vorgeschüßt, daß nach katholischen Grundsätzen eben nur die katholische Religion

die Seeligkeit gewähren könne, und man daher verpflichtet sey, möglichst viele Seelen für sie zu retten, wenigstens nicht zugeben dürfe, daß die von Katholiken abstammenden Kinder in einer Confession erzogen würden, welche sie nicht seelig machen kann. Noch der jeßige Pabst erklärt in seinem Rundschreiben an die katholischen Bischöfe des Königreichs Bayern vom 27. Mai 1832 und vom 15. August 1832,, daß der Mensch nur in der katholischen Kirche seelig werde und Jene, welche von ihr getrennt sind und in der Trennung sterben, nicht zum Leben gelangen können.“ Er for= dert daher die Geistlichen auf, „die Gläubigen zu ermahnen, ernstlich zu überlegen, was für einer schweren Beleidigung gegen das höchste Wesen sie sich schuldig machen und wie grausam fie gegen sich und ihre künftigen Kinder handeln würden, wenn sie durch muthwilliges Eingehen gemischter Ehen sich und ihre Kinder der Gefahr der Verführung überliefern."

Wenn es nicht nur der Religion des Jesus von Nazareth, die immer wohl zu unterscheiden seyn möchte von dem durch die Finsterniß der Zeit und die Herrschsucht Einzelner gebildeten Kirchenglauben, wenn es nicht bloß dieser Religion, sondern dem innersten Gewissen eines Jeden widerstrebt, so viele Millionen Heiden einer ewigen Verdammniß anheim zu geben: wie sollte es in unserem Jahrhundert nicht noch viel entseßlicher lauten, wenn Jemand eine christliche Religionspartei im Ernst für verdammt halten wollte?

Aber die Säße, welche diese Verdammung aussprechen, stes hen da; sie sind nicht ein Mal, sondern tausend Mal seit meh reren Jahrhunderten wiederholt und nach Kräften geltend gemacht worden; sie sind aufgestellt worden als ́allgemeine und für ewige Zeiten gültige Richtschnur. 'Als solche stehen sie da bis auf den heutigen Tag, ohne die schon längst von der Bildung der Zeit geforderte öffentliche Verwerfung erlitten zu haben. Obschon kein unbefangener und denkender Christ mehr an fie glaubt, so werden sie sich gleichwohl als kirchliche Bestimmungen noch Jahrhunderte erhalten, wenn man sie unberücksichtigt stehen läßt und ihnen nicht ernstlich zu Leibe geht; und es könnte auch im Jahre 1937 einem Finsterling noch einfallen, seine herrschsüchtigen Pläne auf solche Schandflecken ihrer Zeit, wie auf ein gutes Recht, stüßen zu wollen.

Ich führe sie also den denkenden Deutschen hier von Neuem vor die Seele, nicht etwa um Erbitterung und Intoleranz zu erregen, sondern zur Mahnung für beide Theile, vor Rom wohl auf der Hut zu seyn! für beide Theile, sage ich, für Protestanten und Katholiken, die ja die Aufklärung unseres Jahrhunderts ohnehin, den verfluchenden Formeln zum Troß, in ein brüderliches Verhältniß gebracht und auf dem Standpunkt der Wahrheit und Rechtschaffenheit vereinigt hat. Es waren nicht bloß geborene Kezer, die man verfolgte, sondern auch geborene Katholiken zu Tausenden, fast durchgängig aufgeklärte Män ner, welche fich dem Römischen Geisteszwang nicht zu fügen ver mochten. Für solche ist heutiges Tages von Seiten Rom's weit mehr zu fürchten, als für uns Protestanten, die wir seit mehreren Jahrhunderten dieses Joch abgeschüttelt haben und bei einem ernstlichen Angriff in vereinigter Macht eine drohende Stellung einneh= men könnten.

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Ich mache also, um die mir widersprochene Behauptung zu beweisen, daß die katholische Kirche die Keher für verdammt erkläre, mit der Vorlage päbstlicher Verdammungsbullen den Anfang.

Es ist eine bekannte Sache, daß die Päbste zu allen Zeiten Verdammungsurtheile ausgesprochen haben; der Fluch war die einzige Waffe der Stellvertreter Christi auf dem fremdartigen weltlichen Boden, den sie nach und nach in Besih genommen hatten. Furchtbar war diese Waffe, so lange ihr der Aberglaube die gesammte Christenheit bloß stellte; unter dem Schilde der Intelligenz verwundet sie nicht mehr, als ein Strohhalm. Ich will nicht alle Päbste anklagen; die Protestanten, Gleiches mit Gleichem vergeltend, bemühten sich in früherer Zeit auch keinem aus der großen Zahl eine lobenswerthe Eigenschaft zu lassen, und des Lärmens und Schimpfens war kein Ende. Aber das muß ich bekennen, ich bin fest überzeugt, selbst wenn ein Pabst aufrichtig im Sinne der Zeit wirken wollte, er dürfte und könnte nicht; er muß dieses tausend jährige System einer starren Consequenz fortführen, seine eigenen Cardinäle würden ihn dazu zwingen.

Schon in frühester Zeit haben sich die Päbste in gräßlichen Fluchformeln erschöpft. Leo III. (805) excommunicirt in einer Bestätigungsbulle eines Klosters S. Anastasius alle Diejenigen, welche den Gütern desselben Etwas entziehen würden.

,,Solche

Freoler," sagt er, sollen mit dem Annas, Caiphas, Herodes, Pilatus und Judas Ischariot durch die ganze Ewigkeit verdammt und verflucht bleiben und nach ihrem Tode aus allen Kirchen herausgerissen werden *). Fürchterlich, so daß man fast Anstand nimmt, es nachzusprechen, ist ein Fluch, den Benedict VIII. (1018) zu Gunsten des Klosters von Clugny ergehen läßt. „Alle Diejenigen," sagt er,,,welche dem Kloster zu Clugny Güter ents zogen haben, solche Kinder Belials sollen als faule Glieder vom Leibe Christi abgeschnitten, von allen Kirchen verstoßen und von der Gemeinschaft der Gläubigen abgesondert seyn. Sie sollen excommunicirt und verflucht seyn im Gehen und Stehen, im Wachen und Schlafen, beim Eingehen und Ausgehen, beim Essen nnd Trinken; ja sogar ihre Speise und ihr Getränk, die Früchte ihrer Leiber und ihrer Erde sollen verflucht seyn. Sie sollen die Plage des Herodes empfinden, bis ihnen die Gedärme zerbersten. Sie sollen mit Dathan und Abiron von der Erde verschlungen werden, damit sie beim Teufel und seinen Engeln wohnen und immer und ewig gepeinigt werden ")."

Es war natürlich, daß die Päbste ihren Fluch auch gegen die gefährlichsten Feinde des Römischen Stuhls, gegen die Keßer schleuderten.

Zunächst haben sie dieselben indirect verdammt, indem sie erklärten, daß nur der Bekenner des Römisch-katholischen Glaubens seelig werden könne, eine Behauptung, die schon im Jahre 1215 von dem vierten Concilium im Lateran, das für allgemein gültig gehalten wird, als katholischer Glaubensfaß aufgestellt wurde.

Bonifaz VIII. (1294) spricht denselben Glaubenssaß aus in der berüchtigten Bulle Unam sanctam, worin er dem Pabst auch zugleich die weltliche Gewalt über die Erde zuschreibt. Dort heißt es:

,,Eine heilige katholische und apostolische Kirche nöthigt uns der Glaube schlechterdings anzunehmen und festzuhalten; und wir glauben sie auch fest und bekennen sie geradezu; eine Kirche, außer welcher kein Heil und keine Vergebung der Sünden ist 8),“ Am

* Römisches Bullarium von Eisenschmid (Neustadt a. d. O. bei Wagner), aus welchem der größte Theil der angeführten Bul len entnommen ist.

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