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führung, der Gesandtschaften, Verträge und Zufluchtstätten; jedoch beruhete die Beobachtung dieser Gebräuche nicht sowohl auf der Anerkennung einer Rechtsverbindlichkeit gegen andere Völker, als vielmehr auf religiösen Vorstellungen und der dadurch bestimmten Sitte. Man hielt Gesandte und Flehende für unverlegbar, weil sie unter dem Schuße der Religion standen und mit heiligen Symbolen er= schienen; man stellte eben so die Verträge durch Eide und feierliche Opfer unter jene Schußmacht. An und für sich aber hielt man sich keinem Fremden zu Recht verpflichtet; ewiger Krieg den Barbaren" war das Schiboleth selbst der gebildetesten Nation des Alterthumes, der Griechen'; sogar ihre Philosophen erkannten einen rechtlichen Zusammenhang mit anderen Völkern nur auf Grund von Verträgen an2. Ein engeres Band und ein dauerndes Rechtsverhältniß bestand wohl unter stammverwandten Völkerschaften, jedoch hauptsächlich nur durch den Einfluß des gemeinsamen Götter-Cultus und der damit zusammenhängenden politischen Bundesanstalten3.

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Kein wesentlich verschiedener Standpunkt zeigt sich in dem Römerreiche. Nur seine Politik war großartiger, in weltbeherrschender Tendenz, freilich aber auch vernichtend, wenn es galt. Und selbst sein humanes Fremdenrecht, ein Hauptbestandtheil seines ius gentium, kam allein den zu einem Verkehr zugelassenen Völkerschaften und Gästen zu gute.

Will man dieses nun das Völkerrecht der alten Welt nennen, so läßt sich nicht widersprechen; gewiß stand es auf einer sehr ge

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1), Cum alienigenis, cum barbaris aeternum omnibus Graecis bellum est." Liv. 31, 29.

2) Am deutlichsten Epicur bei Diog. L. Apopht. XXXI, 34-36. Aber auch Plato, Aristoteles.

3) Ein s. g. xowòs vóμos Ellývwv. Thuc. III, 58. Vergleiche SaintCroix gouvernem. fédératifs, p. 51. Hier griff besonders der Amphictyonenbund ein.

4) Man denke an das: adversus hostem aeterna auctoritas esto der Zwölf-Tafeln und an den noch im Justinianischen Recht beibehaltenen Grundsaß, daß alle Völker, mit denen keinerlei Bündniß bestehe, hostes seien. 1. 5. §. 2. 1. 24. D. de captiv. 1. 118. D. de V. S. S. übr. E. Osenbrüggen, de iure Belli et Pac. Romanor. Lips. 1835. H. E. Young, de iure postliminii. Berol. 1854. §. 4.

ringen Stufe; es war ein Theil des Religionsrechtes aller oder doch bestimmter Nationen'.

Noch roher erscheint die Völkersitte im Mittelalter, nicht allein in den Berührungen der Gläubigen mit den Ungläubigen, sondern auch selbst unter christlichen Staaten. Am rohesten in den nördlicheren Seeländern2.

Dem Christenthum war es indeß vorbehalten, die Völker auf einen anderen Weg hinzuleiten. Seine Menschenliebe, fein Gebot: thue auch deinen Feinden Gutes, konnte nicht mit einer ewigen Feindschaft der Nationen zusammen bestehen. Zur gegenseitigen Annäherung der Europäischen christlichen Staaten und zur Anerkennung wechselseitiger allgemeiner Rechte trugen vorzüglich folgende Umstände bei:

I. die Vereinigung der abendländischen Kirche unter einem geistlichen Oberhaupte. Rom hat das Verdienst, auf Abstellung vieler Barbareien im Völkerverkehr durch geistliche Macht hingewirkt zu haben";

II. das Ritterthum und die Kreuzzüge;

III. die durchgängige Verbreitung des Römischen Rechtes mit dem Charakter eines für alle Christen giltigen Rechtes*.

Hierin lag der Anfang eines allgemeinen Europäischen Völkerrechtes. Seine positiven Grundlagen waren die Grundsähe des Christenthumes und des Römischen Rechtes, so weit es die Kirche nicht mißbilligte; die für unantastbar, weil natürlich und göttlich, gehaltenen Regeln des Privatrechtes wurden nun auch auf die Völkerverhältnisse

1) Dies ist im Wesentlichen das Resultat der über diesen Gegenstand gewechselten Schriften: W. Wachsmuth, Ius gentium quale obtin. apud Graecos. Berol. 1822. A. W. Heffter, Prol. acad. de antiquo iure gent. Bonn 1823. 2) Eine sehr verdienstliche Darstellung davon giebt K. Th. Pütter, Beitr. zur Völkerrechts - Gesch. u. Wissenschaft. Leipz. 1843. S. 48 ff.

3) Vergl. vorläufig Walter Kirchenr. §. 340. Pütter a. a. D.

4) Die Juristen des Mittelalters, selbst noch Andreas Alciat zu 1. 118 u. 225. D. de V. S. lehrten: da durch Antonin Caracalla's Verordnung alle Insassen des Nömerreiches Römische Bürger geworden, so folge, daß alle Christen nunmehr das Römische Volk darstellten; alle Ungläubige seien nicht — Römer. Nur unter jenen beständen gemeinsame Rechte und Pflichten; gegen Türken und Sarazenen sei nur Krieg und was der Krieg nach Römischem Recht mit sich führe, giltig. S. auch Leibnitz, Praef. ad Cod. iur. gent.

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übertragen, und selbst die Glaubensspaltung des sechszehnten Jahrhunderts konnte das neugeschlungene Band nicht wieder auflösen, da auch die reformatorischen Lehren daran festhielten. Die festere innere Abschließung der Einzelstaaten gegen auswärtigen Einfluß gab dem Völkerrecht sogar eine neue Basis und Entwickelung auf derselben, nämlich in dem Souveränitätsbegriffe1 und der damit in Verbindung stehenden Gleichheit aller Staaten.

Bei weitem mehr wurde die neue Pflanze gefährdet durch die allmälige Verbreitung jener Staatskunst, welche nur den eigenen Vortheil kennend jedes fremde Recht und Interesse hintansezet, ohne in der Wahl der Mittel bedenklich zu sein; einer Politik, die in Italien geboren und in Spanien mit besonderem Erfolg geübt, fast bei allen Cabinetten einwanderte und, wenn auch nicht zu gleich positiven Bestrebungen, doch zu ähnlichen Gegenbestrebungen aufforderte; einer Politik endlich, die, indem sie sich der hergebrachten Formen mit täuschendem Scheine bediente, jeden Grundsatz des Rechtes materiell verleugnete. Eine Reaction hiergegen ward die Idee des f. g. politischen Gleichgewichtes, aufgefaßt als das Princip, daß jede Macht, sei es für sich allein, sei es durch Coalitionen, jede andere Macht an der Erlangung einer Uebergewalt zu hindern habe, hergeleitet aus dem Recht der Selbsterhaltung, freilich aber auch nicht selten gemißbraucht.. Die praktische Durchführung dieses Gedankens wurde nun die Hauptaufgabe der Europäischen Politik2; in diesem Mittelpunkt concentrirt sich seit dem sechszehnten Jahrhundert bei=

1) Richtig bemerkt von Oppenheim, System des Völkerr. S. 20. Klüber datirt diese Umwandlung wohl mit Recht schon seit der Baseler Kirchenversammlung und der seitdem unabhängigeren Stellung der Staaten gegen den Papst (§. 12. du dr. d. g.).

2) Unter anderen bezieht sich darauf der Gedanke Heinrichs IV. von Frankreich, wegen Bildung einer großen europäischen Staatenrepublik, dessen weitere Entwickelung allerdings erst der Abbé Saint-Pierre zur Zeit des Utrechter Friedens in einer Schrift: Projet de traité pour rendre la paix perpétuelle. Utr. 1713. übernahm. Das Nähere davon s. in Toze allgem. christl. Republik. Götting. 1752. Buchholz, N. Monatsschr. 1824. I, 28 ff. Ortolan, in Welowski Revue de Legislation 1850. T. III, p. 345 sqq. Wheaton, hist. I, 317. Pläne solcher Art sind selten ohne Selbstsucht gemacht worden. Auch in neuester Zeit haben sie nicht ganz gefehlt. So z. B. G. Fr. Leckie, historical research into the nature of the balance of power in Europe. Lond. 1817. Marchand, Projet de Paix perpétuelle. Par. 1842. Das Europ. Gleichgewicht der Zukunft. Berl. 1859.

nahe die Anregung und Entwirrung aller Staatshändel. Das Recht der Nationen und Staaten trat dabei freilich in den Hintergrund; es war fast nur der wissenschaftlichen Pflege überlassen, die sich aber, wie früher in der Reformationszeit, so von Neuem unter den Stürmen des dreißigjährigen Krieges und des ganzen siebenzehnten Jahrhunderts zu einer Macht erhob, welcher sich sogar die Gewaltigen nicht ganz entziehen konnten. Der Aufgangsstern war Hugo Grotius, angehörig einer kleinen neuentstandenen aber thatenreichen Republik, wo das System der Toleranz und des Moderantismus herrschte, die zugleich auch der Heerd der Europäischen Diplomatie wurde. Groot rief mit allgemein verständlicher Sprache die Grundsäße des Christenthums, die Lehren der Geschichte, die Aussprüche der Weisen über Recht und Unrecht ins Gedächtniß zurück; sein Werk wurde undermerkt ein Europäischer von allen Confessionen gebilligter VölkerCoder'.

Dennoch gelang es nicht das Recht ganz auf den Thron zu heben, welchen die Politik eingenommen hatte; sie benußte das wissenschaftliche Recht mehr zur Färbung ihrer Ansprüche als sie sich demselben unterordnete; nur eine gewisse Mäßigung der Staatskunst in ihren Erfolgen, ein sich Zufriedengeben mit billiger Ausgleichung wird statt des strengen Rechtes im vorigen Jahrhundert sichtbar (§ 8.). Völkerrecht und Gleichgewicht erlag indeß seit dem Ausgang dieses Jahrhunderts dem Waldstrome der Revolution und dem von ihr gegründeten Kaiserthume, bis es der allgemeinen Coalition gegen Frankreich gelang, jenen Strom in feine früheren Ufer zurückzudrängen. Durch die Verträge von 1814 und 1815 wurden wenigstens die germanischen Staaten Europa's in ihrer naturgemäßen Sonderung wiederhergestellt, und damit war für's Erste auch ein politisches Gleichgewicht unter den Landmächten wieder möglich gemacht. Sofort mußten nun auch die Grundsäße des Völkerrechtes zur Geltung kommen, wenn die neue Schöpfung und das hergestellte Gleichgewicht von Bestand sein sollten3. Beinahe sämmtliche christliche Monarchen

1) Treffende Bemerkungen hierüber s. in Fr. Schlegel's Vorlesungen über die neuere Geschichte. Wien 1811. S. 421 f.

2) Die vielen dadurch herbeigeführten Verletzungen des Völkerrechts sind gezeigt in v. Kampy Beitr. zur Staats- u. Völkerr. I, n. 4.

3) In diesem Sinne erklärte auch der Fürst von Benevento in seiner Note

Europa's gaben sich in einer s. g. heiligen Alliance persönlich das Wort, sich und ihre Staaten als Glieder einer großen christlichen Familie betrachten zu wollen' und erkannten dadurch das wirkliche Bestehen einer christlichen Staatengesellschaft an; ausdrücklich erklärten endlich die Bevollmächtigten der fünf Europäischen Großmächte am Aachener Congreß 1818 den festen Entschluß ihrer Regierungen, sich, zur Erhaltung eines dauernden Friedenszustandes, weder unter einander, noch auch gegen dritte Staaten von der strengsten Beobachtung des Völkerrechtes entfernen zu wollen).

Seit dieser Zeit und auf Grund der damals getroffenen Verabredungen bildeten jene Großmächte gewissermaßen ein Staatentribunal, wo die wichtigsten politischen Angelegenheiten, nicht nur dieser Staaten selbst, sondern auch dritter Staaten, berathen und festgestellt wurden. Die hierdurch unterstüßte Reaction gegen die noch fortglimmende Revolution rief lettere im Jahre 1830 um so entschiedener hervor, und natürlicher Weise konnte weder das revolutionäre Princip, noch auch selbst der basirte nationale Constitutionalismus mit einer derartigen regulatorischen Gewalt der Großmächte sich durchaus einverstanden erklären. Das monarchische und populäre Princip bewachten sich seitdem gegenseitig auch in der Europäischen Politik. Keines derselben verleugnet das Völkerrecht, freilich aber ist die Auffassung des letteren nicht dieselbe.

Eine neue Phase brachte der orientalische Krieg von 1853/4 und der Pariser Friedensschluß vom 30. März 1856, durch dessen Art. 7 die hohe Pforte in die Gemeinschaft des Europäischen öffentlichen Rechtes und Staatenkreises aufgenommen ward 3.

Als leztes Ergebniß für unsere Zeit sprechen wir aus: Europa huldigt mit den aus ihm hervorgegangenen transatlantischen Staaten einem gemeinsamen Recht. Dieses aber ist in vielen Stücken noch

vom 19. Decbr. 1814 „das politische Gleichgewicht für gleichbedeutend mit den Grundsätzen zur Erhaltung der Rechte eines Jeden und der Ruhe Aller.“

1) Anl. I. Ueber die Bedeutung des Actes vgl. auch Pernice, de sancta Confoederatione oratio. Hal. 1855. Eine merkwürdige Erklärung gegen Verträge solcher Art findet sich bei Pufendorf, J. Nat. et Gent. II, 2. c. 11. S. indeffen dafür auch Oke Manning, Comment. of the Law of nations. p. 85. 2) S. Anl. II.

3) S. Anl. III und den folgenden §.

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