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eine Pflicht Clemens' XI., das Ungeheuer zu zerstören, und da es seitdem, wie die vielköpfige Schlange der Fabel, zu neuem Leben in alter Häßlichkeit wieder aufgewachsen war, eine Pflicht Pius' IX., ihm den Kopf zu zertreten.

Sechstes-Kapitel.

Unterdrückung der Monarchie und ihres Tribunals durch
Clemens XI.

In demselben Monate, in welchem Carl II. von Spanien starb im November 1700 hatte der jugendliche Cardinal Franz Albani als Clemens XI. den päpstlichen Stuhl bestiegen. Wohl selten hat ein Papst unter so dunkeln Aussichten für die Zukunft der Kirche sein Pontificat angetreten. Der bald ausbrechende spanische Erbfolgekrieg, in welchem fast sämmtliche katholische Mächte Europas Partei ergriffen, mußte nothwendig für den Kirchenstaat, schon vermöge seiner Lage zwischen den Gebieten der spanischen Krone, für den päpstlichen Stuhl wegen der OberLehensherrlichkeit des Papstes über die streitigen Gebiete Unteritaliens und für die Stellung der Kirche überhaupt die größten Gefahren im Gefolge haben. Vergebens suchte der Papst diesen durch seine Bemühungen um Erhaltung des Friedens vorzubeugen. Ebenso wenig gelang ihm der Versuch, bei dem Zusammenstoße der großen Mächte die Neutralität zu behaupten und mit ihr der Kirche, Italien und dem päpstlichen Gebiete den Frieden zu erhalten. Während dieses Krieges erhielt das politische Ansehen des römischen Stuhles, und noch mehr die Kirche in ihrer öffentlich-rechtlichen, immunen und jurisdictionellen Stellung innerhalb der katholischen Staaten einen empfindlichen Stoß, von welchem sie sich nicht mehr erholt hat. Die beiden mächtigen Kronprätendenten, der Kaiser Leopold und Philipp, Herzog von Anjou, verlangten für sich vom Papste die Anerkennung des Titels „König von Spanien“; Beide suchten die Jn= vestitur mit Sicilien und Neapel nach und ließen an der Vigilie des Festes der Apostel Petrus und Paulus 1701 durch ihre Gesandten den herkömmlichen Lehenstribut mit der bekannten „Chinea" im Vatican an= bieten. Clemens XI. wies die Anerbietungen beider Fürsten zurück und suspendirte den Empfang des Lehenszinses. In Folge dessen war er der Feindseligkeit von beiden Seiten ausgesetzt. Kaum hatte Philipp V. im Jahre 1702 vom Reiche Neapel Besit ergriffen, als er den Papst durch kirchenfeindliche Geseze nöthigte, die Provision der Bisthümer zu suspen

diren 1. Leopold hatte dem Papste im Jahre 1701 betheuert, er werde den Kirchenstaat beschüßen wie seinen Augapfel 2; indeß im Jahre 1707 und 1708 rückten die kaiserlichen Truppen in das päpstliche Gebiet von Ferrara und Bologna ein, beseßten die feste Stadt Comacchio, überwältigten die angeworbenen päpstlichen Truppen, durchzogen unter Bedrückung der Bevölkerung den Kirchenstaat und eroberten Neapel. Schon im Jahre 1707 war der Erzherzog Carl, Leopolds zweiter Sohn, in San Germano zum Könige von Neapel ausgerufen und von der Bevölkerung als Carl III. begrüßt worden. Auf ihn hatte nämlich der Kaiser Leopold frühzeitig seine Ansprüche auf die Erbfolge in den spanischen Ländern übertragen. Der Kaiser Joseph I. (seit 1705) unterstüßte den Erzherzog, seinen jüngeren Bruder, und als Joseph I. im Jahre 1711 starb, ging auf diesen, als Carl VI., auch die Kaiserkrone über.

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Rasch folgten sich seit 1707 im Auftrage Carls III. verschiedene Decrete des Statthalters Grafen Daun gegen die kirchliche Immunität: die Benefizialeinkünfte aller Ausländer wurden sequestrirt, alle Geldsendungen aus dem Reiche Neapel oder dem Herzogthum Mailand nach Rom und die Execution aller päpstlichen Erlasse verboten 3. In einem Schreiben vom 1. März 1708 forderte Carl III. den Grafen Daun direct auf, allen Censuren zu troßen und mit Energie den Widerstand des Papstes zu brechen. Hierzu bot der Vicekönig Cardinal Grimani bereitwillig die Hand 4. Um diesen Bedrängnissen ein Ziel zu sehen, schloß der Papst am 15. Januar 1709 mit dem kaiserlichen Gesandten, Marquis de Priè, einen Friedensvertrag 5, dessen wesentlichste Bestimmung die bedingte Zusicherung des Papstes enthielt, Carl III. als König von Spanien anerkennen zu wollen; die förmliche Anerkennung erfolgte im geheimen Consistorium vom 14. October 1709, ohne daß dadurch, wie der Papst unter Berufung auf eine Decretale Clemens' V. erklärte, über die Rechte Dritter etwas entschieden sein sollte 7. Noch an dem Tage des Abschlusses wurde der Vertrag dem Herzoge von Uzeda, Gesandten Philipps V., be=

' Memoria del contegno tenuto dalla S. Mem. di Clemente XI. . . . rapporto alla provvista delle chiese; Cod. Vatican. 8332, f. 27. sqq.

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Eigenhändiges Schreiben des Kaisers an Clemens XI. vom 7. März 1701, Cod. Corsin. 857, fol. 1.

3 Memoria risguardante le pretenzioni promosse dall' Imperatore Carlo VI. rapporto al regno di Napoli; Cod. Vatican. 8332, f. 81. Cod. Vatican. 8350, £. 271. 4 Vgl. Cod. Vatican. 8350, f. 271, 313, 317, 325, 329.

5 Die Verhandlungen sind dargestellt durch den Staatssekretär Cardinal Paolucci im Cod. Corsin. 565, f. 678 sqq. Die Schreiben des französ. und span. Gesandten an die Curie im Cod. Casanat. Misc. X. IV. 44, f. 1–12. Cod. Vatic. 8350, f.

357 sqq.

6 Const. „Romanus Pontifex" cap. 2. de sent. excom. in Clem. V, 10.

7 Allocutio in Consistorio secreto etc. Cod. Corsin. 563, f. 64.

eine Pflicht Elemens' XI., das Ungeheuer zu zerstören, und da es seitdem, wie die vielköpfige Schlange der Fabel, zu neuem Leben in alter Häßlichfeit wieder aufgewachsen war, eine Pflicht Pius' IX., ihm den Kopf zu zertreten.

Sechstes- Kapitel.

Unterdrückung der Monarchie und ihres Tribunals durch
Clemens XI.

In demselben Monate, in welchem Carl II. von Spanien starb im November 1700 hatte der jugendliche Cardinal Franz Albani als Clemens XI. den päpstlichen Stuhl bestiegen. Wohl selten hat ein Papst unter so dunkeln Aussichten für die Zukunft der Kirche sein Pontificat angetreten. Der bald ausbrechende spanische Erbfolgekrieg, in welchem fast sämmtliche katholische Mächte Europas Partei ergriffen, mußte nothwendig für den Kirchenstaat, schon vermöge seiner Lage zwischen den Gebieten der spanischen Krone, für den päpstlichen Stuhl wegen der OberLehensherrlichkeit des Papstes über die streitigen Gebiete Unteritaliens und für die Stellung der Kirche überhaupt die größten Gefahren im Gefolge haben. Vergebens suchte der Papst diesen durch seine Bemühungen um Erhaltung des Friedens vorzubeugen. Ebenso wenig gelang ihm der Versuch, bei dem Zusammenstoße der großen Mächte die Neutralität zu behaupten und mit ihr der Kirche, Italien und dem päpstlichen Gebiete den Frieden zu erhalten.. Während dieses Krieges erhielt das politische Ansehen des römischen Stuhles, und noch mehr die Kirche in ihrer öffentlich-rechtlichen, immunen und jurisdictionellen Stellung innerhalb der katholischen Staaten einen empfindlichen Stoß, von welchem sie sich nicht mehr erholt hat. Die beiden mächtigen Kronprätendenten, der Kaiser Leopold und Philipp, Herzog von Anjou, verlangten für sich vom Papste die Anerkennung des Titels „König von Spanien"; Beide suchten die Investitur mit Sicilien und Neapel nach und ließen an der Vigilie des Festes der Apostel Petrus und Paulus 1701 durch ihre Gesandten den herkömmlichen Lehenstribut mit der bekannten „Chinea" im Vatican an= bieten. Clemens XI. wies die Anerbietungen beider Fürsten zurück und suspendirte den Empfang des Lehenszinses. In Folge dessen war er der Feindseligkeit von beiden Seiten ausgesetzt. Kaum hatte Philipp V. im Jahre 1702 vom Reiche Neapel Besit ergriffen, als er den Papst durch kirchenfeindliche Geseze nöthigte, die Provision der Bisthümer zu suspen

diren 1. Leopold hatte dem Papste im Jahre 1701 betheuert, er werde den Kirchenstaat beschüßen wie seinen Augapfel 2; indeß im Jahre 1707 und 1708 rückten die kaiserlichen Truppen in das päpstliche Gebiet von Ferrara und Bologna ein, besetzten die feste Stadt Comacchio, überwältigten die angeworbenen päpstlichen Truppen, durchzogen unter Bedrückung der Bevölkerung den Kirchenstaat und eroberten Neapel. Schon im Jahre 1707 war der Erzherzog Carl, Leopolds zweiter Sohn, in San Germano zum Könige von Neapel ausgerufen und von der Bevölkerung als Carl III. begrüßt worden. Auf ihn hatte nämlich der Kaiser Leopold frühzeitig seine Ansprüche auf die Erbfolge in den spanischen Ländern übertragen. Der Kaiser Joseph I. (seit 1705) unterstüßte den Erzherzog, seinen jüngeren Bruder, und als Joseph I. im Jahre 1711 starb, ging auf diesen, als Carl VI., auch die Kaiserkrone über.

Rasch folgten sich seit 1707 im Auftrage Carls III. verschiedene Decrete des Statthalters Grafen Daun gegen die kirchliche Immunität: die Benefizialeinkünfte aller Ausländer wurden sequestrirt, alle Geldsendungen aus dem Reiche Neapel oder dem Herzogthum Mailand nach Rom und die Execution aller päpstlichen Erlasse verboten 3. In einem Schreiben vom 1. März 1708 forderte Carl III. den Grafen Daun direct auf, allen Censuren zu trozen und mit Energie den Widerstand des Papstes zu brechen. Hierzu bot der Vicekönig Cardinal Grimani bereitwillig die Hand 4. Um diesen Bedrängnissen ein Ziel zu sehen, schloß der Papst am 15. Januar 1709 mit dem kaiserlichen Gesandten, Marquis de Priè, einen Friedensvertrag 5, dessen wesentlichste Bestimmung die bedingte Zusicherung des Papstes enthielt, Carl III. als König von Spanien anerkennen zu wollen; die förmliche Anerkennung erfolgte im geheimen Consistorium vom 14. October 1709, ohne daß dadurch, wie der Papst unter Berufung auf eine Decretale Clemens' V. erklärte, über die Rechte Dritter etwas entschieden sein sollte 7. Noch an dem Tage des Abschlusses wurde der Vertrag dem Herzoge von Uzeda, Gesandten Philipps V., be=

'Memoria del contegno tenuto dalla S. Mem. di Clemente XI. ... rapporto alla provvista delle chiese; Cod. Vatican. 8332, f. 27. sqq.

2 Eigenhändiges Schreiben des Kaisers an Clemens XI. vom 7. März 1701, Cod. Corsin. 857, fol. 1.

3 Memoria risguardante le pretenzioni promosse dall' Imperatore Carlo VI. rapporto al regno di Napoli; Cod. Vatican. 8332, f. 81. Cod. Vatican. 8350, f. 271. Vgl. Cod. Vatican. 8350, f. 271, 313, 317, 325, 329.

5 Die Verhandlungen sind dargestellt durch den Staatssekretär Cardinal Paolucci im Cod. Corsin. 565, f. 678 sqq. Die Schreiben des französ. und span. Gesandten an die Curie im Cod. Casanat. Misc. X. IV. 44, f. 1-12. Cod. Vatic. 8350, f.

357 sqq.

6 Const.,,Romanus Pontifex" cap. 2. de sent. excom. in Clem. V, 10.

7 Allocutio in Consistorio secreto etc. Cod. Corsin. 563, f. 64.

kannt. Sofort erhob er Protest und verließ Rom; am 5. April wurde der päpstliche Nuntius Zondadari, Erzbischof von Damascus i. p., aus Madrid ausgewiesen und über die Grenze gebracht, das Tribunal der Nuntiatur geschlossen, das Archiv in Verwahr genommen, aller persönliche oder schriftliche Verkehr zwischen der römischen Curie und den spanischen Unterthanen Philipps verboten, die sonst vom Papste bezogenen Spolien der Prälaten und die Einkünfte der vacanten Benefizien sequestrirt, und successive eine Anzahl von königlichen Decreten erlassen, welche die kirchliche Jurisdiction und Immunität in ihrer Grundlage angriffen. Der Papst forderte den Episcopat und den Clerus zur Vertheidigung der kirchlichen Rechte auf 1, und erklärte am 11. October 1711 alle jene Decrete für nichtig, die Urheber derselben den kirchlichen Censuren verfallen 2.

Zu dieser Höhe war die Spannung zwischen beiden Höfen gediehen, da verpflanzte sich der Streit aus Spanien nach Italien: die noch unter Philipps Herrschaft stehende Insel Sicilien wurde der Schauplatz eines Kampfes zwischen dem Papste und seinem vorgeblichen Legaten, wie er in der katholischen Welt noch nie da gewesen war. An einem kleinen Funken entzündete sich der Brand, welcher die religiösen, politischen und socialen Zustände der Insel auf's Tiefste aufwühlte. Schon zu lange hatte Altar gegen Altar gestanden, die Stunde der Monarchie und ihres Tribunals hatte geschlagen.

Der Procurator des oftgenannten Bischofs Tedeschis von Lipari hatte auf dem Markte der Stadt einige aus kirchlichen Zehnten herkommenden Comestibilien verkaufen lassen und auf Grund der Immunität jede Abgabe dafür verweigert. Trotzdem wurde der bischöfliche Verkäufer von den Marktbeamten, Catapani genannt, gezwungen eine unbedeutende Abgabe (mostra) zu erlegen. Kurz vorher hatten Regierungsedicte die geist= liche Immunität von Abgaben unter lebhaftem Widerstande des Episcopats eingeschränkt, und so war durch das Vorgehen der Catapani in Lipari die sehr delicate Frage praktisch angeregt. Der Bischof verlangte eine amtliche Genugthuung von den Marktaufsehern, und da sie ihm verweigert wurde, erließ er die Monitorien und sprach nach vier Tagen die große Excommunication über sie aus.

Diese aber wandten sich unter Beschwerde über den Bischof an das Tribunal der Monarchie, und erlangten vom Richter die Absolution von der Censur ad cautelam ad comparendum in judicio. Der Generalvicar von Lipari aber wurde aufgefordert, die Acten zu übersenden und seine Gründe in der Monarchie vorzubringen. Derselbe weigerte sich

1 Breve vom 24. August 1709; Clementis XI. Epistolae et brevia selectiora (Roma 1724), tom. III, p. 564 sqq.

2 Const.,,Alias" Bullar. Roman. T. VIII, p. 79 sqq.

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