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hammer selbst, der ausdrücklich bemerkt, daß die Heren anfänglich die Frage, ob es Heren gäbe, meistens verneinten. Dies konnte sich natürlich nur auf die neue Form des Herenthums und demnach eben nur auf die Teufelsbuhlschaft beziehen.

Nider's Werk beweist uns vor allem, wie fertig diese Idee im Kreise der Inquisitoren schon vorlag, als die Herenprocesse ihren Anfang nahmen; und doch findet sich, wodurch die Sachlage noch viel verwirrter und complicierter wird, in den ersten unzweifelhaften Herenprocessen vor dem Herenhammer noch keine Spur von der Teufelsbuhlschaft. Unsere Auseinandersetzung über den Formicarius ist ja immerhin recht spißfindig; aber der Aberglaube ist einmal so form- und verstandlos, so verschwimmend und unangreifbar, daß es recht, recht mühsam ist, über irgend eine Frage, welche den Aberglauben betrifft, ins Klare zu kommen.

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Wir haben es in den neueren Zeiten mehrfach erlebt, daß eine neue Idee thierischer Magnetismus, Tischrücken, Spiritismus - einen neuen Aberglauben ins Leben gerufen hat. Bei den Herenverfolgungen ist nun freilich die schließlich herangebildete Verbindung der Ideen völlig neu, aber ein neuer Gedanke selbst hat streng genommen sie nicht eingeleitet. Ist es denn da wirklich nöthig oder möglich, überall einen Anfang des Herenwesens anzunehmen? In vielen Kreisen herrscht die Meinung, daß die Keherprocesse allmählich in Herenprocesse übergegangen sind, weil die Kirche das Laster der Zauberei als kezerisch hingestellt und verurtheilt habe; es ist ein verführerisch nahe liegender Gedanke, aber zugleich so abscheulich und unmenschlich, daß wir ihn schon deshalb verwerfen müssen. Wir dürfen doch nicht annehmen, daß die Inquisitoren einmal so große Lust bekommen hätten, die Menschen auf den Scheiterhaufen zu bringen, daß sie allein darum ihren früheren Wirkungskreis erweitert hätten! Wie jede neue Form des Aberglaubens durch eine neue Idee oder durch eine neue Thatfache oder Erfahrung hervorgerufen wird, so muß auch dem Herenwesen eine neue Idee oder ein Ereigniß zu Grunde liegen; sonst ließe sich nicht begreifen, wie die Herenprocesse eine so

unendlich weitere Verbreitung gefunden haben, als die Kezerverfolgungen.

Das erste Werk, das die Hererei in unserm Sinne des Wortes (bis auf die Teufelsbuhlschaft) kennt und von derselben Kunde giebt, ist das Flagellum hæreticorum, das Jacquier 1458 verfaßt hat. Er sagt darin nämlich ausdrücklich, daß die „neuentstandene Secte und Keßerei der Zauberer“ erst „modernis temporibus" hervorgetreten sei. Gerade dies Wort Secte ist für das Herenwesen und besonders für die Ansichten, die man darüber im Anfange unserer Periode hatte, sehr bezeichnend; es erklärt die Massenverfolgungen, mit denen überall die Herenprocesse eingeleitet sind. Was die Zeitbestimmung betrifft, so dürfen wir die Worte „modernis temporibus“ nicht anders, als völlig wörtlich nehmen. Soldan meint freilich den Anfang des Herenwesens etwa auf das Jahr 1350 hinabschieben zu können, indem er sich auf Bernhard von Como beruft, welcher schon vor 1500 schreibt: „Praedicata autem strigum secta pullulare coepit tantummodo a centum quinquaginta annis citra, ut apparet ex processibus inquisitorum antiquis, qui sunt in archivis inquisitionis nostrae Comensis." Diese Worte beziehen sich jedoch unzweifelhaft nicht auf Herenprocesse, die in Como nicht vor dem Jahre 1480 angestrengt sind, gleichzeitig und auf gleicher Grundlage mit dem Herenhammer. Der Verfaffer hat die Kezerverfolgungen im Sinne, bei denen die Anklage wegen buhlerischen Verkehrs mit dem Teufel eine Rolle gespielt hat. Wenn wir bedenken, 1) daß die Herenverfolgung, nachdem sie einmal eingeleitet war, ohne Unterbrechung fortdauern mußte, 2) daß die Inquisitoren nie gezaudert haben und ihrer Tendenz nach auch nicht zaudern durften, die Sache vom ersten Anfang an zu veröffentlichen, um die Heren aller Orten verfolgen zu lassen, 3) daß die Herenprocesse zweifellos gegen 1450 zuerst angestrengt sind; so folgt daraus mit unbedingter Sicherheit, daß überall die „Secte und Keßerei der Zauberer“, die Jacquier nennt, nicht lange vor 1450 ihren Ursprung genommen haben kann. Aber was war neu daran, wenn die Idee der Teufelsbuhlschaft noch fehlte? Wir wollen hier gleich

unsere Ansicht aussprechen: nicht eine Idee hat das Herenwesen geschaffen, sondern ein Ereigniß. Sehr beachtenswerth ist der Umstand, daß gleich unmittelbar nach Einleitung der Herenprocesse ein Gegner derselben auftrat und sie scharf verurtheilte, Wilhelm von Edelin, Prior von St. Germain; freilich verstanden die Inquisitoren die Kunst, ihn bald nicht allein zum Schweigen, sondern sogar zum Widerruf zu zwingen (1453).

§ 3. Die Verbreitung.

Also in Frankreich haben die Herenprocesse ihren Anfang genommen; jedoch scheinen dieselben auch gleichzeitig oder sehr bald nachher in Spanien in Scene gesetzt zu sein, wie das 1459 herausgegebene Fortalitium fidei des Alphons von Spina bezeugt. In den zuerst ergriffenen Theilen jener Länder dauerten die Herenprocesse fort und verbreiteten sich allmählich über eine Ortschaft nach der andern. Doch trat schon 1459 in Frankreich ein neuer Ansteckungsheerd auf; es wurden in Arras Heren gefunden und eine Massenverfolgung eingeleitet. Aber es zeigte sich hier, daß das durch die germanische Nachbarschaft stark beeinflußte und seinem Ursprung nach selbst größtentheils germanische Volk noch nicht hinreichend vorbereitet war, die Herenprocesse zu ertragen; die Herenrichter fanden so starken Widerstand, daß sie bald von der Verfolgung ablassen mußten.

Um 1480 werden zuerst Theile von Deutschland ergriffen und zwar im äußersten Süden und Westen. In der Bulle Innocens des VIII. werden als inficiert bezeichnet Theile von Oberdeutschland, die zu den Erzdiöcesen von Mainz, Cöln, Trier, Salzburg und Bremen gehören“; aber Bremen und das dazu gehörende Hildesheim besaßen auch am Rhein Güter, die ihnen den Wein lieferten, und man darf demnach aus jenen. Worten nicht etwa auf eine allgemeine Verbreitung schließen wollen. Wie in Arras, mußten auch hier die Herenrichter einen starken Widerstand des Volkes fürchten, um so mehr, da

die Processe gegen die Heren aus innerer Nothwendigkeit, wie später nachgewiesen werden soll, in der durch das römische Recht vorgeschriebenen Form geführt werden mußten, und dies römische Proceßverfahren war dem Volke ungemein verhaßt. Es riefen demnach die Inquisitoren das Papstthum zu ihrem Schuß und zu ihrer Hülfe an, das nur zu gern die Gelegenheit benußte, seine und seiner Geistlichkeit Machtsphäre zu erweitern. So sezte die Kirche ihre höchste Auctorität ein, um die Herenprocesse einzuführen, und Innocens VIII. übersandte den Inquisitoren die berühmte Bulle Summis desiderantes, in welcher der Glaube an die Zauberei mit dem höchsten Ernste anbefohlen wird: Si quis autem hoc attentare praesumpserit, indignationem omnipotentis Dei ac beatorum Petri et Pauli apostolorum ejus se noverit incursurum (1484).

Auf Auctorität dieser Bulle hin wurde 1487 von den Inquisitoren der berüchtigte Malleus maleficarum herausgegeben, der die Grundlagen, auf denen das Herenwesen beruht, in gewisser Hinsicht endgültig festsezte, indem er zuerst die Teufelsbuhlschaft einführt, ohne jedoch diese Idee so in den Mittelpunkt seines Systems zu stellen, wie es die späteren Herenrichter thaten. Daß er diesen für die Folge als Norm diente, daraus ist vielfach die fehlsame Meinung hervorgegangen, der Herenhammer habe überhaupt die Herenprocesse ins Leben gerufen und es seien dieselben demnach eine deutsche Erfindung. Das Ansehen und die Bedeutung dieses Werkes ist in einem andern Umstande begründet. Nach dem verunglückten Versuche zu Arras trat zum ersten Male die Herenverfolgung aus dem engern Kreis der Länder heraus, welche durch Keherverbrennungen auf die Herenbrände vollkommen vorbereitet waren; alle andern Länder bedurften einer gründlichen und ausführlichen Belehrung.

Es ist eine durchaus falsche Anschauung, die übrigens nichts desto weniger bis jezt sehr verbreitet ist, es sei durch den Herenhammer das Herenthum mit seinen Processen nun mit einem Male über ganz Deutschland ausgedehnt. Wir finden im Gegentheil, daß auch hier die Herenprocesse nur

langsam und allmählich sich verbreiten. Zuerst blieben die anfangs als ergriffen uns entgegentretenden Bezirke auf mehrere Jahre hin die einzigen, in denen Processe angestrengt werden. Dann werden die Südschweiz und Welschtirol von der Seuche erfaßt, dann Oestreich, gleichzeitig etwa auch Italien, wo in manchen Theilen die Inquisition großen Widerstand im Volke fand; in Como jedoch sind schon um 1480 Herenprocesse ge= führt. Inzwischen trat die Reformation ein und erfaßte die Gemüther mächtig. Es mag immerhin angenommen werden dürfen, daß die Macht der neuen Ideen und die überwältigende Wirkung der neuen Entdeckungen, die Hutten veranlaßten auszurufen: „ welche Lust in dieser großen Zeit zu leben“, groß genug waren, zunächst die Verbreitung des finstern Herenglaubens zu hemmen. Sicher ist, daß viele Jahre vergingen, ehe neue Landschaften in den Kreis der Herenprocesse hineingezogen wurden. Zuerst nach der Reformation nehmen die katholisch gebliebenen Länder Deutschlands dieselben auf; besonders wütheten sie von vorn herein entseßlich in den geistlichen Fürstenthümern, deren Bewohner größtentheils für den Protestantismus gewonnen waren und wo die Herenverfolgungen bald den Anschein gewinnen, als ob nur eine Kezerverfolgung durch sie bemäntelt werden sollte.

In das protestantische Deutschland sind die Herenprocesse nirgends vor dem Jahre 1560 eingedrungen. Es finden sich auch hier Processe wegen Zauberei und dergleichen häufiger in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, als früherhin, sei es wegen der Anregung, welche die in vielen Gegenden Deutschlands schon herrschenden Herenprocesse gaben, sei es, daß der vergrößerte Aberglaube und der stärker ins Volk eindringende Heren- und Teufelsglaube wirklich eine Vermehrung der wirklichen oder vermeintlichen zaubrischen Verbrechen veranlaßte. Wenn der Arzt und Geburtshelfer Viet in Hamburg wegen Anwendung von Zaubermitteln in seiner Kunst, wenn eine Frau wegen Vergrabung einer Hostie in einem Rübenacker, um dessen Fruchtbarkeit zu erhöhen,' verurtheilt wird, es sind dies nichts weniger, als eigentliche Herenprocesse im Sinne des Heren

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