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für

katholisches Kirchenrecht,

mit besonderer Rücksicht auf Oesterreich.

Im Verein mit mehreren Gelehrten

herausgegeben von

Ernst Freiherrn v. Moy de Sons,

Dr. Jur., ordentl. öffentl. Professor des Kirchenrechts und der deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte in Innsbruck.

II. Band.

Innsbruck 1857.

Druck und Verlag der Vereinsbuchdruckerei des J. Aufschlager.

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Von der Ehe und der Stellung der kathol. Kirche in Deutschland rücksichtlich dieses Punktes ihrer Disciplin.

(Schluss.)

III. Abschnitt.

III. Kapitel.

Seit den letzten fünfzehn Jahren ungefähr ist nämlich Vieles anders und Manches besser geworden. Oesterreich hat in Folge seines Concordats vom 15. August 1855 sich namentlich in Bezug auf die Ehesachen der Katholiken der kirchlichen Gesetzgebung vollständig angeschlossen. In Preussen und Baiern ist seit dem Jahre 1841 der Verkehr der Bischöfe mit dem Papste vollkommen freigegeben. Selbst die zur oberrheinischen Kirchenprovinz gehörigen Staaten haben sich im Jahre 1853 diesem Beispiel unter gewissen, an sich nicht sehr bedeutenden Modificationen angeschlossen, und auch diese dürften in dem von Würtemberg nunmehr mit dem heiligen Stuhle abgeschlossenen, aber noch nicht veröffentlichten Concordate aufgegeben sein.

Das Erforderniss des landesherrlichen Placet zur Promulgation und Vollziehung päpstlicher und bischöflicher Verordnungen ist in Preussen durch die Verfassungsurkunde vom Jahre 1850 (Art. 6) gänzlich beseitigt, in Baiern durch die im Voraus ertheilte Genehmigung zu allen Jubiläumsund Ablassverkündigungen so wie zu den Fastenpatenten beschränkt, in den Staaten der oberrheinischen Kirchenprovinz nur in Bezug auf nicht rein geistliche Gegenstände aufrecht gehalten. Die Berufung von den Entscheidungen der Bischöfe und ihrer Behörden an die weltliche Gewalt (appellatio tanquam ab abusu) ist in Preussen wenigstens in Disciplinarsachen der Geistlichen durch das Strafgesetzbuch vom 14. April 1851 ausgeschlossen, in Baiern durch Ministerialrescript vom 8. April 1852 auf bestimmt bezeichnete, an sich unverfängliche Fälle beschränkt. Die Aufnahme in den Klerus ist frei in Preussen und in Baiern, und die Bildung desselben ist den Bischöfen in Preussen ganz, in Baiern doch grösstentheils überlassen. In der Verleihung der geistlichen Pfründen und Aemter sind die Bischöfe in Preussen nicht mehr durch das Erforderniss der landesherrlichen Genehmigung beschränkt. Die Wahl- und anderen Versammlungen des Klerus sind in der oberrheinischen Kirchenprovinz nur noch bezüglich der dem Placet unterworfenen Gegenstände von einer landesherrlichen Erlaubniss abhängig. Zu aussergewöhnlichen Andachten und Kirchenfeierlichkeiten ist in Preussen keine Re

gierungsbewilligung mehr erforderlich, und katholische Missionen dürfen dort nur in vorherrschend protestantischen Landestheilen nicht gehalten werden. Die Verwaltung des kirchlichen Vermögens ist eben dort wenigstens in den Bisthümern Culm und Ermeland der bischöflichen Aufsicht unterstellt.

Das sind die Lichtpunkte des durch die Neuzeit herbeigeführten Umschwungs der Dinge in dem Verhältnisse zwischen Kirche und Staat. Auf die Erörterung der Schattenseiten einzugehen, liegt ausserhalb unserer Aufgabe. Nur in Beziehung auf die Ehe haben wir dieses Verhältniss hier näher zu betrachten.

Dabei ist die erste und wichtigste Frage ohne Zweifel die in wiefern die kirchliche Gerichtsbarkeit in Ehesachen der Katholiken nach dem Concilium von Trient (Sess. XXIV de sacram. matrimonii c. 12. de Ref. c. 20) in den verschiedenen deutschen Staaten anerkannt ist, in wieferne also der kirchlichen Entscheidung in derlei Sachen daselbst eine civilrechtliche Wirkung zugestanden wird oder nicht. In Bezug auf diese Frage muss vorerst unterschieden werden zwischen den deutschen Ländern, wo französisches Recht gilt, und denjenigen, wo dieses nicht der Fall ist. Zu ersteren gehören die preussischen und baierischen Gebiete auf dem linken Rheinufer, die dem preussischen Appellationsgerichte in Köln unterstehenden ehemals Berg'schen Landestheile sammt den Grafschaften Gimborn-Neustadt, Homburg an der Mark und die Standesherrschaft Wildenburg-Schönstein und gewissermassen Baden. Hier gehören Ehesachen ohne Unterschied der Confessionen lediglich vor die Civilgerichte erster Instanz, bei welchen sie auch nur nach bürgerlichen Gesetzen behandelt und entschieden werden (Code civil. liv. I. Tit. V.). Die Einholung und Beachtung bischöflicher Entscheidung ist lediglich Gewissenssache der Parteien, in bürgerlicher und politischer Hinsicht wird darauf gar keine Rücksicht genommen. So ist es aber auch jetzt in Preussen überhaupt nach der Verordnung vom 2. Januar 1849, nur dass in den älteren Provinzen als Entscheidungsnorm anstatt des französischen Code das allg. preuss. Landrecht gilt. Doch muss nach dem Anhang §. 287 zum Tit. 40 Thl. I. der Allg. Gerichtsordnung,,in allen Fällen, wo sich katholische Eheleute mit ihren Ehescheidungsklagen bei den Gerichten melden, denselben gleich bei Einleitung des Processes bekannt gemacht werden: dass zwar ihre Klagen bloss nach den Vorschriften der allgemeinen Landesgesetze geprüft werden würden, und wenn sie hiernach gegründet befunden werden sollten, alsdann die Trennung der Ehe mit allen bürgerlichen Wirkungen erfolgen werde, auch es lediglich ihrem Gewissen überlassen bleibe, in wiefern sie davon zur Vollziehung einer zweiten Ehe Gebrauch machen wollen; dass aber, wenn bei erfolgter Wiederverheirathung die katholischen Geistlichen aus den Grundsätzen ihrer Religion Veranlassung nehmen sollten, ihnen die Sacramente zu versagen, solche zu deren Verabreichung nicht angehalten werden könnten, so wie denselben auch nicht zugemuthet werden könne, eine von ihnen einzugehende zweite Ehe durch die Trauung su vollziehen."

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Auch muss, wo es sich um Scheidung handelt, dem Verfahren ein Sühneversuch bei dem oder den Geistlichen der Confession der Gatten vorausgehen, so swar, dass, falls derselbe fruchtlos geblieben, von dem oder den betreffenden Geistlichen nach Ablauf von vier Monaten seit der ersten Anmeldung bei ihm oder bei ihnen ein Zeugniss ausgestellt werden muss und ohne selbes die Klage nicht angenommen werden darf (Schulte, Handbuch des kath. Eherechts. S. 602). Darum sind auch alle Gerichte der Preussischen Monarchie, selbst in der Rheinprovinz, verpflichtet, den Requisitionen der katholischen geistlichen Gerichte wie überhaupt, so namentlich in Ehesachen zu entsprechen (Schulte a. a. O. S. 600).

In Würtemberg wurden bisher die Ehesachen in erster Instanz von den Oberamtsgerichten mit Beiziehung des betreffenden Decans entschieden. In sweiter Instanz entschieden die höheren Gerichte. Der Bischof war auf das rein kirchliche Gebiet beschränkt, für welches jedoch dessen Erkenntniss anerkannt wurde (Rescr. vom 13. Juli 1803. Kabinetsverordg. v. 4. April 1825. Schulte a. a. O. S. 607). Von nun an dürfte sich, nach dem Concordate, die Sache anders gestalten. In Weimar sind bei gemischten Ehen lediglich die Landesregierungen competent. Bei Ehen zwischen Katholiken entscheidet über Nichtigkeitsklagen, wenn sie durch ein in den Landesgesetzen als solches nicht anerkanntes Ehehinderniss begründet werden, die bischöfliche Behörde; eben so über Klagen auf lebenslängliche Scheidung von Tisch und Bett. In allen anderen Ehesachen und auch in Bezug auf Eheversprechungen sind nur die Landesregierungen competent. Von den rechtskräftigen Erkenntnissen der welt'ichen Gerichte wird die bischöfliche Behörde durch die bestehende Immediatcommission in Kenntniss gesetzt. Dagegen für ein Erkenntniss des bischöflichen Gerichtes bedarf es der Bestätigung des Landesherrn, ohne welche dasselbe keine rechtliche Wirkung hat. Die Vollziehung gehört den weltlichen Gerichten, welche auch über die bürgerlichen Wirkungen der ausgesprochenen Trennung oder Nichtigkeitserklärung zu entscheiden haben (Gesetz v. 7. Oktob. 1823 SS. 45, 48, 49. Schulte a. a. O. S. 608). Im Königreich Sachsen entscheiden bei gemischten Ehen gleichfalls in allen Fällen die weltlichen Gerichte, hier unter Zuziehung von zwei katholischen und zwei protestantischen Geistlichen, nach den allgemeinen Landesgesetzen, jedoch mit Rücksicht auf die für den katholischen Theil nothwendig stattfindende Ausnahme, dass die Scheidung für ihn nicht die Auflösung des Bandes bewirkt, sondern nur die Wirkung einer beständigen Trennung von Tisch und Bett hat. Wenn beide Ehetheile katholisch sind, so gehören die Klagsachen, wo es sich um Auflösung der Ehe oder Nichtigkeitserklärung oder um Trennung von Tisch und Bett handelt, dann die Cognition und Läuterung bezüglich der Ehehindernisse und endlich die Sponsaliensachen, so weit es sich um Aufrechthaltung oder Auflösung derselben handelt, in erster Instanz vor das katholisch - geistliche Consistorium in Dresden oder das Domstifts consistorium zu Budissin, und in zweiter und letzter Instans vor das Vicariatsgericht. Die genannten beiden Gerichte

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