Sayfadaki görseller
PDF
ePub

die Annahme eines Rauschmittels erklären, da die Juden durch ihre Speisegeseze von dem gastlichen Verkehr mit anderen Menschen und in Folge davon von der Verführung, ein solches Mittel zu genießen, streng ausgeschlossen waren.

§ 16. Die Solaneen.

Die Heren waren, wie oben schon erwähnt ist, ursprünglich die der Giftkräuter kundigen Weiber. Die Gifte flößen dem Menschen, besonders dem ungebildeten, stets ein gewisses grausiges Interesse ein, das sie früher leicht mit den Dämonen und Teufeln in Verbindung brachte. Wenn auch zu dem Zweck, Menschen und Thiere zu beschädigen, alle möglichen Giftpflanzen angewandt sind, so waren es doch überall die Solaneen, an die sich am meisten und lebhaftesten jenes grausige Interesse anschloß und zwar in dem Maße, daß man behaupten kann, daß die eigentlichen Zauberkräuter stets Solaneen gewesen sind. Wenn wir aus den Berichten Berthold Seemann's über die Vitiinseln ersehen, daß die dortigen Einwohner nur zu dem Menschenfleisch das Kraut einer Pflanze, die Seemann darum Solanum Anthropophagorum nennt, zu essen pflegten, so möchte man vielleicht annehmen dürfen, daß schon das Aussehen der Solaneen einen nachhaltigen Eindruck auf den durch die Cultur nicht beeinflußten Menschengeist macht, auch ohne daß die Pflanze giftig zu sein braucht. Hängt hiermit oder mit der alten Furcht vor dem Gifte der Solaneen der hartnäckige Widerstand zusammen, der in den meisten Ländern der Einführung der Kartoffel sich entgegenstellte? Denn dazu giebt es kein Analogon in der Weltgeschichte.

Den ersten Rang unter den Zauberkräutern nimmt die Mandragora ein; sie wurde schon in den Urzeiten der Menschheit zu abergläubischen Zwecken benutt, besonders zur Be

reitung von Liebestränken; denn die Genesis 30, 14 ge= nannten Dudaim sind wohl zweifellos Mandragorapflanzen. Ihr Giftstoff wirkt nämlich entschieden stimulierend, besonders bei den Männern. Verbreitet ist das Gewächs über den östlichen Theil der Mittelmeerländer; im eigentlichen Griechenland ist es selten, nur Thessalien bringt es in größerer Menge hervor; und wenn das ganze Alterthum hindurch Thessalien durch seine Heren berühmt und bekannt war, so ist dies allein durch die Mandragora bewirkt. Wenn die alten Schriftsteller den thessalischen Heren auch eine große Menge von Kunststücken zutrauen, so war doch stets die Bereitung von Liebestränken der Mittelpunkt ihrer Thätigkeit:

Hic Thessala vendit

Philtra, quibus valeant mentem vexare mariti.
Invenal VI. 609.

Die Wurzeln der Mandragora haben oft eine gewisse rohe Aehnlichkeit mit der Menschengestalt; sie wurden deshalb für etwas göttliches oder dämonisches gehalten, und wurden demnach schon im Alterthum, in weit höherem Grade jedoch in der Blüthezeit des christlichen Aberglaubens, wohl schon von der Zeit der Kreuzzüge an, unter allerlei abergläubischen Ceremonien in vielen Häusern gehalten, weil man annahm, daß ihr Vorhandensein schon genüge, um Gedeihen, Glück und Geld in das Haus zu zaubern, das sie umschlösse.

In Mitteleuropa sind vier einheimische Solaneen, die entschieden giftig wirken, allgemeiner verbreitet: Hyoscyamus niger, Atropa Belladonna, Solanum nigrum und Dulcamara. Sie sind sämmtlich, wie man schon aus ihren deutschen Namen erkennt, von Alters her als Zaubermittel verwandt. Das eigent= liche Herenkraut ist das Bilsenkraut, das in dem deutschen Herenwesen dieselbe Rolle gespielt hat, wie die Mandragora in ihrer südöstlichen Heimath. Wie man sicher mit Recht diese Pflanze mit den Heren stets in die engste Verbindung gebracht hat, so hat man auch von jeher gern dieselbe als Hauptingredienz der Herensalbe angenommen; auch in den Recepten, welche uns die Herenperiode in Betreff dieser Salbe überliefert hat, fehlt

das Bilsenkraut selten. Und wirklich scheint manches dafür zu sprechen. Das Bilsengift ruft unter gewissen Bedingungen das eigenthümliche Gefühl hervor, das wir als „Fliegen“ zu deuten pflegen, und in schwerern Vergiftungsfällen wird das Gehirn so stark afficiert, daß sich die Befallenen wie wahnsinnig gebehrden; so vergleicht der Verfasser des Simplicissimus die Personen im höchsten Grade der Trunkenheit mit solchen, die Bilsensamen gegessen hätten. Doch zweierlei macht die Annahme, daß das Bilsenkraut das von uns angenommene Rauschmittel der Herenperiode geliefert habe, unwahrscheinlich. Erstens muß das Herenthum unserer Periode, das von dem der frühern Zeit specifisch verschieden ist, durch einen neuen Stoff hervorgerufen sein. Etwas neues muß denn doch vorausgesezt werden, um zu erklären, wie überall so überraschend plöglich das Herenwesen zum Vorschein kam; ein neuer Gedanke oder eine neue Ansicht der Richter und Geistlichen in jeder Ortschaft und jedem Lande, wo sich zuerst Heren fanden, darf unmöglich vorausgesezt werden; so bleibt nur die Annahme eines neuen Rauschmittels übrig. Daß aber das Bilsenkraut vor den Zeiten der Herenprocesse als Rauschmittel schon verwandt ist, das soll später nachgewiesen werden.

Der zweite Punkt, der der Annahme widerspricht, das Bilsenkraut sei das Rauschmittel der Herenperiode gewesen, erklärt zugleich, warum jenes für die Heren der früheren Zeiten angenommene Narcoticum nicht allgemeiner verbreitet, nie über einen kleinen Kreis von armseligen alten Weibern hinausgekommen ist. Der durch das Bilsengift hervorgerufene Rausch ist unlustig, denn es erwirkt rasch einen völlig ruhigen, traumlosen Schlaf; aus diesem Grunde verwenden die Aerzte dieses Mittel gern da, wo es sich darum handelt, einem Patienten Schlaf und Nervenruhe zu verschaffen. Aber ein solches Mittel ist nicht geeignet, sich rasch über größere Kreise zu verbreiten. Daß diese Wirkung auch im Volke längst bekannt war, beweist der in einigen Theilen von Deutschland gebräuchliche Namen „Schlafkraut.

Die Art der Provenienz von Hyoscyamus weist darauf hin, daß es bei uns nicht ursprünglich einheimisch ist. Die

Pflanze gehört zu den den Menschen folgenden Schuttpflanzen; man findet sie auf Schuttpläßen, verwilderten Gartenbeeten, in den Dorfstraßen, dagegen kaum jemals an solchen Stellen, die von den Wohnorten der Menschen weiter entfernt sind. Ein Theil dieser Schuttpflanzen ist offenbar nur zufällig von den Indogermanen mitgebracht, wie Xanthium und Ballota; ein Theil aber ist von Alters her zu Arznei- und Zaubermitteln benutt und sicher darum absichtlich angepflanzt, wie Conium maculatum, Artemisia Absinthium, Leonurus Cardiaca, Verbena officinalis; ob dies auch bei Chelidonium, bei Sisymbrium officinale und Sophia, bei den Chenopodien, besonders dem guten Heinrich geschehen ist, kann zweifelhaft sein. Sicherlich müssen wir schließen, daß das Bilsenkraut zu den absichtlich verbreiteten Pflanzen gehört und schließen daraus auf eine uralte und vielfältige Benutzung desselben.

Beschränkter ist das Vorkommen der Tollkirsche, die nur auf den bewaldeten Hügeln und Bergen der Kalkformation wild wächst. Daß auch diese Pflanze bisweilen zu unheimlichen Zwecken verwandt ist, beweist der Umstand, daß sie seit alter Zeit in Mecklenburg und Brandenburg in den Dörfern angepflanzt und Schuttpflanze geworden ist; wahrscheinlich haben sie die deutschen Colonisten mit in das Land gebracht. Sie führt in Mecklenburg den Namen Röwerint Rauberind aus welchem im Brandenburgischen Römerin geworden ist, das schon wegen des abnormen Tones nicht eine Uebersetzung von Belladonna sein kann, wie vielfach angenommen wird. Jener Name weist wohl darauf zurück, daß in Wirklichkeit oder in der Sage Räuber die Pflanze benutzt haben, um die Bewohner eines Hauses einzuschläfern, das sie ausrauben wollten.

In weit minderm Grade, als diese beiden Gewächse, haben unsere beiden Solanum-Arten, S. nigrum und S. dulcamara, den Character von Giftpflanzen. Beide Arten sind in ganz Mitteleuropa häufig und allgemein verbreitet; doch mit dem Unterschied, daß das Bittersüß eine ursprünglich bei uns einheimische Pflanze, der Nachtschatten jedoch als Schuttpflanze eins der von den Menschen absichtlich oder unabsichtlich mitgebrachten

Gewächse ist. Ihre Namen weisen darauf hin, daß sie gleichfalls zu abergläubischen oder boshaften Zwecken benußt sind. „Nachtschaden“ ist das deutsche Wort für Morbus maleficialis, die durch Zauberei erwirkte Krankheit. Solanum Dulcamara heißt gewöhnlich „Alpranken" oder „Marentaken", und das Volk brachte demnach die Pflanze in Beziehung zu dem Alp oder der Nachtmare, also zu dem Alpdrücken, das man in der Periode der Herenprocesse mit dem Herenwesen und mit dem Teufel in enge Beziehung brachte. So fagt der Verfasser der Rockenphilosophie zu einer Zeit, wo man sich zuerst an die Aufgabe wagte, den Aberglauben zu bekämpfen: „Das Alpdrucken aber an sich selbst will ich eben nicht anfechten; denn ich wohl glaube, daß nicht allein bei manchem das Geblüte eine Angst, Drücken und Phantasie erregen kann, sondern auch zuweilen der Teufel sein Spüknis und Anfechtung bei den Menschen anrichtet.“

§ 17. Der Stediapfel.

Datura Stramonium (Datura ist der indische Name des Stechapfels; Stramonium, hergenommen von dem italienischeu Stramonia, soll aus orgýzvy pavizý, Wahnsinn erregende Solanee, verderbt sein) ist, wie das Bilsenkraut, eine Schuttpflanze im ausgezeichnetsten Sinne des Wortes, und ist demnach in den lezten Jahren, wie dieses, sehr selten geworden, da ihr die größere Reinlichkeit und die allgemeinere Pflasterung der Dorfstraßen, sowie die allgemeinere und intensivere Benuhung aller vorhandenen Pläge zu Culturzwecken meist den Grund und Boden entzogen hat. Die Pflanze ist erst seit einigen Jahrhunderten in Europa einheimisch. Sie wird zuerst in den Kräuterbüchern aus den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts genannt, weshalb de Candolle Sohn und Schlechtendahl ihre Einwanderung nach Westeuropa erst seit jener Zeit datieren. Mit größerem Rechte, wie ich glaube, nehmen andere

[ocr errors]
« ÖncekiDevam »