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mehr Material, als ich vor 15 Jahren besaß, und hatte Furcht vor der zeit- und geisttödtenden Arbeit, die gedruckten, mehr noch die ungedruckten Akten der Herenprocesse durchzustudiren. Dies Material fand ich schließlich, bequem zusammengestellt in dem trefflichen und mühsamen Werk Soldan's: „Geschichte der Herenprocesse, neu bearbeitet von Dr. Heinrich Heppe", das ich deshalb, wie man ersieht, eifrig und fleißig benußt habe. Dies Werk hat zudem die grundlegenden Ideen, welche mitgewirkt haben die Herenprocesse hervorzurufen, so vollständig und so ausreichend dargelegt, daß jeder, der sich darüber unterrichten will, dasselbe studiren muß. Von andern Gesichtspunkten aus, aber ebenso gründlich und sorgfältig hat Roskoff's Geschichte des Teufels" diese Ideen entwickelt, ein Werk, dem ich gleichfalls viel Anregung verdanke, ebenso wie dem kleinen Werke des Dr. Carl Haas über die Herenprocesse. Das Werk von Wuttke: „Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart" ist mir nur in einer Ausgabe von 1862 in die Hände gekommen; in einer späteren Auflage hat er, wie ich aus Soldans Werk ersehe, Ansichten über den Herenproceß aufgestellt, die mit den meinigen in einigen Punkten übereinstimmen.

Ich habe mich bemüht, nicht allein möglichst allseitig, sondern auch möglichst ruhig das Thema zu behandeln, das nur allzusehr lockt, der sittlichen Entrüstung über die dabei zu Tage tretende Unmenschlichkeit und Grausamkeit Ausdruck zu geben. Die alterthümliche Orthographie da beizuhalten, wo Proceßakten oder ältere Schriftsteller wörtlich wiedergegeben werden, habe ich für unnüz gehalten.

Hannover, den 5. Juli 1882.

Dr. Ludw. Mejer.

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§ 1. Das Berent hum.

er Glaube an Heren ist uralt und ist zugleich, man möchte

sagen so selbstverständlich aus den materiellen und geistigen Verhältnissen des Menschenlebens hervorgewachsen, daß er fast zu allen Zeiten und in allen Ländern geherrscht hat und noch herrscht. Ursprünglich waren die Heren die der Heilkräuter und folglich auch der Giftpflanzen kundigen Weiber, wie der lateinische Name derselben venefica deutlicher, als der deutsche Name beweist. Auch die ältesten Griechen leiteten die Macht der Urhere Circe aus der Anwendung ihrer zaza páquaza ab, während diese Macht bei den spätern griechischen und thessalischen Heren ebenso wie bei ihren deutschen Schwestern weniger materiellen Ursprungs zu sein scheint. Denn wie neben den wirklichen Heilmitteln zur Bekämpfung der Krankheiten auch Besprechungen susurri magici und sogenannte Sympathien angewendet wurden, so glaubte man auch den Heren die Kraft zuschreiben zu müssen, nicht allein durch unheimliche Gifte, sondern auch durch andre, zaubrische Mittel die Menschen beschädigen zu können; beides zusammen machte die Zauberkunst der Heren aus. Der Glaube an diese Macht der Heren ist noch bis zum heutigen Tage vieler Orten im Volke vollkommen lebendig und wird auch sicher sobald nicht ausgerottet werden. Leider halten sich selbst die gebildeten Kreise nicht überall von einer Mitschuld in dieser Hinsicht frei; da wo man an die Wunderfraft von Besprechungen, Sympathien und Wunderdoctoren glaubt, muß auch der Glaube an Heren herrschen; denn wer anerkennt, daß abergläubische Mittel zu Heilzwecken dienen können, kann die Kraft derselben zu schädigen und krank zu

machen nicht leugnen wollen; und von hier bis zur gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfolgung einer Menschen oder Vieh krank zaubernden Here ist nur ein kleiner Schritt.

Während weder im Alterthum, noch in den spätern Zeiten der Volksglaube den Ursprung oder Urgrund der zaubrischen Kräfte sich weiter zu erklären sucht, sondern in naiver Weise den Sympathien und Besprechungen eine gewissermaßen unabhängige und selbstthätige Machtsphäre zuschreibt, konnte die Theologie im Mittelalter sich mit solch unwissenschaftlicher Ansicht nicht begnügen. Da die Theologen einiger Bibelstellen halber glaubten, daß die Zauberei etwas wirklich existirendes sei, gaben sie dem Teufel, den die Scholastik mehr und mehr wirksam und mächtig darstellte, die Schuld, der Ursprung und Urquell aller Zauberei zu sein; und so verstärkte in den folgenden Zeiten der Glaube an Hererei den Teufelsglauben und umgekehrt wieder der lettere den Glauben an Zauberei und Herenwesen.

Indem die kirchliche Wissenschaft und die Kirche hiernach consequenter Weise die Heren als Werkzeuge des Teufels hinstellten und in Folge davon die Zauberei völlig wie Keherei bestraft wissen wollten, blieb im Volke die alte gemüthliche Anschauung über das Wesen des Herenthums bestehen. Freilich waren die alten Weiber, die sich mit Zauberei abgaben oder die man in Verdacht hatte Heren zu sein, gemieden, weil man fie fürchtete, und demnach im allgemeinen von jedem Verkehr ausgeschlossen; aber ein todwürdiges Vergehen sah das Volk nicht darin, daß irgend eine Person eine Here war, falls sie nicht durch ein wirkliches oder vermeintliches Verbrechen den Tod verschuldete; ebenso wenig fanden sich allzuviel Menschen, die ihrerseits aus Gewissensscrupeln auf die altgewohnten Zaubermittel verzichten mochten, wenn es galt einen Dieb zu ermitteln oder eine Krankheit zu beschwören. Jene theologische Ansicht in Betreff der Zauberei gewann während des Mittelalters kaum Einfluß auf das Volk; selbst während der Periode der Herenprocesse war die Einwirkung derselben nur eine durchaus oberflächliche, die gänzlich wieder abhanden kam, sobald

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