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die Verurtheilungen und Verbrennungen der Heren aufhörten; man erkennt dies am deutlichsten aus dem Umstande, daß der Volksglaube, wo er noch nicht abgeklärt genug ist, die Zauberei ganz zu leugnen, heutigen Tages nirgends mehr in dem Teufel den Urheber des Herenwesens sucht. So kam es, daß selbst die Geistlichkeit während des Mittelalters nur in einzelnen wenigen Fällen Processe wegen Zauberei einleitete und zwar nur in den Ländern, in denen die Inquisition die Macht be= halten hatte, die Kezer zu verfolgen und zu bestrafen.

Da tritt gegen den Ausgang des Mittelalters hin mit einem Male eine furchtbare Verfolgung der Heren auf, die im Ganzen über dreihundert Jahre andauerte; wir haben diese Zeit als die Periode der Herenprocesse zum Gegenstand unserer Untersuchung gemacht. In diesem Namen der Herenprocesse müßte man freilich genau genommen alles zusammenfassen, was vom Anfang der Welt an und in allen Ländern in Sachen des Aberglaubens gegen den gesunden Menschenverstand gerichtlich verhandelt ist. Jedoch wollen wir mit diesem Namen nur diejenigen Processe bezeichnen, die auf Auctorität des Herenhammers oder vielmehr der ihm zu Grunde liegenden Ideen hin angestrengt sind, und in diesem Sinne haben wir den Titel dieser Schrift gewählt. Denn diese Processe unterscheiden sich nicht allein durch ihre Grausamkeit und übergroße Zahl, sondern auch durch andre Merkmale deutlich von allen vorhergehenden und nachfolgenden Herenprocessen, und es ist nothwendig, diese Merkmale zunächst festzustellen.

Der Herenhammer und die übrigen mit ihm auf gleichem Boden stehenden Werke übertragen auf die Personen, welchen sie das von ihnen neu aufgestellte Verbrechen zuschreiben, den uralten Namen „Heren“, und indem die Verfasser sich über die specifischen und trennenden Unterschiede ihres Aberglaubens von denen aller andern Zeiten selbst nicht klar geworden sind, haben sie verschuldet, daß auch jezt vielfach versäumt wird, die Here aus der Zeit der Herenprocesse von der Urform der Heren zu unterscheiden. Der Herenhammer beschuldigt natürlich auf Grund der theologischen Ansichten seiner Zeit die der Zauberei an

geschuldigten Personen, ihre Zaubermittel und ihre Unterweisung direct vom Teufel erhalten zu haben, mit welchem sie auf den im Volke längst feststehenden Ausfahrten zu den Herenversammlungen in persönlichem Umgang ständen; aber die Anschuldigung, die er hinzufügt, daß sämmtliche Heren dabei mit dem Teufel in ebenso unsittlichen, als unnatürlichen Verkehr träten, so leicht und einfach sie sich an die andern Anklagen anschloß, war vollständig neu und diese Beschuldigung giebt den Heren jener grausigen Periode ihr eigenstes Merkmal. Selbstverständlich war es kein völlig neuer Gedanke, daß Menschen Buhlschaft mit dem Teufel gesucht oder getrieben hätten; denn schon vorher war gegen manche Keßer dieselbe Anklage erhoben; und da den Theologen jener Zeit die Zauberci als eine Keßerei galt, so ist klar, daß den Verfassern der ersten Herenschriften gar nicht in den Sinn kommen konnte, daß sie eine neue Definition des Herenwesens gegeben hatten.

Es ist eine auffällige Erscheinung, daß die Herenverfolgung zu einer Zeit eingeleitet wurde, wo durch das Wiedererwachen der Wissenschaften und durch den Einfluß, den sie bald gewannen, eine neue Zeit, eine neue Cultur eingeführt wurde. Noch auffälliger wird dies uns erscheinen müssen, wenn wir erkennen, daß in den gebildeten Kreisen des Mittelalters, die unabhängig von der Geistlichkeit und der Theologie an den Fürstenhöfen und in den Großstädten entstanden waren, sich schon früh eine unerwartete Vorurtheilslosigkeit und Aufgeklärtheit dem Aberglauben gegenüber zeigt, die neben der Toleranz des Volkes darauf hinwirkte, daß im Mittelalter nur selten Heren angeklagt wurden. Es ist nicht zu leugnen, daß gerade das Wiedererwachen der Wissenschaften manches dazu beigetragen hat, den Aberglauben allgemeiner und intensiver zu machen. Die Bekanntschaft mit den Schriften der Alten übermittelte auch gleich den ganzen Wust des antiken Aberglaubens, der um so gefährlicher und eindringlicher wirkte, weil Keiner wagen mochte, irgend etwas, was aus dem klassischen Alterthum stammte, zu tadeln oder für unwahr auszugeben; so gewinnt von nun an die Alchemie, die Astrologie, der Glaube an die Macht der Alräunchen und

dgl. eine Ausdehnung, wie sie allgemeiner zu keiner Zeit vorher geherrscht hat.

Nicht ganz ohne Einfluß und Bedeutung war in der Periode, wo es fast als kezerisch galt, das nicht für vollberechtigt zu halten, was die Bücher des Alterthums überlieferten, auch der Umstand, daß aus der römischen Kaiserzeit allgemeine Geseze gegen Zauberei erhalten sind. In Beziehung auf allgemeine Herrschaft des Aberglaubens giebt es keine Periode der Weltgeschichte, welche so mit der Zeit der Herenprocesse verglichen werden könnte, wie die römische Kaiserzeit. Neben dem finstern Glauben an die Uebermacht der Dämonen ist es besonders der Niedergang der allgemeinen Bildung, der in beiden Perioden ein Ueberwuchern des Aberglaubens verschuldete. Die glänzenden Seiten jener Zeit des Wiedererwachens der Wissenschaften drängen sich ja zuerst dem Blick auf und werden darum in culturhistorischen Schriften meist allein hervorgehoben. Aber es waren nur verhältnißmäßig wenig Menschen, die der neuen Bildung theilhaftig wurden, und die Scheidung des Bildungsstandes, welche einen Zwiespalt in das Volk selbst zu bringen drohte, der unvermittelte Gegensatz zwischen denjenigen, die die klassische Bildung sich angeeignet hatten und sich die Gebildeten nannten, und dem übrigen Volke drückte sicher das allgemeine Niveau der Volksbildung herab. Als segensreiches Heilmittel gegen diesen Schaden schuf der Protestantismus die Volksschulen, durch deren Einfluß jener Zwiespalt allmählich ge= mindert und zum Theil ausgeglichen wurde. Doch waren dieselben noch auf lange Zeit hin durch Mangel an geeigneten Lehrkräften und in Folge der ungenügenden Ausstattung der Lehrerstellen von geringerer Wirkung.

§ 2. Der Anfang.

Um unsere Periode der Herenprocesse deutlicher zu kennzeichnen, wollen wir zuerst die Zeitverhältnisse genauer festzulegen suchen. Als unzweifelhaftes Factum müssen wir zunächst anerkennen, daß von ca. 1450 an in Frankreich und vielleicht gleichzeitig oder wenige Jahre später in Spanien die Herenprocesse unserer Periode ihren Anfang genommen haben. Es sind ja schon früherhin Processe wegen zaubrischer Beschädigung angestrengt; diese fehlen selbst im Alterthum nicht, aus welchem die gegen Apulejus erhobene Anklage besonders bekannt geworden ist; auf andren Grund hin ist 1430 die Jungfrau von Orleans beschuldigt, eine Here zu sein: dies sind nicht unsere Herenprocesse. Leider erwirkt der schon erwähnte unbequeme Umstand, daß für alle diese Fälle nur der eine Name der „Herenprocesse“ gebräuchlich ist, daß noch jezt vielfach die Schriftsteller über das Herenwesen alles in einen Topf werfen.

Die zeitgenössische Literatur beweist, daß auch der erste Anfang des Herenwesens nicht viel früher als c. 1450 zu setzen ist. Freilich ist Nider's Formicarius, eine gewöhnliche Beigabe des Herenhammers, schon um 1440 geschrieben und scheint sich im allgemeinen in Betreff seines Ideenkreises von dem Herenhammer wenig zu entfernen. Aber troß aller Verwandtschaft der Tendenz weist der Herenhammer selbst diesem Werke eine ganz andere Stellung an. Es heißt daselbst (II. Cap. 4): „In alten Zeiten wurde den Weibern gegen ihren Willen von den Incuben nachgestellt, wie dies von Nider in seinem Formicarius und in dem Buche „de universali bono" des Thomas Brabantinus gezeigt worden ist. Dagegen unterscheiden sich die modernen Heren dadurch, daß sie sich freiwillig der Unzucht mit dem Teufel hingeben“ (Uebersetzung von Roskoff). Auf diese auch anderweit wichtige Stelle müssen wir später noch einmal zurück

kommen.

Nider's Werk bezweckte, das, was Theologie, Scholastik und der an dieselben angeschlossene Aberglaube von der Buhlschaft des Teufels lehrten, dem deutschen Volke bekannt und

plausibel zu machen. Roskoff und Soldan weisen ebenso gründlich als erschöpfend nach, wie die Idee der Teufelsbuhlschaft, die man immerhin als die Mutter der Hexenprocesse bezeichnen kann, allmählich entstanden ist. Für unsere Zwecke genügt es zu bemerken, daß jene Idee von der Bibeleregese jener Zeit großgezogen ist. Es ist neben dem Buche Tobias besonders die verhängnißvolle Stelle Genesis 6, 2 nebst dem zu Erklärung derselben expreß verfaßten Buche Henoch, deren Auslegung zu jener grotesken Idee führten. Zur Bildung derselben trugen auch die griechischen Mythen von den Liebschaften des Zeus 2. einiges bei; den ersten Kirchenvätern galten die antiken Götter als wirklich bestehende Wesen, zunächst als Dämonen und später als Teufel und Teufelserscheinungen. Es mag demnach in den Ländern, in denen früher die römische und griechische Form des Heidenthums geherrscht hatte, dem Volke die Idee der Teufelsbuhlschaft etwas vertrauter geblieben sein; dem germanischen Europa war sie völlig fremd und fern. Als nun fernerhin die Kezer, um sie in den Augen des übrigen Volks abscheulicher und hassenswerther erscheinen zu lassen, beschuldigt wurden, mit dem Teufel Unzucht zu treiben, da waren es auch Frankreich, Spanien und einige Theile von Italien, in denen die Inquisition erhalten blieb und fortwährende Kezerverfolgungen ins Werk seßte; hier mochte also die Lehre von der Teufelsbuhlschaft leicht tiefer in das Volk eindringen. Sonach hatte Nider's Buch einen gewissen Sinn und eine gewisse Berechtigung; es wollte jene neuesten Ergebnisse der theologischen Forschung verbreiten und sie auch den Ländern bringen, in denen sie bisher unbekannt geblieben waren. Gelesen wurde es anfangs natürlich auch hier nur in den theologisch und scholastisch ge= bildeten Kreisen; dem Volke selbst ist es wenig bekannt geworden. Diesem war demnach auch dann die Idee der Teufelsbuhlschaft noch größtentheils unbekannt, als in Deutschland die Herenprocesse ihren Anfang nahmen. Dies beweist nicht allein der Spott und das Urtheil des Erasmus von Rotterdam, der das Herenwesen jener Zeit (1500) als ein „neuersonnenes Verbrechen“ bezeichnet, sondern noch schlagender der Heren

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