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absolut abhängig sei und die Aufrechthaltung und Vertheidigung der Monarchie zu beschwören habe. In diesen Worten, verbunden mit der Thatsache der Aufrechthaltung des Tribunals trotz des päpstlichen Protestes, ist der schismatische Grundsaß aufgestellt, die jurisdictionellen Primatialrechte, welche der Papst, je nach Bedürfnissen, seinen Legaten zu delegiren pflegt, seien den Fürsten Siciliens in der Art übertragen, daß sie dieselben seit der ersten Verleihung unabhängig vom kirchlichen Oberhaupte inne hätten, daß der Papst sie nicht einschränken und noch weniger widerrufen könnė, daß derselbe nicht einmal selbst zu ihrer Ausübung neben dem fürstlichen Legaten berechtigt bleibe. Somit wäre ein Theil der päpstlichen höchsten Jurisdictionsgewalt vom römischen Stuhle definitiv abgetrennt und in den Königen von Sicilien selbstständig constituirt. Daß diese Theorie einen Widerspruch gegen den Primat selbst enthält, Liegt auf der Hand.

Die Errichtung eines ständigen Tribunals der Monarchie mit sei= nem stetigen, vom Statthalter ganz und gar abhängigen Richter war der Todesstoß für alle rechtmäßige kirchliche Jurisdiction und für die letzte Spur kirchlicher Selbstständigkeit der Bischöfe Siciliens. Denn dadurch bildete sich thatsächlich eine Centralstelle für alle kirchlichen Usurpationen, und im sogen. Judex Monarchiae eine Centralbehörde, welche systematisch alle höchste kirchliche Jurisdiction in einer Hand vereinigte und alle Competenz der Ordinarien eliminirte, die nach unten gegen Bischöfe und Aebte die weltliche Macht, nach oben gegen die römische Curie - das furchtbare Mittel der Versagung des Exequatur für die päpstlichen Erlasse zur Verfügung hatte und diese Mittel gemäß dem eidlichen Gelöbnisse, die Monarchie zu schüßen, anwenden mußte. Gegenüber dieser neuen Macht nüßten nun selbst vicekönigliche Instructionen, wie der Statthalter Colonna sie im Jahre 1583 erließ 1, nichts mehr. Im Streite über die Competenz des Tribunals zwischen dem königlichen Statthalter, Cardinal Doria, und dem Richter de los Cameros mußte der erstere unterliegen und selbst sein Amt einbüßen. An dem Tribunal brach sich der Sturm, welchen der für die kirchliche Freiheit begeisterte, überzeugungstreue Cardinal Baronius durch seine Schrift gegen die Monarchie erregte, und in ihm verhallten 1581 ohne Echo die Klagen der Bischöfe gegen den Richter, daß er alle Streitsachen der Competenz der Ordinarien vor sein Forum ziehe, sowie die Beschwerden, welche die Prälaten des Reiches im Jahre 1629 und 1651 erhoben gegen das ungeseßliche processualische Verfahren des Tribunals und die Nichtbeachtung der tridentinischen Vorschrif

1 Caruso doc. XIX, p. 111 u. 313. Daß die 23 Capitel von 1583 zur Beseitigung der Mißbräuche dienen sollten, aber dieses Resultat nicht hatten, sagt ausdrücklich der Cardinal-Statthalter Doria, Cod. Vatican. 6792, P. II, fol. 355 sqq.

ten 1. Das Bild, welches wir von den Zuständen des Tribunals zu entwerfen haben, wie sie am Anfange des 18. Jahrhunderts vorlagen, entnehmen wir im Wesentlichen einer officiellen Relation, welche höchst wahrscheinlich der Bischof Tedeschis abgefaßt hat 2.

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In Theorie und Praxis ging man von dem Grundsaße aus, daß den Königen von Sicilien oder ihren Delegaten alle die Befugnisse zuerkannt werden müßten, welche nach gemeinem Rechte den Legati nati oder a latere zuständen. Man legte den Legaten alle Rechte bei, welche dem Papste nicht besonders vorbehalten wären. Die Rechtsentwicklung, vermöge welcher bereits im 15. Jahrhunderte die Befugnisse der Legati nati nur noch auf den Titel und einige Ehrenvorzüge zurückgeführt waren 5, erkannte man nicht an, ebenso wenig als die Einschränkungen, welche das Tridentinum für die Gewaltsphäre der Legaten überhaupt aufgestellt hatte. Unter den Attributen der den Legaten zustehenden jurisdictio voluntaria beanspruchten die Könige speciell das Recht der Visitation der Kirchen, Klöster und Benefizien, wie der Statthalter de Vega 1552 eine solche vornahm, und Philipp II. 1588 eine allgemeine Visitation aller Bisthümer, Abteien, Priorate und Benefizien der ganzen Insel anordnete. Mit diesem vorgeblichen Visitationsrechte hing eng zusam= men die unerträgliche Einmischung in die innern und äußern Angelegenheiten der Orden, und namentlich der Frauenklöster. Der Richter der Monarchie suspendirte willkürlich die Wahlen, sezte Klosterobere jeglichen Grades, Provinziale, Aebte, Priore, Aebtissinen u. s. w. nach Willkür ein, suspendirte die ernannten oder verwies sie außer Landes. Er gestattete den Zutritt zu den Klöstern solchen Personen, welchen die Bischöfe ihn ausdrücklich verboten hatten 7. Noch unerträglicher waren die Eingriffe in die innere Klosterdisciplin. Der Richter legte für die Ueber

1 Cod. Vatican. 6792, P. II, fol. 352 steht das königliche Dekret, welches eine Remedur im Verfahren vorschrieb, aber nicht zur Folge hatte. Ueber die Beschwerden der Bischöfe vgl. Caruso p. 120, 127.

2 Sie steht Cod. Corsin. 215, fol. 16-25 mit dem Titel: Modo con cui si regola la Monarchia di Sicilia, ed abusi, che si commettono nel suo preteso tribunale.

3 De regia Monarchia et praeeminentiis ecclesiasticis, Manuscript des Fiscalpatrons der königl. Monarchie vom 27. October 1578, Cod. Corsin. 836, fol. 45. Voto del S. Consiglio di Sicilia 1. c. f. 290 sq.

4 Vgl. die citirte Schrift des Fiscalpatrons a. a. D.

5

Responsio Pii VI., cap. VIII, sect. IV, n. 120.

6 Cod. Corsin. 836, fol. 41, 42. Vgl. Gallo, Lib. I, dipl. 219, 220, 221, 222. Viele andere königliche Visitationen des 16. Jahrhunderts führt an Alessio Narbone S. J., Bibliotheca Sicula systematica, (Palermo 1853) vol. II, p. 290.

Modo con cui etc. 1. c. §: I, n. XI. und Regolamento stabilito per Sua Maestà il rè di Savoia per il tribunale della monarchia bei Caruso 1. c. p. 165 sq. In diesen Artikeln wird das Treiben der Richter scharf characterisirt.

tretung der Regeln Bußen auf, und erließ die von den Obern auferlegten. Es stand den Regularen oder Klosterfrauen jeglichen Grades immer frei, sich über die Anordnungen der Vorgesetzten beim Richter der Monarchie zu beschweren, und dieser traf dann die ihm entsprechend scheinenden Maßregeln. Diese gingen so weit, daß er die Regularen aus einem Kloster in ein anderes verseßte, und waren so kleinlich, daß er bei einem Streite von Klosterfrauen unter einander der Einen die Zelle nahm, um sie einer Andern zu geben. So sehr hatten diese Richter alle Grenzen des Rechtes und alle Rücksichten des Anstandes vergessen, daß sie gegen den Willen der religiösen Genossenschaften auch weltlichen Personen den Aufenthalt in den Klöstern gestatteten und Nonnenklöster zur Aufnahme verheiratheter oder verwittweter Frauenzimmer nöthigten. Es gab im Anfange des 18. Jahrhunderts Frauengenossenschaften, in welchen die Anzahl der intrudirten weltlichen Personen größer als die der Ordenspersonen war 2. Damit war natürlich die Grundlage alles Ordenslebens zerstört. Auch die Sphäre der disciplinären bischöflichen Gewalt war nicht vor den Eingriffen der Monarchie sicher. Es genüge hier anzuführen, daß der Richter solchen Priestern, welchen der Bischof aus guten Gründen die Facultät, Beicht zu hören, entzogen hatte, eigenmächtig dieselbe restituirte und den Bischöfen verbot, sie darin zu behindern 3. Man ging so weit, daß man dem Könige oder seinem Delegaten nicht bloß das Recht der Excommunication, der Absolution auch von päpstlichen Reservatfällen, sondern auch das der Degradation der Welt- und Ordensgeistlichen beilegte, wie denn auch keine Immunität vor der Gewaltthätigkeit der Statthalter schüßte: Bischöfe, päpstliche Nuntien, Inquisitoren und Cardinäle wurden von ihnen eingekerkert und exilirt 5. Es galt als ein Ausfluß der Legatenbefugnisse, wenn der Statthalter von der Beobach= tung des gesetzmäßigen processualischen Verfahrens dispensirte und in Criminaluntersuchungen gegen Geistliche und Mönche ohne vorherige Pro

1 Modo con cui etc. 1. c. §. II. n. XI. Der Cardinal Lambertini (später Papst Benedict XIV.) schrieb Annotazioni alla bolla Fideli Benedicts XIII. vom Jahre 1728 und sagt bei Guis. Lo Bue, Su la facoltà del Giudice dell' apostolica legazione sicola, (Palermo 1863) al §. XXX.: Fra gli altri pretesi abusi, che furono esposti non meno alla santa mem. di Clemente XI. che di Benedetto XIII. contra il tribunale della Monarchia, non fu certamente l'ultimo quello che il delegato metteva le mani negli affari de' regolari, sovvertiva la loro claustrale disciplina, mutava un regolare da un convento ad un altro, dava licenza di parlare colle monache, faceva leggi circa la lora clausura e le loro celle, deputava presidenti ai capitoli, superiori, abbadesse etc.

2 Modo con cui etc. §. II. n. XIV.

3 Modo con cui etc. §. II. n. VI.

+ Rocc. Pirrus, de electione praesulum, Graevius, T. II, p. 59 in margine. 5 Cod. Corsin. 836, f. 32, 55. Gallo lib. II, dipl. 42.

cedur, ohne Gestattung vorheriger Vertheidigung sofort zur Anwendung der Tortur geschritten wurde 1. Angesichts dieses Terrorismus schätzten sich die Sicilianer glücklich, wenn es ihnen gelang, unter die Criminaljustiz der Inquisition gestellt zu werden 2.

Ein wesentlicher Theil des Legatenmandats bestand von jeher in der Ausübung der contentiösen Gerichtsbarkeit in den höheren Instanzen, und auf diesem Gebiete hat die Monarchie unglaubliche Auswüchse und Mißbräuche zu Tage gefördert. Die Competenz des Richters wäre, die Rechtmäßigkeit der Legation vorausgesetzt, nach allgemeinem Legatenrechte gewesen, zu erkennen über die kirchlichen Processe, welche im Wege der Appellation oder anderer Rechtsmittel von den Gerichten der Ordinarien und Metropoliten an das Tribunal gebracht wurden, und in erster Instanz über die Rechtsstreitigkeiten der Eremten, welche einen höheren richterlichen Oberen im Reiche nicht hatten. Bis zu den Concilien von Basel und Trient übten dazu die Legaten durchweg eine mit den Ordinarien concurrirende Jurisdiction auch in der ersten Instanz 3. Das Concil von Trient wies die Cognition aller Processe in erster Instanz den Ordinarien zu, und verordnete unter Einschärfung der Decretale Innocenz' IV. „Romana ecclesia" 4, daß die Streitsachen weder avocirt, noch anderen Richtern delegirt, noch auf dem Wege der Appellation vom höheren Richter angenommen werden sollten, ehe in der unteren Instanz eine Definitivsentenz oder ein Incidenzurtheil, welches die Wirkung einer Definitivsentenz habe, vorliege. Dabei blieben immer dem Papste zur Cognition vorbehalten die causae maiores und solche Processe, welche derselbe aus vernünftigen und dringenden Gründen durch eigenhändig unterzeichnetes Rescript zu avociren für gut findet. Die so festgestellte Competenz der Ordinarien durften auch die Legaten und Nuntien, welche Facultäten sie auch haben mochten, in keiner Weise beeinträchtigen 5, und in den päpstlichen Bevollmächtigungsbreven wurde den Nuntien die Beobachtung dieser Bestimmung jedes Mal eingeschärft. Daß die Errichtung eines Nuntiaturtribunals den Recurs nach Rom niemals ausschloß, und daß in allen kirchlichen Gerichten nur in der Form des canonischen Verfahrens und nach den canonischen Satzungen erkannt werden sollte, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Es fragt sich also, wie sich zu diesen gemeinrechtlichen Bestimmungen das Verfahren in der Monarchie verhielt. Was

1 Cod. Corsin. 836, fol. 32-36.

2 Don Scipio di Castro, discorso, Cod. Vatican. Urbin. 854, fol. 339.

3 Cap. 1. X. de officio legati I, 30. Responsio Pii VI. cap. VIII, sect. V,

n. 143.

4 Cap. 3. de appell. in VIo. II, 15.

5 Concil. Trident. Sess. XXIV, cap. 20, de ref.
6 Responsio Pii VI. cap. VIII, sect. V, n. 143.

zunächst das Verhältniß des Nichters der Monarchie zur päpstlichen Jurisdiction in Sicilien anlangt, so herrschte frühzeitig die falsche Maxime, daß die Prävention über die ausschließliche Competenz entscheiden sollte, so zwar, daß die römische Curie nur dann competent wurde, wenn die Untersuchung des Rechtsstreites von der Partei in der Curie selbst bean= tragt oder vom päpstlichen Delegaten in Sicilien zuerst aufgenommen wurde. Dagegen durften die einmal bei den Ordinarien oder dem Tribunal der Monarchie anhängig gemachten Processe niemals und in keinem Falle vom Papste avocirt oder durch Recurs der Partei nach Rom gebracht werden. Allein, seitdem man die mehrfach erwähnte Sentenz des Abbas Panormitanus aufgefunden haben wollte, konnte auch die Prävention dem Papste die höchste und lehte Jurisdictionsinstanz nicht mehr sichern; der Richter der Monarchie stellte sich nach dem vorgeblichen Vorgange des Abbas über den Papst, indem er die Urtheile der päpstlichen Delegaten in höherer Instanz reformirte oder verwarf und selbst in der Sache entschied 1. Dieses Verfahren erklärten sogar die königlichen Beamten für weder herkömmlich noch gesetzmäßig 2, aber man sette es durch mit der Tendenz, überhaupt alle Extrahirungen der Processe aus dem Reiche zu verhindern. Wenn gleichwohl häufig Appellationen der Sicilianer nach Rom vorkamen 3, so wußte der Richter die jurisdictionellen Acte der römischen Tribunale und der päpstlichen Delegaten unwirksam zu machen durch Versagung der Executorien für Citationen, Monitorien oder Sentenzen. Zur Zeit Clemens' XI. wurde der Recurs nach Rom nicht bloß illusorisch gemacht, sondern selbst als schweres Verbrechen behandelt 4.

Noch schreiender als nach oben war nach unten die Competenz des Tribunals über alle Grenzen der canonischen Satzungen ausgedehnt wor den. Die vortridentinische Praxis, daß die Legaten mit den Ordinarien eine concurrirende Gerichtsbarkeit übten, hatte in Sicilien dahin geführt, daß die Jurisdictionsinstanz der Bischöfe praktisch eliminirt war. In grenzenloser Willkür hatte das Tribunal der Monarchie alle niedere Jurisdiction verschlungen. Von Beobachtung der Mittelinstanz der Metropoliten war keine Rede mehr. Kaum, daß die Klage beim Ordinarius angebracht, und ehe noch die Partei citirt oder vernommen war, ja, schon wenn Jemand sich einbildete, der Bischof wolle gerichtlich gegen ihn einschreiten, wurde unter Vorgeben der Beschwerde der Recurs an das Tri

1 Cod. Corsin. 836, f. 31. und das oben citirte Regolamento des Königs von Savoyen, §. XIII, Caruso p. 166.

2 Voto del s. Consiglio di Sicilia a. 1571., Cod. Corsin. 836, f. 292, wo ausdrücklich gesagt ist, daß dieß Verfahren erst seit 15 oder 20 Jahren bestehe. Vgl. Caruso p. 268.

3 Modo con cui etc. §. I. n. VIII.

4 Modo con cui etc. 1. c.

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