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Einleitung.

Aus dem Fundamentalsaze, daß die Leitung der Kirche einem besonderen Priesterthume und innerhalb dessen dem Episcopate anvertraut worden ist, mußte sich allmälig ausbilden und hat sich ausgebildet die ausschließliche practische Befähigung und Berechtigung des Clerus, auch jene Befugnisse der kirchlichen Regierung zu handhaben, für welche es an sich feines character indelebilis, mithin auch principiell nicht unerläßlich nothwendig der Eigenschaft eines Clerikers bedarf. Zufolge dessen gilt der Laie juristisch als unfähig, als inhabil, mit kirchlicher Jurisdiction betraut zu werden.

Weil kein Dogma entgegensteht, ließe sich aber immerhin eine Ausnahme statuiren. Zufolge besonderer Delegationen kamen im Einzelnen solche Ausnahmen in früherer Zeit wohl vor, und auch die Gegenwart bietet dafür Beispiele 2. Aber dann handelte es sich immer darum, daß Laien entweder einzelne Aufträge erhielten, oder als Mandatare, Delegirte, fungirten. Eine Delegation der kirchlichen Jurisdiction hingegen an Laien in der Art, daß der Delegirte dieselbe nunmehr als seine eigene, als jurisdictionem delegatam et propriam, anzusehen befugt wäre, müßte als eine exorbitante Ausnahme erscheinen, weil sie geradezu für diese Person eine Ignorirung, beziehungsweise Außerkraftseßung juristischer Fundamentalsäge enthielte.

Gleichwohl werden zwei hervorragende Fälle namhaft gemacht, in welchen nicht bloß einzelnen, sondern allen in einer bestimmten weltlichen

1 Benedict XIV. z. B. ließ Laien in die kirchliche Jurisdiction cintreten durch Errichtung eines sogen. gemischten (aus Geistlichen und Laien zusammengeseßten) Tribunals in Neapel auf Grund des IX. Kapitels des am 2. Juni 1741 mit Karl III., König von Neapel, abgeschlossenen Concordates. Der Papst erzählt selbst, daß man in Rom darüber hier und da unzufrieden war. Schreiben Benedicts XIV. aus Castelgandolfo vom 28. October 1741 an den Nuntius Merlini in Turin. Vaticanisches Geheim-Archiv, Armar. II. Caps. VIII. Lettere e risposte di Sua Santità a Monsignore Merlini sopra il Concordato.

2 Friedr. Schulte, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechtes, 2. Aufl. S. 332. Note 8.

Sentis, Monarchie in Sicilien.

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Würde sich folgenden Laien, für dauernde Zeiten sogar die päpstliche Jurisdiction delegirt sein soll. Der hl. Stephan, der Begründer des Christenthums in Ungarn, wurde, so erzählt man, vom Papste Sylvester II., der Normannengraf Roger I., der Befreier der Insel Sicilien vom Sarazenenjoche, durch Papst Urban II. mit dem Amte eines päpstlichen Legaten, vererblich auf die Thronnachfolger, betraut. Die Könige von Ungarn leiteten und leiten aus dem Privilege Sylvesters II. immer nur ein bescheidenes Maß kirchlicher Berechtigungen ab, so daß es in Ungarn niemals zu ernstlichen Conflicten wegen dieses Privileges mit der römischen Curie gekommen ist. Ganz anders gestaltete sich die Frage des sogen. apostolischen Legatenrechts der Könige in Sicilien. Auf Grund der vorgeblichen Bulle Urbans II. beanspruchten seit dem Ausgange des Mittelalters die jedesmaligen Herrscher der Insel Titel und Rechte eines päpstlichen legatus natus oder gar eines legatus a latere in exorbitantem Umfange, und übten seit Ferdinand I. dem Katholischen bis auf unsere Tage factisch ein kirchliches Regiment in Sicilien, welches alle kirchlichen Fragen und Verhältnisse unwiderstehlich in seinen Bereich zog, die Bischöfe und den übrigen Clerus auch in rein geistlichen Dingen von den Fürsten durchaus abhängig machte, und den jurisdictionellen Primat Roms nahezu ganz ausschloß. Diese vorgebliche fürstliche Legatengewalt, welcher man bereits seit dem sechszehnten Jahrhunderte in Sicilien den bezeichnenden Namen Monarchia Sicula gab, ist die Quelle unaufhörlicher Streitigkeiten zwischen der Curie und den Königen der Insel geworden. Vergebens versuchten die Päpste wiederholt auf Grundlage der kirchlichen Verfassungsprincipien die jurisdictionellen Verhältnisse Siciliens in Concordaten mit der sicilischen Regierung zu ordnen. Die von ihnen geseßten Grenzen des königlichen Einflusses auf die Handhabung der kirchlichen Jurisdiction wurden nicht eingehalten. Die Usurpationen und Mißbräuche der sogen. Monarchie wuchsen immer mehr. Zweimal mußten die Päpste zur gänzlichen Unterdrückung derselben schreiten. Wie einst Clemens XI. im Jahre 1715, so hat Pius IX. am 10. October 1867 das ganze Institut der sogen. apostolischen Legation oder Monarchie Siciliens vernichtet, alle bezüglichen, wirklichen oder vorgeblichen, Rechte der Fürsten in kirchlichen Dingen annullirt und den zur Ausübung der dem Könige vorgeblich zuständigen kirchlichen Jurisdiction bestellten geistlichen Dele= gaten, den sogen. Richter der Monarchie, durch Breve vom 23. Juli 1868

1 Gazzetta ufficiale di Firenze de' 18. Novembre 1867. Nachdem hervorgehoben ist, daß durch eine Bulle Urbans II. die Fürsten Siciliens zu legati a latere bestellt worden seien, heißt és weiter: I principi. delegarono questa loro facoltà ad un giudice che fu detto della Monarchia, il quale di tutte le cause ecclesiastiche, sì civili che criminali, conosceva, cosicchè il clero secolare e regolare non a Roma era veramente soggetto, ma al Principe!!

namentlich und feierlich aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. So hat die Geschichte der sogen. apostolischen Legation in Sicilien einen gewissen Abschluß erhalten. Indeß ist die Regierung von Florenz keineswegs geneigt, sich der päpstlichen Entscheidung zu fügen. Sie hat ausdrücklich im Parlamente erklärt, daß sie keine Neuerung rücksichtlich der königlichen Prärogative oder Regalien und insbesondere der Rechte und Privilegien der königlichen Monarchie und apostolischen Legation dulden werde. Sie hält das sogen. Tribunal der Monarchie aufrecht, beschüßt den Richter desselben in seinem Widerstande gegen die Befehle des Papstes und seine Censuren, und bedroht Jeden mit strafrechtlicher Verfolgung, der die Abolitionsbulle Pius' IX. auszuführen sich unterstehe 2. Wie sehr wir auch die Regierung des Königreichs Italien selbst von der Unhaltbarkeit des Instituts der Monarchie in unsern Tagen für überzeugt halten müssen, so werden wir die Frage desselben auch fernerhin noch auf der Tagesordnung der internationalen Streitigkeiten finden.

Neben dem offiziellen Streite zwischen der kirchlichen und staatlichen Autorität ist der wissenschaftliche über die rechtliche Grundlage, die Bedeutung und die Rechtmäßigkeit der Legation nebenher gegangen bis in die lezten Tage, und sie ist gewiß noch nicht als abgeschlossen zu betrachten. Die Literatur darüber ist zu einem übergroßen Apparate herangewachsen; indeß hat sich der Standpunkt der streitenden Parteien, wie er beim ersten Auftauchen der Frage beiderseits genommen wurde, wesentlich nicht verändert. Wenn ich mit Baronius, dem ersten und gewichtigsten wissenschaftlichen Bekämpfer der Institution der Monarchie, nach dem heutigen Stande der Geschichtsforschung und Kritik nicht allweg den Standpunkt theilen konnte, so bin ich mit ihm doch zu demselben Hauptresultate gelangt: Jch halte die sogen. Monarchie und apostolische Legation in Sicilien geschichtlich und rechtlich für unhaltbar und für eine monströse Usurpation, welche in der kirchenpolitischen Geschichte aller Länder Europa's ihres Gleichen nicht hat. Nur der russische Cäsaropapismus könnte damit verglichen werden; und man erzählt sich, der Czar Nicolaus I. habe in der berühmten Unterredung mit Gregor XVI. am 13. December 1845 auf den Vorwurf des Despotismus gegen die katholische Kirche in Nußland geantwortet er thue in Rußland nichts anderes, als was König Ferdinand von Neapel in Sicilien thue. Gewiß ist, der Czar war damals in Sicilien, und ließ sich über das System der Monarchie genau unterrichten.

Da in der Frage der sogen. Monarchie alle anderen kirchenpolitischen Fragen nothwendig sich concentrirten, so mußte meine Arbeit zugleich den

1 Civiltà cattolica, Serie VI. vol. VI. p. 154.

2 Gazzetta ufficiale di Firenze de' 12. Novembre 1867.

Charakter einer Geschichte des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat in Sicilien annehmen.

Nach dem Gesagten bedarf es einer weitern Rechtfertigung des Erscheinens dieses Buches nicht mehr. Ich habe nur noch vorauszuschicken, daß ich während eines dreijährigen Aufenthaltes in Italien genaue Kennt niß der einschlägigen Literatur zu gewinnen gesucht habe. Von den Schriften, welche sich unmittelbar mit der Sache befassen, dürfte mir

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Ich hebe unter diesen — gedruckten oder noch nicht gedruckten — Schriften hervor: 1) Solche, welche zu Gunsten der Monarchie geschrieben wurden : Joan. Luca Barberi, Liber regiae Monarchiae, ein Theil seiner großen Sammlung, die er Lu Cabrio nennt, 1513 vollendet (Manuscript), in der regia Cancellaria von Palermo. Ascanii Cardinalis Columnae, eorum quae Caesar Cardinalis Baronius de Monarchia Siciliae scripsit judicium, bei J. G. Graevius, Thesaurus antiquitatum et historiarum Siciliae, vol. III, p. 71, sqq. im Anhange. Abhandlungen aus der Zeit Gregors XIII. und Clemens' VIII. von sicilischen Hoscanonisten und königlichen Beamten, wie Felice Bonadics, Barthol. Chiocarelli, L. Paramo, Anton. Xibecca u. a. finden sich als Manuscripte in Cod. Vallicellian., N. 2, Cod. Casanat. Miscellan. X. VII. 63, Cod. Corsin. 836. f. 1 sqq., f. 61 sqq., f. 133 sqq., und in der Bibliothek del Collegio Massimo in Palermo. Einige gedruckte Relationen von königlichen Beamten im Anhange bei Giambatt. Caruso, discorso istorico-apologetico della Monarchia di Sicilia, verfaßt 1715, edirt von G. M. Mira, Palermo 1863. Die gründliche Arbeit Caruso's wurde als Manuscript benußt zu der 1716 anonym erschienenen Défense de la Monarchie de Sicile contre les entreprises de la cour de Rome, deren Autor Louis Dupin war. Propugnaculo della reale giurisdizione e della regia Monarchia. Palermo 1714. (Spanisch von D. Franc. Amiglier.) Storia ed Apologia dell' apostolica legazia di Sicilia, scritta da D. Pietro Perelli, d'ordine della S. R. Maestà di Carlo di Borbone, rè delle due Sicilie, Manuscript in der Bibliothek del Senato und der Oratorianer in Palermo; um 1736. Franc. Bonanno, Sull', origine dell' apostolica legazia in Sicilia, in dessen Memorie di Troina. Catania 1789. Das Manuscript Perelli's benußte mit wenigem Geschicke Agosto Forno, Storia dell' apostolica legazione annessa alla corona di Sicilia etc., Palermo 1800, vol. II. Stef. di Chiara, Per la Monarchia di Sicilia, in dessen Opuscoli etc. raccolti da Agostino Gallo (Palermo 1855), p. 208-216. Vinc. Crisafulli, Sulla apostolica sicula legazia, Palermo 1850, vol. I. Ant. Caleca, Difesa della legazione apostolica di Sicilia, Palermo 1867. Benedetto Negri, Cenni storici sulla legazia apostolica in Sicilia, Torino 1867. M. Amari, L' apostolica legazia di Sicilia, in der Nuova Antologia di scienze, lettere ed arti, vol. VI, fasc. XI, p. 467. Firenze 1867.

2) Gegen die Monarchie gerichtet sind: Caesar Cardinalis Baronius, de Monarchia Siciliae diatribe in den Annal. eccles. vol. XI, a. 1097 n. XVIII sqq. und bei Graevius, thesaurus etc. vol. III im Anhange. Auf die Gegenschrift des Tardinals Colonna folgte C. Baronii responsio etc. 1. c. p. 50 sqq. Handschriftliche Abhandlungen aus der Zeit des Baronius im Cod. vallicellian. N. 2, Cod. Casanat, Miscellan. X. VII. 63, f. 130-200. Istoria della pretesa Monarchia di Sicilia dal pontificato di Urbano II. sino a quello di Nostro Signore P. Clemente XI., Roma 1715. Der anonyme Verfasser war Nicol. Maria de Tedeschis, Bischof von Lipari. Difesa di M. Tedeschis contra l'autore del propugnaculo, ohne Datum

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