Sayfadaki görseller
PDF
ePub

schon 1777 versucht worden war, die Ceremonien zu beseitigen, zerriß man im Jahre 1788 förmlich den achthundertjährigen Lehensverband, indem man die Präsentation der Chinea ganz unterließ und dem Cardinal-Staatssecretär privatim die Summe von 7000 Goldducaten „in piae oblationis significationem erga beatos Apostolos" anbieten, und als dieser die Annahme verweigerte, in dem Monte di Pietà in Rom zur Disposition des Papstes deponiren ließ. Am 29. Juni 1788 las der päpstliche Fiscal der Camera apostolica in der Peterskirche den feierlichen Protest gegen diese Usurpation vor dem Papste ab und dieser bestätigte ihn 1. In einem Schreiben vom 22. Juli 1788 an den Papst sett Ferdinand IV. die Motive auseinander, welche ihn zur Verweigerung des Lehenstributes bestimmt hätten. Als Hauptgrund gibt er an den Mangel eines legitimen Titels der Forderung. Man wisse aus der Geschichte, wie der heilige Stuhl angefangen habe den Fürsten die Investitur zu ertheilen, ohne daß er jemals das Reich beherrscht oder besessen habe. Die Fürsten erlangten den Besit des Reiches kraft des Rechtes der Eroberung. Schon auf Grund des Völkerrechtes seien sie gesetzmäßige unabhängige Souveräne, und Rom verlange den Census einzig gestützt auf ein Blatt Papier, welches es den Eroberern ausgestellt habe. Einst habe es auf Sicilien, Sardinien, Aragonien, England, Schottland und selbst auf das deutsche Reich ähnliche Prätensionen erhoben, die dann von selbst entfallen und in Vergessenheit gekommen seien. Der Papst werde mit dem Könige darin übereinstimmen, daß wenn auch die Fürsten den Census bezahlt und die Herrschaft vom heiligen Stuhl zu nehmen versichert hätten, diese Versprechen zu der Kategorie der einfachen Verträge gehörten, welche man im Rechte als pacta sine causa bezeichne und die nicht einmal zwischen Privaten verpflichteten, geschweige denn zwischen Fürsten und Völkern, welche unter den Bestimmungen des Völkerrechtes und der natürlichen Aequität ständen. Demgemäß habe er bloß aus persönlicher Devotion die Leistung deponiren lassen.

Die Frage der Ehescheidung des Herzogs von Maddeloni war prinzipiell von weittragender Bedeutung. Der Erzbischof von Neapel hatte in erster Instanz die Nichtigkeit der Ehe des Herzogs mit Josepha von Cardenas wegen Impotenz des ersteren ausgesprochen. Gegen die Sentenz legte der Herzog Appellation nach Rom ein, und der Papst wollte für die Cognition in zweiter Instanz einen anderen Bischof des Reiches delegiren. Der König jedoch verhinderte dieses und delegirte selbst seinen

insieme colla presentazione di una Chinea, d. d. 20. Guiglio 1788; Officielle Relation im Vatican. Geheim-Archiv.

1 Cod. Vatican. 8334, f. 70; Protestatio emissa in S. Basilica Vaticana in festo S. Petri Apostoli coram Pontifice post missam solemnem a r. p. Fiscali Camerae apostolicae und Responsio SSmi Dni Papae, 1. c. f. 71.

Großcaplan, den Bischof von Motula, für die höhere Instanz, und dieser bestätigte kraft königlicher Delegation das Urtheil der ersten Instanz. Als der König diese Sentenz für executorisch erklärte 1, durfte Pius VI. nicht mehr schweigen. In einem energischen Proteste erklärte er die Nichtigkeit eines solchen Actes, tadelte in einem Breve den Bischof von Motula sehr scharf und erklärte der Herzogin, daß sie vom Ehebande sich keineswegs für gelöst halten dürfe. Der Uditore Servanzi stellte die päpstlichen Schreiben dem Bischofe und der Herzogin zu und mußte in Folge dessen am 26. September 1788 innerhalb vierundzwanzig Stunden die Stadt, und so rasch als möglich das Reich verlassen 2. Indessen übertrug der König die Verwaltung der zahlreichen vacanten Bisthümer den benachbarten Bischöfen und am 27. Januar 1789 meldete der Secretär der Nuntiatur neue Unterdrückungen von Klöstern, Belastung aller Benefizien königlichen Patronats mit Pensionen und andere Acte der Willfür 3.

Selbst die sich häufenden maßlosen Usurpationen und Prätensionen konnten den hartbedrängten Papst nicht abhalten, auf neue Vereinbarungsvorschläge der sicilischen Regierung einzugehen. Am 20. October 1788 hatte der König dem Papste den Wunsch ausgesprochen, unmittelbar mit ihm zu verhandeln (fra Noi soli). Pius VI. erklärte in seiner Antwort vom 16. Februar 17894, daß er den Vorschlag annehme und die Particularcongregation bei Seite lassen werde. Er gibt eine Uebersicht der Verhandlungen seit dem Jahre 1781. Man habe bereits in Rom die Umwandelung von fünf Abteien in Commenden des Constantin-Ordens zugestanden, die Einkünfte der vacanten Bisthümer und Abteien dem Gewissen des Königs zur Verfügung überlassen. Man gewähre die königliche Nomination zu den Bisthümern mit dem Vorbehalt des päpstlichen Rechtes der Exclusive, die Alternative bei den Abteien und dazu die königliche Empfehlung in den päpstlichen Monaten, die Auflage der Pensionen zu Gunsten der vom Könige empfohlenen Personen, die Alternative zwischen dem Papste und den Bischöfen in Besetzung der niederen Benefizien und auch hier wieder unter Zulassung der königlichen Recommendation. Man habe die Errichtung einer kirchlichen Giunta gestattet, dem Könige

1 Nach einem Schreiben des Abbate Servanzi vom 2. September 1788 an Boncompagni (Vatican. Geh.-Archiv) lautete das königliche Decret vom 12. August wie folgt: Il rè ha trovata fondata in fatto ed in legge la sentenza della nullità del matrimonio del duca di Maddeloni e di Maria Giuseppe de Cardenas interposta da V. Signoria Illustrissima (sc. vescovo di Motula) destinata da Sua Maestà per giudice di appello in tale causa. Diasi a tale sentenza il suo corso regolare. 2 Schreiben Servanzi's vom 26. September 1788.

3 Schreiben des Abbate Capparucci vom 27. Februar 1789.

4 Breve Pius' VI. an den König vom 16. Februar 1789 und Foglio di giustificazione als Beilage; Vatican. Geheim-Archiv.

die Ernennung der Mitglieder gewährt, und nur den Vorbehalt eines päpstlichen Ausschließungsrechtes gemacht. In dieser Giunta würden die Appellationen fast aller Streitigkeiten sich concentriren. Der Papst habe gewünscht, daß der Nuntius, welcher bis dahin die an die Giunta übergehende Jurisdiction geübt, Mitglied derselben würde. In Neapel habe man das nicht gewollt, und der Papst habe auch hierin nachgegeben. Dem Nuntius bleibe nun von seiner ausgedehnten Jurisdiction nichts mehr als die äußerliche Vermittlung der Prozesse an die Giunta und die Möglichkeit, in einigen bestimmten Fällen delegirt zu werden. Es seien die Generalvicare für die Orden zugestanden worden unter der einzigen Bedingung, daß sie in den wichtigsten Angelegenheiten an die Ordensgenerale referiren dürften. Es bleibe nunmehr, schreibt Pius VI., nur noch eine Differenz in zwei Punkten. Er wolle im ersten nachgeben und die vollzogene Umwandlung der sieben Abteien in Commenden genehmigen. Er wünsche nur noch die eine Modification, daß das päpstliche Collationsrecht der Abteien und Prälaturen über die päpstlichen Monate hinaus in etwas erweitert werde, daß die Anzahl der dem Papste jedesmal zu empfehlenden Personen statt drei fünf betrage, und daß die königlichen Empfehlungen zu päpstlichen Collaturen auch neapolitanische Geistliche, welche im Dienste der Curie ständen, einbegreifen möchten. Wenn hier die Stimme des Vaters Gehör finde, so sei die Vereinbarung fertig (l'accomodo è fatto). Nach Empfang dieses päpstlichen Schreibens war in Neapel die Befriedigung über die weitgehenden Concessionen sehr groß, und sowohl der König als der Minister Caraccioli glaubten die langwierigen Streitig= keiten seien jezt auf dem Punkte, beigelegt zu werden 1.

Daß auf der Basis der obigen päpstlichen Zugeständnisse kein Concordat abgeschlossen wurde, ist nicht zu bezweifeln und ist gewiß nicht zu beklagen. Einige neapolitanische Canonisten sprechen von einem Abkom= men über Besetzung der Bisthümer vom Jahre 1790, aber auch dieß nur, um uns sein flüchtiges Vorübergehen anzudeuten 2. Die Geschichtschreiber Colletta 3 und Cantu verseßen den Abschluß eines Concordats in's Jahr 1791 und lassen darin den päpstlichen Verzicht auf die Präsentation der

1 Schreiben Capparucci's an Boncompagni vom 21. Febr. 1789; Vatican. Geh.-Archiv. 2 Salzano, Lezioni di diritto canonico etc. Vol. I, p. 107: Sebbene un certo accomodamento intervenne con la Santa Sede nel 1790, che risguarda l' elezione de' vescovi, pure non essendo stato questo un vero e permanente Concordato. . . . Pecorelli, Juris ecclesiastici institutiones (Napoli 1842) Tom. I, p. 290: Iterum subortis dissidiis inter utramque potestatem, quae resarciri anno 1790 dum sperabatur, quoad episcoporum saltem electionem . . . supervenientibus item malis seditionum sacrarum rerum calamitatem indignissimam subiit Ecclesia.

3 Pietro Colletta, Storia del Reame di Napoli dal 1734 sino al 1825 (Capclago 1834), T. I, p. 251.

4 Cantu, Allg. Weltgeschichte Bd. XII, S. 856.

Chinea, auf die Ertheilung der Investitur gegen eine hohe Summe Geldes, das päpstliche Wahlrecht zu den Bisthümern innerhalb dreier vom Könige vorgeschlagenen Subjekte, Nominationsrecht zu den kirchlichen Benefizien aus Reichsangehörigen und Dispensationsfacultäten für die Bischöfe stipulirt sein. Sowohl die obigen Verhandlungen und päpstlichen Concessionen als das Concordat von 1818, in welchem auf eine solche Vereinbarung durchaus kein Bezug genommen wird, was unvermeidlich war, wenn eine solche bestanden hätte 1, zeigen, daß diese Angaben unrichtig sind. Nichtig ist nur, daß es, ohne Zweifel auf Grund eines Einverständnisses zwischen Pius VI. und Ferdinand IV., im Jahre 1791 zur Besehung von 62 erledigten Bisthümern kam 2.

Der Geist der französischen Revolution hatte die Fürsten mit Schrecken erfüllt. Vor den gewaltigen politischen Ereignissen und Umwälzungen trat, wie immer, der geistliche Streit in den Hintergrund. Dem so lange bedrückten Papste wurde die Genugthuung zu Theil, daß das sicilische Herrscherpaar, welches im Jahre 1785 bei einer Reise in Mittel- und Oberitalien das römische Gebiet geflissentlich gemieden hatte, im April 1791 auf der Rückkehr von Wien still und freundschaftlich im Vatican einkehrte 3.

Mit der obigen Darstellung der kirchlich-politischen Entwicklung der Reiche beider Sicilien seit dem Jahre 1728 haben wir den Rahmen gewonnen, in welchem das Bild der Geschichte der Bulle „Fideli“, welches wir zu entwerfen haben, seine Stellung zu nehmen hat, und in welchem es erst vollständig begriffen wird. Das ganze System des Regalismus und des sogen. Naturrechtes, wie es in der Gesetzgebung und Theorie der sicilischen Regierung ausgesprochen ist, fand gleichmäßig Anwendung auf beide (übrigens selbstständige) Reiche; die einzelnen Geseße aber auf die Insel nur insoweit, als dort die Voraussetzungen der Anwendbarkeit bestanden, d. h. als nicht durch die herkömmlichen Gewohnheiten und Reichsgesetze, namentlich durch die Monarchie, die kirchlichen Rechte bereits usurpirt waren 4.

Nach den Verhandlungen zwischen Benedict XIII. und Carl VI. über die Monarchie, und angesichts des kirchenfeindlichen Despotismus des 18. Jahrhunderts, ließ sich freilich nicht erwarten, daß die Fürsten und ihre Organe in Sicilien die durch die Bulle „Fideli“ vorgezeichne ten Bahnen einschlagen und innerhalb derselben verharren würden. Wie wir sahen, beruhte die Bulle, richtig verstanden, auf drei Bestimmungen als ihren wesentlichen Grundlagen: 1. daß die bisher beanspruchte Lega

1 Jn Artikel XXXII des Concordats von 1818 wird dieses der Vereinbarung von 1741 ausdrücklich substituirt. Aus sehr zuverlässigen Quellen in Nom vernehme ich, daß es erst während des Erils Pius' IX. in Portici zu einem Abkommen in der Investiturfrage gekommen sei. Actenstücke darüber sind nicht bekannt.

2 Colletta I, 254. 3 Colletta I, 252.

4 Es ist bekannt, daß das Concordat von 1741 bloß für das Königreich Neapel galt. Sentis, Monarchie in Sicilien. 14

tion der Fürsten nicht mehr fortbestehen dürfe; 2. daß, soweit nichts Specielles in der Bulle bestimmt war, das gemeine canonische Recht zur Anwendung komme; 3. daß namentlich das canonische prozessualische Verfahren an die Stelle des alten Reichs-Prozeßrechtes, des sogen. Alphons’schen Ritus trete. Ohne diese Vorausseßungen mußte das so mühsam vollendete Vereinbarungswerk sofort mit allen seinen einzelnen Theilen zusammenstürzen. Was wurde also in Theorie und Praxis aus diesen Fundamentalbestimmungen? Carl VI. hat die Prätension der apostolischen Legation sowohl in Rücksicht auf den Titel als auf die Rechte keinen Augenblick aufgegeben. Im Decrete der Publication der Bulle „Fideli“ in Sicilien nennt er den bestellten geistlichen Richter seinen Delegaten und spricht er von dem Tribunale der Monarchie, und durch den ganzen Erlaß zieht sich der Grundgedanke hindurch, daß ihm die Legation unverkürzt zustehe. Bald ergriff er die Gelegenheit, sich darüber unzweideutiger auszusprechen. In einem Decrete vom 2. April 1732 erklärte er sich in Rücksicht auf die Zustände des Bisthums Catania veranlaßt, von dem alten Privilegium eines geborenen Legaten (in dessen Besiß er sich befinde), welches ihn zur Anordnung einer Visitation sowohl in geistlichen als in temporellen Dingen berechtige, Gebrauch zu machen, und bestellte einen königlichen Visitator mit den weitgehendsten Vollmachten 1. Die Bourbonen führten dann auch seit 1736 officiell wieder den Titel ein und Carl III. constatirte im Jahre 1750 förmlich und feierlich, daß der Erzbischof von Palermo aus Veranlassung eines Streites mit dem Richter der Monarchie anerkennen wolle, daß das Tribunal der Monarchie die kostbarste Perle der königlichen Krone, der Richter Delegat des Königs sei, welchem dieser die Ausübung des heiligen souveränen Rechtes der apostolischen Legation anvertraut habe" 2. Vielleicht kein einziger seiner spanischen Vorgänger auf dem sicilischen Throne hat in dem Umfange die prätendirte Legation ausgeübt, wie dieser Bourbone. Durch ein Decret vom 4. Mai 1741 ordnete er in der Eigenschaft als geborener Legat eine Generalvisitation aller Kirchen und Benefizien Siciliens an, und beauftragte damit den Generalvicar von Salerno, Johann de Ciocchis 3. Dieser stellte die Vollgewalt der apostolischen Legaten als Norm seiner Vollmachten auf 4. Vermöge der apostolischen Legation hätten die Fürsten das Recht zu einer apostolischen Visitation der Kirchen Siciliens, über die

1 Gullo, Lib. I, dipl. 223. Der Kaiser sagt, er sei bestimmt worden usar del privilegio antigo y possesion en que estamos de legado nacido de la Sede apostolica en esto nuestro Reyno, para hazer visitar las cosas espirituales de dicho obispado di Catania . .

2 Gallo, Lib. II, dipl. 43. 3 Gallo, Lib. I, dipl. 225.

4 Joan. Angelo di Ciocchis, Sacrae regiae visitationis acta et decreta (Panormi 1836). Jm Proömium heißt es: Fuit conclusum ad visitatorem spectare

« ÖncekiDevam »