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tragen, die wir übrigens nur als einen Versuch und eine reine Privatarbeit betrachtet wissen wollen. Es moge uns auch gestattet sein, von einer strengeren Unterscheidung, die bei einer eingehenden wissenschaftlichen Abhandlung am Platze wäre, hier Umgang nehmend den Ausdruck »politische Thätigkeit im weitesten Sinne zu fassen, wie er auch im gewöhnlichen Leben gebraucht wird.

Wenn wir den Geistlichen bloss als Diener und Beamten der Kirche betrachten, so kommt ihm als solchem an sich keinerlei politische Thätigkeit zu. Staat und Kirche sind verschieden und nach den Grundsätzen der Kirche soll sich die eine Gewalt nicht in das Gebiet der anderen einmischen 1). Die Päpste der letzten Jahrhunderte haben in der richtigen Einsicht, dass die Entwicklung der modernen Staaten ganz und gar von der des Mittelalters verschieden, die Grundlage des weltlichen Rechtes eine ganz andere geworden ist, sorgfältig selbst den Schein einer Einmischung in rein weltliche Angelegenheiten vermieden. Was von der Kirche, das muss von den Trägern der Kirchengewalt, was von den obersten Hierarchen gilt, das muss von den untergeordneten Priestern a fortiori gelten. Es gibt ferner heutzntage keine eigentlich katholische Politik, sondern nur eine Politik einzelner Katholiken. Die Kirche gibt uns kein fertiges politisches System, sie gibt sich nicht ab mit der Verfassung und der Gesetzgebung der Staaten 2), sie kann unter jedem Staate leben, sei er Monarchie oder Republik, sie predigt in jedem Lande den Gehorsam unter die bestehenden Obrigkeiten und Gesetze 3). »Ob der einzelne Regent, ob die bestehende Regierungsform dem Willen Gottes entspricht, nicht das ist die Frage, sondern dass der bestehenden Obrigkeit zu gehorchen sei, lehrt die Kirche ihre Glieder, und muss sie dieselben lehren. Die Legitimitätsfrage als solche ist desshalb kein Gegenstand der Erörterung für die Kirche. Besteht eine Obrigkeit und ist als solche erkennbar, so darf der Katholik, das lehrt ihn seine Kirche, wenn es die seinige ist, nichts activ unternehmen, was ihren Sturz herbeiführte 4).« Diese Pflicht des Gehorsams und der Unterwürfigkeit auch unter übelgesinnte und tyrannische Obrigkeiten haben die Päpste fortwährend eingeschärft 5); abgesehen von den älteren Erlassen und dem Schreiben Gregors XVI. an die Bischöfe

1) Vgl. Phillips KR. H§ 105 f. S. 184 fr.

2) Histor. pol. Bl. Bd. IV. S. 764 fr.

3) Phillips a. a. 0. §. 103. S. 454 fr. Schulte, Lehrbuch des KR. S. 128. Nr. MI. IV.

4) Schulte, System des KR. S. 434.

5) Phillips a. a. O. S. 455 ff.

Galiziens handelt hievon Pius IX. 1) ausdrücklich in den Encycliken vom 9. November 1848, 8. December 1849, vom 26. März 1860 und sonst öfter; namentlich gaben die Vorgänge in Polen und Italien dazu reichlichen Anlass. Diese Unterordnung unter das bürgerliche Gesetz, wie sie die Kirche vorschreibt, bezieht sich allerdings nicht direkt auf die geistlichen Functionen, in denen der Kleriker nur der Kirche unterworfen sein kann; aber sie ist schon hier zu erwähnen, inwiefern sie als der von der Kirche zunächst ausgesprochene politische Grundsatz erscheint. Dass die Politik an sich den Kirchenbeamten nichts angehe, ist ebenso gewiss, als es unzweifelhaft ist, dass er sich auch als Kirchenbeamter um diejenigen weltlichen Gesetze zu kümmern hat, die sich auf die im Interesse der Kirche geforderten Civilklagen und überhaupt auf alle Verhältnisse bürgerlicher und politischer Natur beziehen, welche die Kirche irgendwie berühren ‹).

Es lässt sich aber allerdings von einer christlichen Politik 3) insoferne reden, als eine Summe von Vorschriften der christlichen Ethik vernunftgemäss auf die Politik ihre Anwendung finden soll; die moralischen Sätze, welche das Verhältniss der Individuen regeln, sollen auch für die Staaten und die Völker gelten, wie auch dieselben Neigungen und Bestrebungen hier wie dort sich finden quod in singulis, id est in populis, sagt Cicero (de rep. III. 18.); die Principien einer christlichen Politik fallen zusammen mit denen der christlichen Moral. Wo nun auf dem Gebiete der Politik Bestrebungen und Erscheinungen zu Tage treten, welche die der Kirche anvertrauten Wahrheiten des Glaubens und der Sitten antasten und das Heil der Seelen gefährden, wo Politik und Gesetzgebung den von der Kirche gepredigten Grundsätzen entgegentreten, deren Rechte bedrohen, da muss die Kirche sich allerdings um die Politik bekümmern, da muss sie frei ihre warnende und belehrende Stimme erheben, da dürfen ihre Vertreter keine stummen Hunde sein, die nicht bellen wollen, da gilt das Clama, ne cesses (Isai. 58, 1.), da gilt das Insta, opportune, importune (II. Tim. 4, 2.), da gilt das Wort des heiligen Ambrosius (ep. 46. ad Theodos.): Non est sacerdotale, quod sentiat, non dicere. Nihil in Sacerdote tam periculosum apud Deum, tam turpe apud homines, quam quod sentiat,

1) Acta Pii IX. vol. I. p. 16. 210. 211. Archiv f. KR. VIII., 153.
2) Schulte Quellen des KR. S. 522. 523. Lehrbuch S. 140.

3) Bossuet hat einen grossartigen Versuch gemacht, nach der heiligen Schrift eine christliche Politik herzustellen. Die Conferenzen des Theatiners Ventura von 1857 mit dem Titel: ,,Die christliche Politik“ (deutsch von Dr. Külb. Mainz 1858) gaben kein solches System und leiden an vielen Einseitigkeiten. Vgl. histor. pol. Bl. Bd. XLV. (1860) Heft 5—9.

non libere denuntiare mehr als je 1). Uebrigens werden es auch hier zunächst die zur Leitung der Kirche berufenen Bischöfe sein, die feierlich ihre Stimme erheben, die feste Normen an die Hand geben müssen, nach denen die einzelnen Priester, stets der hier nothwendig zu berücksichtigenden hierarchischen Unterordnung eingedenk 2) ihre Bischöfe um Rath zu fragen nicht ermangeln werden; im Anschluss an sie wird sich auch der übrige Klerus äussern und da, wo er besonders über Einzelnes zu urtheilen befähigt ist, desto lauter sich regen. Bei der Frage z. B. über die Trennung der Schule von der Kirche, wie sie dermalen in Baden ventilirt wird, ist der Pfarrklerus besonders competent und bei der in manchen deutschen Staaten vorgenommenen Revision der Gesetzbücher wäre vor deren Zustandekommen eine ausgedehntere Aufmerksamkeit der Geistlichen und die schärfere Hervorhebung ihrer Erfahrungen und Wünsche vielfach sehr zweckmässig gewesen. Nur wenn und insoweit die kirchlichen Grundsätze in der Politik zur Sprache kommen, hat der Geistliche als solcher sich lebhaft um dieselbe zu interessiren 3). Es ist das keineswegs selten der Fall; denn, wie schon oft bemerkt ward, birgt fast jede grössere politische Frage in sich eine theologische). Aber die Stellung des Geistlichen als solchen zu der politischen Frage bleibt zunächst eine mehr negative, das Schädliche abwehrende, wie sich von selbst versteht, mit er

1) Caroli Borrom. Monit. 1. c. p. 230.: Si ab increpatione (vos monet S. Gregorius) reticueritis, quia contra vos odia insurgere reformidatis, non jam Dei lucra, sed vestra quaeritis. Non maledictis, non vexationibus, non calumniis, non alicujus generis contumeliis, illud vel increpandi vel palam arguendi officium deserite, modo Christi gloriae et animarum saluti serviatis. Rursus non aucupandae hominum gratiae studio id agere desistite. Servus Dei non essem, si hominibus placerem, inquit Apostolus (Gal. 1, 10.). Vae vobis tacentibus aut dissimulantibus, si grex curae vestrae commissus perierit!

2) Gregor. XVI. Encycl. d. d. 15. Aug. 1832: Est autem singulorum Episcoporum Cathedrae Petri fidelissime adhaerere, depositum sancte religioseque custodire, et pascere, qui in eis est, gregem Dei. Presbyteri vero subjecti sint oportet Episcopis, quos uti animae parentes suscipiendos esse monet Hieronymus (ep. ad Nepot.); nec unquam obliviscantur, se vetustis etiam canonibus vetari, quidpiam in suscepto ministerio agere ac docendi et concionandi munus sibi sumere sine sententia Episcopi, cujus fidei populus est creditus, et a quo pro animabus ratio exigetur (c. ap. 38.). Certum denique firmumque sit, eos omnes, qui adversus praestitutum hunc ordinem aliquid moliantur statum Ecclesiae, quantum in ipsis est, perturbare.

3) Bellarmin. de Rom. Pontif. V. 6: Spiritualis potestas non se miscet temboralibus negotiis, sed sinit omnia procedere, dummodo non obsint fini spirituali aut non sint necessaria ad eum consequendum.

1) Vgl. den Aufsatz »Theokratie und Gallicanismus in den histor. pol. Blättern Bd. XLV. Heft 5-9.

laubten Mitteln bekämpfende; aber wo über Gewissens- und kirchliche Rechtsfragen eine Belehrung der Gläubigen erforderlich ist, muss auch ein positives Einwirken stattfinden und der Bischof von Orleans und seine Collegen haben ganz recht gethan, als sie in dem bekannten, nachher von der napoleonischen Regierung censurirten Erlasse über die Pflichten der Wähler sich aussprachen. Dass die Gewissen der Katholiken nicht irregeleitet, die Lehren der Kirche nicht entstellt oder missbraucht, die Grundpfeiler der sittlichen Weltordnung nicht untergraben, dass die Rechte der Fürsten wie der Völker gleich heilig geachtet, die unsittlichen Maximen einer macchiavellistischen Politik nicht den christlichen Nationen eingeimpft und ihr Denken und Leben von schädlichen Miasmen inficirt werden, daran hat die Kirche ein hohes Interesse und desshalb müssen auch ihre Diener und Organe sich darum kümmern.

Vor Allem hat also der Kirchenbeamte als solcher überall seine kirchliche Stellung zu wahren. Die Kirche kann kein Mittel für ihr fremde Zwecke sein; ihr Beamter darf darum nie seine kirchliche Stellung zu politischen Zwecken missbrauchen, nie aggressiv gegen die bestehende Obrigkeit anftreten. Aber es entspricht seinem Amte da, wo er es vermag, versöhnend und friedestiftend aufzutreten zwischen sich befehdenden und bekämpfenden Parteien, selbst mit eigener Lebensgefahr. Hoch glänzt neben vielen erleuchteten Hirten der älteren Zeit der im Sommer 1848 als Opfer für seine Heerde gefallene Erzbischof Dionis August Affre von Paris, von dem Pius IX. in der Allocution vom 11. September 1848 sagte: sui omnino immemor, ac de communi aliorum salute unice auxius, cruentos civium motus restinguere, ac damna, caedes, ruinas a suo grege penitus avertere summopere exoptans, christiano prorsus et episcopali animo gravissima quaeque despiciens pericula non dubitavit sese in proeliantium manus inmittere ac lethali vulnere accepto paulo post dedit animam suam pro ovibus suis 1). In derselben Weise hat der heilige Vater am 18. October 1862 die Erzbischöfe von New-York und New-Orleans aufgefordert, mit dem glühendsten Eifer und in seinem Namen auf die Beendigung des amerikanischen Bürgerkrieges hinzuwirken und sich in gleichem Sinne in dem Schreiben an den Präsidenten Jefferson Davis vom 3. December 1863 geäussert. Eine solche Stellung hat jederzeit das Lob der Menschen wie das der Kirche sich erworben, auch wenn sie in kleineren Kreisen und bei minder bedeutenden Ereignissen an den Tag trat. Die wahre christliche Liebe muss den Priester erfüllen; wenn er den Geist

1) Acta Pii IX. vol. I. p. 151.

derselben hat, so wird er in den schwierigsten Lagen sich werth seines Amtes, werth des allgemeinen Vertrauens erweisen.

Wie grossartig und segensreich überhaupt die Kirche für die gesammte Menschheit und für die Staaten zu wirken vermag, das hat die Geschichte mit unauslöschlichen Zügen verzeichnet, das hat schon längst der heilige Augustin in seiner Schrift »de moribus ecclesiae catholicae mit herrlichen Farben geschildert. »Die katholische Kirche umfasst nicht bloss Gott selbst, sondern auch die Nächstenliebe in der Art, dass für alle Krankheiten, an denen wegen ihrer Sünden die Seelen leiden, jedwede Art von Heilmitteln in ihr sich findet. Sie leitet und belehrt das Kind nach Kinderart, die Männer mit Muth, die Greise mit Ruhe, jeden nach seiner leiblichen und geistigen Reife. Sie unterwirft die Frauen den Männern nicht zur Befriedigung der Wollust, sondern zur Fortpflanzung des Geschlechts und zur gemeinsamen Leitung des Hauswesens in keuschem und treuen Gehorsam und gibt dem Manne die Herrschaft nicht zur Verhöhnung des schwächern Theils, sondern nach den Gesetzen aufrichtiger Liebe. Sie ordnet den Eltern die Kinder in freiem Dienste unter und ordnet jene diesen über in gottesfürchtiger Herrschaft. Sie verbindet Brüder mit Brüdern mächtiger und inniger, als es die Bande des Blutes vermögen, durch das Band der Religion. Sie lehrt die Knechte ihren Herren anhängen nicht sowohl mit der Nothwendigkeit, die ihre Stellung bringt, als mit der Lust, die ihnen ihre Dienstleistung bereitet; sie macht die Herren im Hinblick auf den gemeinsamen höchsten Gebieter gegen ihre Diener mild und geneigter, ihnen zu helfen, als sie zu strafen. Sie verbindet Bürger mit Bürgern, Völker mit Völkern, und alle Menschen in Erinnerung an das erste Elternpaar nicht bloss zur Gesellschaft, sondern zur Brüderlichkeit. Sie lehrt die Könige für die Völker sorgen und die Völker sich den Königen unterwerfen; sie lehrt, wem Ehre, wem Zuneigung, wem Verehrung, wem Furcht, wem Trost, wem Ermahnung, wem Ermunterung, wem Strafe, sie lehrt, wie nicht Allen Alles, aber Allen Liebe, Keinem Unrecht gebührt 1). In der That, wenn sie auch selbst keine menschliche Politik verfolgt, die Kirche bleibt für jeden vernünftigen Staatsmann ein äusserst wichtiger politischer Factor.

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Aber es zeigt sich uns noch eine andere Seite der Betrachtung: der Geistliche ist nicht bloss Kirchendiener, Kirchenbeamter, sondern er ist auch Glied und Bürger des Staates. Seine staatsbürgerlichen Rechte wird man ihm nicht verkümmern wollen. Sicher nicht, sofern

1) Aug. de mor. Eccl. cathol, c. 1.

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