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Beschwerden für die Neutralen insbesondere in Kriegen der bedeu= tenderen Seemächte und seit dem Aufkommen des neueren Capersystemes verbunden waren, indem der Vorwand oder geringste Verdacht der feindlichen Qualität eines Schiffes, ja selbst nur eines Theiles der Ladung zu der Wegführung des neutralen Eigenthumes außerhalb seines bestimmten Weges, mithin zu steten Störungen des neutralen Handels einen Deckmantel abgeben konnte: so suchte man in Verträgen Schutz, wodurch die Contrahenten im Falle der Neutralität des einen bei Kriegen des anderen auf eine Durchsuchung und Wegführung der Schiffe des Neutralen, ausgenommen wegen Contrebande, verzichteten, mithin selbst feindliche Güter durch die Flagge decken ließen, wogegen man sich oft das Zugeständniß der Wegnahme neutraler Güter auf den feindlichen Schiffen machte1. Das Zugeständniß des Einen schloß jedoch das Andere nicht von selbst ein2.

Vorzüglich Frankreich hat sich die vertragsweise Stipulation des combinirten Grundsages: frei Schiff, frei Gut; unfrei Schiff, unfrei Gut, als Aufgabe seiner Politik gestellt3, und sie nur zuweilen kleineren Staaten ungroßmüthig geschmälert, indem es den Grundsatz des Confolates: „frei Schiff, unfrei Gut“ festhielt*. Außerdem sind die vereinigten Niederlande vielfach auf das vertragsmäßige Zugeständniß des neueren Neutralitätssystemes bedacht gewesen; seltener hat Großbritannien einzelnen Nationen die Freiheit der neutralen Flagge zugestanden3, oder, wie seine Publicisten es wohl sonst ausgedrückt haben,

1) Vgl. Wheaton, Histoire p. 69 (162). 144 (254). Moshamm, über die neuesten Ansichten, nach welchen die auf neutralen Schiffen geladenen Güter behandelt werden. Landsh. 1808. Ferd. Conte Lucchesi-Palli: Principi di diritto publ. maritimo. Nap. 1841. und M. Furneaux, Abridged history on the principal treatises of peace with reference to the question of the neutral flag protecting the property of the Enemy. Lond. 1837.

2) Jouffroy 197. Wheaton, Intern. L. IV, 3, 20 (22).

3) Der Anfang wurde mit der Pforte gemacht, welche im Jahre 1604 in s. g. Capitulationen der Krone Frankreich verschiedene Bewilligungen, darunter auch die obige, machte. Flassan, Dipl. franç. I, 225 f. Die ferneren Verträge mit anderen Mächten finden sich allegirt bei Büsch, Bestreben der Völker 2c. Hamburg 1800. S. 56 ff. Eins der neuesten Beispiele ist der Vertrag mit Texas vom 25. Septbr. 1839 Art. 4. N. Rec. t. XVI, p. 989.

4) So in den Verträgen mit den Hansestädten, namentlich mit Hamburg, während des vorigen Jahrhunderts. Nau's Völkerseer. § 177.

5) Namentlich geschahe es im Utrechter Frieden von 1713 und implicite wohl von Neuem im Aachener von 1748.

sie damit privilegirt! Ganz besonders suchte man sich mit den Barbaresken auf diesen Fuß von Seiten aller Seemächte zu stellen'. Außerdem wurde wenigstens der Grundfah: frei Schiff, frei Gut, von der bewaffneten Neutralität angenommen, und zwar nicht blos gegen die ihr beitretenden Nationen, sondern überhaupt zu Gunsten aller Nationen, gewiß derjenigen, welche kein entgegenstehendes Princip aufstellen würden. Freilich aber ist sie hiervon wieder in den Conventionen mit Großbritannien von 1801 abgegangen, auch wurde bald nachher in der Zeit des Continental-Sperrsystems jede mildere Praxis aufgehoben. Erst nach hergestelltem Weltfrieden kehrte man in einzelnen Verträgen zu derselben zurück. In den neuesten Kriegen gaben Dänemark, Frankreich, Großbritannien und Rußland Beweise großer Mäßigung. Endlich führte die Pariser Pacification 1856 zu der gemeinsamen vereinbarten Erklärung der Pacifcenten:

daß die neutrale Flagge auch feindliches Eigenthum deckt und daß neutrale Handelswaare am Bord feindlicher Schiffe außer Beschlag zu lassen ist,

beides jedoch mit Ausnahme von Contrebande.

Der formelle Beitritt aller anderen Seestaaten mit Ausnahme Nordamerikas hat diese Erklärung zu einem fast allgemeinen Völkerregulativ gemacht und selbst Nordamerika hat sich damit materiell einverstanden erklärt, dasselbe auch kurz vorher in einem Vertrage mit Rußland vom 22. Juli 1854 als Norm anerkannt. Allerdings aber fehlt es bei dieser Lage der Sache und nach der Beschaffenheit der Pariser Declaration an sich noch immer an einer Bürgschaft der künftigen Handhabung segar unter den Theilnehmern an der Decla= ration selbst in künftigen Kriegsfällen*. Keinenfalls aber wird man sich noch auf die ältere Praxis, wie sie der Consolato del Mar angegeben hat, als auf die eigentliche gemeinrechtliche Regel berufen können. Sie war ohnehin kein von den Nationen mit gemeinsamem Willen

1) Vgl. Büsch a. D. S. 242 f. Nau's Völkerseer. § 130.

2) de Martens, N. Causes célèbres t. II, p. 267. Wheaton, Histoire p. 316 (II, 86).

3) Wie schon früher in Verträgen mit den Central- und Südamerikanischen Staaten seit 1824, desgleichen in den Verträgen mit Preußen von 1799 und 1828, worüber zu vgl. Wheaton, Histoire p. 461. 462. (II, 55).

4) Sehr bedenklich sind die Aeußerungen von Phillimore III, Preface p. X.

angenommenes Gesetz, auch hat sie die Autorität einzelner, wenngleich noch so geachteter Publicisten nicht dazu erheben können. Haben die Seemächte in ihrer früheren Vereinzelung die Grundsäße des Consolates in Anwendung gebracht, so geschahe dieses nach politischer Wahl, wovon man wieder abzugehen nicht verhindert ist.

Das wahre Recht der Neutralen wird sich uns allererst bei der Frage von dem s. 8. Untersuchungsrecht der Kriegführenden (§ 167) ergeben. Man kann zugestehen, daß es jedem Kriegführenden erlaubt sei, feindliches Gut wegzunehmen, wo er es findet, aber man hat ihm darum noch nicht einzuräumen, es mit Verletzung der Rechte von Dritten zu suchen. Hierin liegt die Entscheidung!

Zweifelhafte und erlaubte Fälle eines neutralen Handelsverkehres.

165. Zu den noch zweifelhaften Fällen eines erlaubten neutralen Handels- und Schifffahrtsverkehres gehört:

a. Die directe Zufuhr von Bedürfnissen einer feindlichen Landoder Schiffsmacht nach einem feindlichen Hafen, obschon die Gegenstände nicht zu eigentlicher Contrebande zu rechnen find. England und Nordamerika wenden hier die Grundsätze der Contrebande, selbst mit Confiscation des Schiffes an1. Streng genommen kann nur eine Beschlagnahme oder allenfalls eine Präemtion gutgeheißen werden.

b. Der Handel von Hafen zu Hafen oder längs den Küsten eines feindlichen Staates (Cabotage). Die bewaffnete Neutralität suchte, wie schon angemerkt ward (§ 152), diesen Grundsaß als einen sich von selbst verstehenden in den Coder des Völkerrechtes einzuschreiben; auch widerspricht es an und für sich keinesweges dem Begriffe und den Bedingungen der Neutralität, in einem kriegführenden Staate zu kaufen und das erworbene Eigenthum in demselben Lande wieder abzusetzen. Weil jedoch ein solcher Verkehr nur zu leicht zur Verdeckung eines geheimen Handelsverkehres mit feindlichen Gütern dienen könnte, feindlicher Handel und Verkehr aber durchaus unterdrückt werden soll: so hat sich die Praxis der Seemächte, namentlich die Britische, nicht dazu verstehen wollen, jenes Princip zuzugeben. Man erlaubte daher nur den Handel zu den feindlichen Häfen und Küsten

1) Vgl. Wheaton, Intern. L. II, p. 219 (166 éd. fr.). Oke Manning p. 289. v. Kaltenborn II, 415. Phillimore III, 335. 362.

mit neutralen, anderwärtsher, oder wohl gar nur aus dem Heimathlande des neutralen Schiffes stammenden Gütern, und stellte im Gegenfalle bei Ladungen in feindlichen Häfen nach feindlichen Häfen die Präsumtion iuris et de iure auf, daß die Güter selbst noch feindlich sind, confiscirt jedoch nur die Güter, nicht das Schiff, und erklärt dieses blos der Fracht verlustig. Sogar die ausdrückliche Stipulation, die sich in so vielen Verträgen findet: de naviguer librement de port en port et sur les côtes des nations en guerre, fonnte nicht ganz jeden Zweifel beseitigen, inwiefern darunter auch Güter des Feindes begriffen werden dürfen1. Mit der Pariser Conferenzdeclaration kann jedoch eine Beschränkung der Neutralen in Bezug auf Cabotage, mindestens eine Wegnahme der Güter und Schiffe nicht mehr vereiniget werden.

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c. Die Eröffnung eines neuen Handels, im Besondern der Handel mit feindlichen Colonien, wenn derselbe von dem Mutterlande bisher den Neutralen verschlossen war, in Bezug auf den eingetretenen Kriegszustand jedoch freigegeben worden ist. Hier stellt sich der glückliche Kriegsgegner gleichsam an die Stelle des Feindes und läßt dessen Verbot gegen dessen Willen wider die Neutralen fortbestehen. Vornehmlich hat dieses das Cabinet von St. James durchzusetzen gesucht, wiewohl allmählich eine gewisse Nachgiebigkeit eingetreten ist.

Beide letztere Maßregeln lassen sich jedenfalls nur als Consequenzen der strengeren Regel des Seekrieges rechtfertigen, welche auch das Privateigenthum, vornehmlich aber den Handel der feindlichen Unterthanen, als Gegenstand feines Angriffes festhält, so daß

1) Vgl. überhaupt Jouffroy p. 188 ff. M. Poehls IV, § 521, S. 1137. Hautefeuille II, 293. Verträge, die dergleichen Küstenhandel ausschließen, finden fich bei Oke Manning p. 199 angeführt. S. auch v. Kaltenborn § 226.

2) Es war dieses u. A. die s. g. Rule of the War of 1756, welche dazumal wohl noch einigen Schein für sich hatte, da Frankreich wesentlich nur den Holländern Licenzen und Pässe zu dem Handel mit den Colonien ertheilt hatte. S. über die Maxime und ihre wiederholte Anwendung Jouffroy p. 199. Wheaton, Histoire p. 157. M. Poehls S. 1130 f. Oke Manning p. 195. Pando p. 547-556. Hautefeuille II, 274 ff. v. Kaltenborn § 227. Phillimore III, 298. Die jetzigen Colonialverhältnisse lassen fürs Erste eine Wiederkehr der Anwendung weniger befürchten. Merkwürdig übrigens, daß Hübner, sonst ein so großer Vertheidiger der Neutralen, dennoch ihnen den Handel mit den Colonien eines Kriegführenden nicht erlauben wollte, wenn er vor dem Kriege ihnen untersagt war. Hübner, de la Saisie des bâtiments neutres. I, 1, 4, 6.

also ein Neutraler, der sich hierbei des Feindes annimmt und gleichsam sein Stellvertreter wird, demselben eine Kriegshilfe zu gewähren scheint. Deswegen ist wohl die den Neutralen allerdings unvortheilhafte Praxis durch keinen allgemeinen Widerspruch von Seiten der Seemächte bisher angefochten worden.

166. Zu den erlaubten oder von den Kriegführenden nicht zu verhindernden Handelsgeschäften der Neutralen gehören: Assecurationen feindlicher Unterthanen, Schiffe und Waaren'; desgleichen jeder directe oder indirecte Handel mit Unterthanen der Kriegführenden, dessen Gegenstände keine Contrebandeartikel sind und so lange das Eigenthum der Waaren, welche etwa in die Hände des Feindes gerathen, noch nicht an die andere feindliche Partei übergegangen ist; im Besondern jeder Eigenhandel nach einem kriegführenden Staate, bei welchem eine Uebertragung des Eigenthumes erst eventuell mit einem dort gesuchten Ankäufer vor sich geht; demnach auch ein Commissionshandel dahin, wenngleich der dortige Commissionär schon einen Theil des Werthes avancirt haben sollte. Denn der Committent bleibt noch immer Eigenthümer der Waare2; man würde geradezu den in neuerer Zeit gewöhnlichsten Handelsverkehr aufheben, wollte man diese Art des Verkehres den Neutralen versagen3. Be= denklicher erscheint der active Commissionshandel aus einem feindlichen Lande nach einem neutralen, wo der Absender selbst noch Eigenthümer verbleibt, weil dann nach der bisherigen Praxis der andere kriegführende Staat die Waare selbst noch als feindliches Eigenthum behandeln kann; billiger Weise freilich nur gegen Erstattung der darauf von dem neutralen Commissionär erweislich gemachten Vorschüsse. Bet directem Verkaufe zwischen kriegführenden und neutralen Personen wird es auf die unter den Interessenten entscheidenden Privatrechtsnormen ankommen, inwiefern die Waare bis zur Ablieferung noch Eigenthum des Verkäufers bleibt, und darnach für den anderen Kriegführenden die Eigenschaft einer feindlichen oder neutralen Waare sich bestimmen. Sogar Schiffe muß ein Neutraler 1) Moser, Versuch X, 324.

2) Mittermaier, Deutsches Privatr. § 552.

3) Vgl. die richtigen Bemerkungen von Jouffroy p. 185.

4) Jouffroy will p. 184 freilich auch hier gänzliche Freiheit der neutralen Waare behaupten. Allein es ist zu besorgen, daß die dafür gegebenen Gründe die harte Kriegspraxis nicht beseitigen.

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