Sayfadaki görseller
PDF
ePub

und Dispensations-Befugnisse übertragen und damit jede kirchlich-jurisdictionelle Berechtigung eines Dritten, auch des Fürsten, ausgeschlossen 1. Den Königen war nur das Recht der Nomination des Delegaten gege= ben. Trotz aller Berechnungen und diplomatischen Mittel Perelli's hatte der päpstliche Stuhl auch nicht in einem einzigen Punkte Concessionen gemacht, welche die Abolitionsbulle Clemens' XI. beeinträchtigten oder einen rechtlichen Boden für eine neue Errichtung des Tribunals der Monarchie bieten konnten.

Lambertini durfte daher mit Recht hoffen, daß die wieder mit Rom versöhnte und verbundene Tochterkirche innerhalb der festgeseßten Ordnung verharren und sich der ihr neuerdings verliehenen reichen Privilegien zum Heile der Seelen erfreuen werde. Er berücksichtigte nur das Eine nicht, daß es dem Absolutismus und Despotismus eigen ist, keine Schranken des Rechtes zu achten. Wir durften schon deshalb die Relation Perelli's nicht unberücksichtigt lassen, weil sie uns die mala fides der Kaiserlichen so klar zu Tage legt und uns den Schlüssel zum Verständnisse der Thatsache liefert, daß sofort nach Vereinbarung der Bulle „Fideli“ die Fürsten Siciliens mit der alten Prätension ihres vollen Legatenrechtes wieder hervortraten und das Institut der Monarchie in alter Häßlichkeit wieder aufrichteten. Es war ihnen dieß um so leichter, als der ganze ungesetzliche Apparat des Tribunals noch vorhanden war, dem Könige die freie, nicht einmal der besonderen päpstlichen Bestätigung bedürftige Nomination des Richters zustand und das Staatskirchenrecht des achtzehnten Jahrhunderts überhaupt den Fürsten kraft der Souveränetät fast ebenso weit gehende Rechte in kirchlichen Dingen einräumte, als sie in Sicilien unter dem Vorwande der apostolischen Legation jemals geübt hatten. Es ist daher auch unerläßlich, die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat in Unteritalien im achtzehnten Jahrhundert genauer darzustellen.

1 Cäsar Cantu, Allgemeine Weltgeschichte, übersezt von Dr. Brühl, Bd. XII, S. 798, behauptet, Carl VI. habe um 1728 vom Papste das Vorrecht erlangt, „sich während des Näucherns im Hochamte das Haupt zu bedecken, und in geistlichen Dingen richterliche Entscheidungen und Dispensen zu geben." Von einem dem Kaiser ertheilten päpstlichen Privilege, im Hochamte sich beräuchern zu lassen und dabei das Haupt bedeckt zu halten, eristirt keine Spur, und die jurisdictionellen und Dispensationsvollmachten wurden dem Delegaten und nicht dem Kaiser verliehen. Cantu nimmt offenbar die Bestätigung der Legation durch Benedict XIII. an.

1

Achtes Kapitel.

Lage der Kirche beider Sicilien im achtzehnten Jahrhundert. Ungesetzlicher Fortbestand der Monarchie. Neue Unterdrückung derselben durch Pius IX. Die Bulle „Suprema".

Der gegen Ende des siebenzehnten Jahrhunderts in Frankreich ausgebrochene Streit über die sogenannten gallicanischen Freiheiten und die Regalien hatte in den anderen katholischen Ländern ein lebhaftes Echo gefunden. Gegen Anfang des achtzehnten Jahrhunderts verbreiteten sich die gallicanischen Prinzipien auch über Mittel- und Unteritalien mit furchtbaren Consequenzen 1. Man fing auch hier an über die beiden Gewalten, die kirchliche und die staatliche, über ihren Ursprung, ihre Natur, ihren Gegenstand und ihre Grenzen Untersuchungen anzustellen und diese während der Verwirrungen, welche der spanische Erbfolgekrieg mit sich brachte, in Schriften ungehindert zu verbreiten. Man reizte die Fürsten zu Gewaltthätigkeiten gegen die Kirche und die Hierarchie durch Darstellung der vorgeblichen Usurpationen, welche diese auf Kosten der Staatsgewalt übte, und forderte zur Emancipation von der Hierarchie auf. Eine solche Tendenz verfolgte namentlich Pietro Giannone in seiner 1723 veröffentlichten Geschichte des Königreichs Neapel. Er widmete das Werk dem Kaiser Carl VI., lobte dessen Maßregeln gegen die kirchliche Jurisdiction und pries ihn als Wiederhersteller des alten Glanzes des Reiches, der seine Souveränetätsrechte zur Scheidung der Grenzen zwischen Sacerdotium und Imperium zur Geltung gebracht habe 2. In der That hatte Carl VI. nichts unterlassen, um die herkömmliche kirchliche Ordnung in Unteritalien niederzureißen. Ein Bericht des päpstlichen Staatssecretariates vom 19. October 1719 erklärt, daß die Regierung in Neapel im Namen des Kaisers die ganze päpstliche Jurisdiction sich angeeignet habe 3; spätere Berichte erzählen, daß alle hohen Beamten Giannonisten" seien 4, und als im Jahre 1734 die Kaiserlichen aus Neapel vertrieben wurden, glaubte der Cardinal Lanfredini darin die Hand Gottes zur Rettung und Erhaltung des katholischen Glaubens in Unteritalien zu erkennen 5.

"

1 Diese Thatsache hob mit richtiger Erkenntniß ihrer Tragweite bereits der venetianische Gesandte in Nom unter Clemens XI. hervor; Relazione della Corte di Roma etc. dal Cavaliere Nic. Erizzo; Cod. Casanat. Miscell. XVII, f. 107. 2 P. Giannone, Historia civile del regno di Napoli, in der Vorrede.

3 Cod. Corsin. 563, fol. 79.

Cod. -Corsin. 120, f. 144. Cod. Corsin. 1201, f. 52; Officieller Bericht aus Neapel aus dem Jahre 1729.

5 Schreiben Lanfredini's vom Juni 1734; Cod. Corsin. 1181, f. 123.

Den Kaiser Carl VI. fann man in seiner politisch-kirchlichen Gesetzgebung und in seinen unerhörten Prätensionen gegen die römische Curie als den Vorläufer des Tanucci'schen Systems bezeichnen. Er hatte es Clemens XI. nie verziehen, daß er nach dem Tode Carls II. gegen den bourbonischen Prätendenten Rücksichten genommen und die Ansprüche des Hauses Oestreich so wenig unterstüßt hatte. Alle Versöhnungsversuche des Papstes hatte er fast mit Geringschätzung zurückgewiesen, dem Neffen des Papstes, Alexander Albani, welcher in den letzten Lebensjahren Clemens' XI. als außerordentlicher Gesandter zur Beilegung der obschwebenden Differenzen nach Wien entsendet wurde, eine derartige Aufnahme bereitet, daß man dessen Zurückberufung als durch die Würde des heiligen Stuhles geboten betrachtete 1. Abgesehen von den demüthigenden Zumuthungen, welche er bei Veranlassung der durch den Cardinal Alberoni entstandenen Verwicklungen mit Spanien an den Papst stellte, characterisirt nichts so sehr seine Stellung zum Papste als eine Anzahl von Prätensionen, welche er, in elf Artikeln formulirt, durch seinen Gesandten, den Grafen Gallas, dem Papste am 16. März 1718 überreichen ließ. Sie blieben die Basis späterer Controversen und factischer Usurpationen. Der Kaiser verlangte darin kurzweg, der Papst möge seinen Anspruch auf die Investitur-Ertheilung für die Reiche Neapel und Sicilien fallen lassen, da die Behauptung, dieselben seien Lehen des heiligen Stuhles, falsch sei. Pius II. habe das Fürstenthum Benevent in unrechtmäßiger Weise in Besitz genommen; dasselbe gehöre der Krone Neapel und müsse restituirt werden. Die Vereinbarung des Kaisers Carl V. mit Clemens VII. über die Besetzung der Bisthümer im Königreich Neapel (es wurde darin dem Könige die Präsentation zu 24 bischöflichen Sigen eingeräumt) sei nichtig; zu allen Bisthümern stehe dem Könige die Provision zu. Die Benefizien dürften überhaupt nur den Reichsangehörigen verliehen werden. Ez habe die Datarie auch abzustehen von der Belastung der Bisthümer, Abteien, Klöster und anderer Benefizien durch Pensionen und sonstige Auflagen. Die Annaten müßten abgeschafft werden. Kein Reichsunterthan dürfe mehr ohne königliche Genehmigung nach Rom citirt werden, und die Geistlichen sollten nicht mehr von den Urtheilen der Metropoliten (nach Rom) appelliren. Das Tribunal der Nuntiatur bilde eine Raubanstalt, errichtet zur Aussaugung des Reiches, wie auch das in Neapel bestehende Tribunal des Patrimoniums des hl. Petrus 2.

[ocr errors]

1 Foglio del Cardinale Riviera, Cod. Corsin. 1183, f. 17-20. O quanto sarebbe meglio intavolare con li Spagnoli quel trattato, schrieb Clemens XI. Riflessioni etc.; Cod. Corsin. 215, f. 200.

2 Memoria risguardante le pretenzioni promossi dall' Imperatore Carlo VI. rapporto al regno di Napoli, vescovati del medesimo, beneficj, tribunale della Nunziatura (officielle Relation) im Cod. Vatican. 8332, f. 82 u. 83.

Bei solchen Marimen des Kaisers, welche auch seine Gesetzgebung in staatskirchlichen und rein geistlichen Dingen characterisiren, begreift es sich, daß der Cardinal Lanfredini den Tag freudig begrüßte, wo im Jahre 1734 aus Veranlassung des polnischen Erbfolgekrieges die Oesterreicher durch den Infanten Don Carlos, Philipps V. Sohn, aus Neapel und Sicilien vertrieben wurden. Dieser bestieg nunmehr als Carl III. den Herrscherthron beider Sicilien und mit ihm kamen die kirchenfeindlichen Prinzipien des Gallicanismus zur allseitigen Herrschaft. Noch gefährlicher waren die Tendenzen seines einflußreichen Ministers, des berüchtigten Tanucci.

Ein neuer diplomatischer Bruch mit Rom bot einen willkommenen Anlaß zur Eröffnung des Kampfes gegen die päpstliche Jurisdiction und die Gerechtsame der Hierarchie. Die Bevölkerung Roms, an ihrer Spike die trohigen Trasteveriner, erbittert über die ungesehlichen und zum Theile gewaltsamen Anwerbungen, welche die Spanier für das Heer Carls III. in Rom ausführten, erhoben sich im März 1736 in einem Aufstande gegen die spanischen Werber, bedrohten die spanische Gesandschaft, befreiten gewalt= sam die angeworbenen Römer und zertrümmerten das am farnesischen Palaste angebrachte Wappen des Königs beider Sicilien. Da der Papst Clemens XII. nicht sofort die geforderte Genugthuung leisten konnte und den Trasteverinern zur Vermittelung der Ruhe Amnestie gewährte, so riefen beide Könige, Philipp V. und Carl III., ihre Gesandten von Nom ab, befahlen ihren Unterthanen Rom zu verlassen, vertrieben die päpstlichen Nuntien aus Madrid und Neapel, sperrten allen Verkehr mit Rom und griffen durch eine Anzahl kirchenfeindlicher Geseze die kirchliche Freiheit und Immunität an. Gleichzeitig übten die auf dem Durchzuge von Neapel nach Oberitalien befindlichen spanischen Truppen grobe Gewaltthätigkeiten und Plünderungen gegen die Personen und Habe der Städte Ostia und Velletri, und ein Theil derselben erschien sogar drohend vor den Mauern Roms. Diese Widerrechtlichkeiten bezeichnete hernach der Cardinal Aquaviva, spanischer Gesandter in Rom, als die vom Könige genommene Genugthuung für die von Clemens XII. den Trasteverinern gewährte Amnestie. Die Ausseßung der von Carl III. wiederholt bei dem Papste nachgesuchten Investitur, bis Carl in einem Frieden der streitenden Mächte als Herrscher beider Sicilien anerkannt sein würde, steigerte noch die feindselige Stimmung in Neapel.

Indeß wurde der Streit der Curie mit Spanien wenigstens vorläufig beigelegt in dem am 16. September 1737 zwischen dem Cardinal Staatssecretär Firrao und dem Cardinal Aquaviva Seitens Spaniens unterzeich

1 Relazioni de' tumulti accaduti in Roma l'anno 1736, loro origine e seguele, Cod. Corsin. 1182, fol. 15 sqq. Der ganze Coder von 340 Folien enthält nur geschichtliches Material über diese Ereignisse.

neten Concordate, und es wurden nun auch durch Vermittelung des spanischen Hofes die Friedensverhandlungen mit dem Könige beider Sicilien lebhafter betrieben. In der römischen Curie verlangte man als Vorbedingung zur Gewährung der Investitur die Zulassung des Nuntius in Neapel, Eröffnung des Tribunals der Nuntiatur und Widerruf der kirchenfeindlichen Gesetze. In Neapel hingegen stellte man als obersten Sah auf: Rom habe jede Hoffnung aufzugeben, sowohl auf Wiedererlangung der Collation der Benefizien als auf Widerruf der gegen die kirchliche Immunität gerichteten Decrete; man verlangte die Investitur bedingungslos und drohte im anderen Falle sie nie mehr nachzusuchen 1. In diesen Forderungen wurde Carl III. vom spanischen Hofe nachdrücklich unterstügt. Es war eben, wie der Cardinal Riviera in einem Gutachten vom Jahre 1736 bemerkt, auf die Unterdrückung der kirchlichen Jurisdiction abgesehen 2.

Ohne die geforderten Garantieen erlangt zu haben, mußte Rom sich entschließen, dem Könige beider Sicilien (am 12. Mai 1738) die Investitur zu ertheilen. Nur die Rückkehr des Nuntius wurde gestattet.

Weder durch diese Investitur noch durch jenes Concordat war der Friede mit den beiden bourbonischen Höfen hergestellt. Die Curie hatte bereits nicht mehr den Kampf um einzelne bestrittene Rechte zu führen, sondern den Kampf mit dem gewaltthätigen Zeitgeiste, welcher die Zerstörung der bisherigen Stellung der Kirche in diesen Reichen unternommen hatte. Wie Giannone für Italien, so hatte der von der spanischen Inquisition verfolgte Don Melchior Macanaz im Auftrage Philipps V. für Spa= nien die neueren Prinzipien formulirt und begründet 3. In Spanien verlangte man das Patronatsrecht auf alle höheren und niederen Benefi= zien, selbst auf die Parochialpfründen. Wenn es so fortgeht, schrieb Cervini, Uditore der päpstlichen Nuntiatur in Madrid, so werden die spanischen Freiheiten bald größer sein als die gallicanischen, und mit den adoptirten Maximen wird die katholische Religion in Spanien bald auf den bloßen Namen zurückgeführt sein 4. Es war hier Molina, Bischof von Malaga, dann Cardinal, welcher diesen Anspruch eines allgemeinen könig

1 Schreiben des Cardinals Aquaviva an den Cardinal Spinelli vom 9. Juli 1736, Cod. Corsin. 1183, f. 55. Schreiben Spinelli's aus Neapel vom 18. August und 2. October 1736, Cod. Corsin. 1183, f. 68.

2 Foglio del Cardinale Riviera, Cod. Corsin. 1183, f. 19 sqq. Vgl. das Breve Clemens' XII. an Philipp V., Cod. Corsin. 1183, fol. 41 sq.

3 Melch. Macanaz, Instructio ad regiam Curiam pro exterminandis inconvenientibus tribunalis Nuntiaturae, Cod. Corsin. 1183, f. 141-148. Scrittura di Macanaz sopra gli ordini equestri e militari di Spagna, Cod. Corsin. 1184, f. 261-274.

Schreiben Cervini's vom 29. November 1738, Cod. Cors. 1184, fol. 89, 93.

« ÖncekiDevam »