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Forscher an, daß der Stechapfel von den Zigeunern mit nach Westeuropa gebracht ist. Denn jene Kräuterbücher bezeichnen den Stechapfel einfach als vorhanden, theils als wilde, theils als Gartenpflanze, und geben über seine Herkunft keine Nachricht, während wir über die Art, wie damals die Tulpen, Syringen, Roßkastanien und die anderen neuen Zierpflanzen in die Gärten gekommen sind, in den Kräuterbüchern genauere Auskunft finden. Dazu kommt noch folgendes. Der Stechapfel ist der ganzen Art seines Vorkommens nach anfangs zweifellos von den Menschen verbreitet und zwar absichtlich; denn er hat sich, troßdem daß verhältnißmäßig wenige und weit von einander entfernte Plähe sich zu seiner Aufnahme eignen, und troßdem daß seine Samen nicht so ausgestattet sind, daß Wind, Wasser, Thiere oder Menschen unabsichtlich sie leicht weiter tragen können, bald über ganz Europa verbreitet. Ferner, obwohl die Pflanze zweifellos aus dem Osten stammt, ohne daß man mit Sicherheit sagen kann, ob sie aus Turan oder aus Ostindien ursprünglich hergekommen ist, kam die Datura aus dem Westen Europas nach Nord- und Mitteldeutschland und zwar verhältnißmäßig spät. Alles dieses läßt sich leicht deuten, wenn wir annehmen, daß die Zigeuner den Stechapfel mitgebracht haben, und bleibt ohne diese Annahme völlig unerklärlich.

Die Zigeuner kamen unter der Regierung des Kaisers Sigismund gegen 1420 nach Deutschland, welches sie im allgemeinen rasch durchzogen. Zweierlei war es wohl, was sie lockte, rasch weiter nach Westen vorzudringen, die größere Wärme Frankreichs und Spaniens, die dem aus Indien stammenden und aus Mittelasien her zu uns einwandernden Volke besonders zusagte, und die Unsicherheit der politischen Verhältnisse in Frankreich. Es war die Zeit des erbittertsten Kampfes zwischen England und Frankreich, das Haus Valois stand in der größten Gefahr, die Herrschaft über das Land zu verlieren, und so war die Regierung damals äußerst schwach.

Hier in Frankreich schlossen sich die Zigeuner bald und leicht den vorhandenen Gauner-, Räuber- und Bettlerbanden

an; hier, wo sie sich wohler fühlten, als unter den geordnetern Verhältnissen Deutschlands, pflanzten sie bald den mitgebrachten Stechapfelsamen aus, um ein Rauschmittel aus der Pflanze zu bereiten. Noch jetzt ist ein solches aus Stechapfel bereitetes Narcoticum in vielen Gegenden Indiens im Gebrauche; früher war dies nachweislich in noch weit größerm Maße der Fall. Wie nahe es liegt, aus dem Stechapfel ein Rauschmittel zu bereiten, geht daraus hervor, daß verschiedenen Berichten nach auch die Indianer Amerikas aus den dort einheimischen DaturaArten (arborea, fastuosa, quercifolia, suaveolens 2c.) ein solches zu machen verstanden.

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Der berühmte Reisende Kämpfer, welcher im Anfange des vorigen Jahrhunderts den Orient und besonders Ostindien durchforscht hat, giebt uns über den Stechapfelrausch eine interessante und ausführliche Schilderung. Er wurde nebst 6 andern Europäern von den Banianen, Leuten aus der indischen Kaufmannskaste, in Gambron (Bender Abbas) in einem Garten, etwa eine Meile von der Stadt, gastlich bewirthet. Europäern wurde Wein vorgesezt; die Banianen dagegen, denen der Genuß des nicht von Indern hergestellten Weins verboten ist, nahmen statt dessen eine aus Stechapfelsamen und -blättern, Zucker und verschiedenen Gewürzen bereitete Latwerge zu sich. Kämpfer's Forschungsdrang veranlaßte ihn, das indische Rauschmittel an sich selbst zu probieren, und weil es ihm gut schmeckte, nahmen auch die übrigen Europäer bis auf einen, der schon früher dessen Wirkung erprobt hatte, an dem Genusse theil. Sie wurden darauf unbeschreiblich lustig, und Kämpfer versichert, daß er in seinem Leben niemals so aufgeräumt und fröhlich gewesen sei, als damals. Sie redeten wenig, umarmten sich oft und lachten einander an. Nach der Mahlzeit ritten sie nach der Stadt zurück, wobei sie das Gefühl hatten, als ob sie durch die Luft flögen; sie sahen überall um sich herum Regenbögen und die schönsten Farben. Als sie nach Hause kamen, hatten sie einen ungemeinen Hunger, aßen, was sie vorfanden, und alles schmeckte ihnen so vortrefflich, daß es ihnen vorkam, als wenn sie an der kostbarsten Tafel

fäßen. Nachdem sie ausgeschlafen hatten, fühlten sie sich des andern Tages ohne die geringste Beschwerung, vollständig leicht und wohl, und konnten sich auch an ihre Fröhlichkeit und alles, was mit ihnen vorgegangen war, vollständig erinnern.

Wir haben freilich keine directe Nachricht darüber, daß die Zigeuner dies aus Stechapfel bereitete Rauschmittel gekannt haben, und jezt haben dieselben schon seit langer Zeit Tabak, Wein und Branntwein angenommen, die bequemer zu haben und in ihrer Wirkung sicherer sind, weshalb sie überall leicht das aus der Datura bereitete Rauschmittel verdrängen konnten. Aber der Indicienbeweis ist zwingend und unwiderlegbar. Nur die Zigeuner können den Stechapfel aus Asien mitgebracht haben; denn niemand ist im Stande, auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit eine andere Art anzugeben, wie er nach Europa gekommen ist. Wenn also die Zigeuner den Stechapfel mitgebracht haben, muß doch ein Grund vorhanden gewesen sein, weshalb sie den Samen der Pflanze mit sich führten; denn daß sie denselben zufällig mitgebracht hätten, wie die Kosacken 1813 auf ihrem Wege durch Süddeutschland einige Pflanzen ausgesäet haben — und diese haben sich nicht wesentlich über die ursprünglich inficierten Pläße hinaus weiter verbreitet, ist sowohl durch die äußere Beschaffenheit, als durch die Giftigkeit der Samen ausgeschlossen. Da die Zigeuner ursprünglich aus Indien stammen, konnten sie leicht von dort die daselbst seit uralten Zeiten bekannte Methode, aus dem Stechapfel ein Rauschmittel zu bereiten, mit auf den Weg genommen haben. Als der erste Haufen in ein Land fam, wo der Stechapfel fehlte, veranlaßte die Kunde von diesem Umstande, daß sie auf ihrem Vormarsche gegen den Westen mehr Samen mit sich führten, als sie zur Bereitung des Rauschmittels bedurften. Dies billige und bequeme Rauschmittel fonnte bei dem intimen Verkehr, in welchen von vorn herein die Gauner und Bettler zu den Zigeunern traten, leicht in die Kreise der einheimischen Bevölkerung gelangen und wurde selbst in dem reichen Weinlande Frankreich, in welchem zweifellos eben die Billigkeit des Weines unter den später wohlgeordneten

politischen Verhältnissen früher, als in andern Ländern, dem Herenwesen ein Ende machte, gern und rasch aufgenommen. Es herrschten damals Jammer, Noth und Elend in stärkerm Maße in Frankreich, als zu irgend einer andern Zeit. Nachdem der entsetzliche und verheerende Krieg beendet war, durchzogen neben allem dem andern Gesindel große Banden gardender Landsknechte das Land. Vergebens machte man den Versuch, den Schwarm der „Armagnacs“ nach der Schweiz zu führen; die Schlacht bei St. Jacob trieb denselben wieder nach Frankreich zurück. Erst der rücksichtslosen und grausamen Energie Ludwigs XI. gelang es, das Land einigermaßen zu säubern.

§ 18. Erklärung der Erscheinungen des
Berenwefens.

So wurde das aus dem Stechapfel bereitete Rauschmittel, das zuerst Armuth und Elend, späterhin vor allem das durch Sitte und Brauch vom Genusse der Spirituosen mehr ausgeschlossene weibliche Geschlecht aufnahm, die Ursache des Herenwesens und der Herenprocesse. So viel ich weiß, bin ich der erste gewesen, der diese Ansicht ernstlich ausgesprochen hat, indem ich dieselbe schon 1867 in einer in den Westermann'schen Monatsheften erschienenen Abhandlung dargelegt habe. Soldan erhebt (II. 370) gegen diese Hypothese (wie sie von Wuttke aufgestellt ist) einen seltsamen Einwand: „So scharf auch die Angeklagten auf der Folter nach Mitschuldigen und nach denen gefragt wurden, von welchen sie das Heren gelernt und ihre angeblichen Salben erhalten hätten, so werden doch von den Gepeinigten ebenso wenig Zigeunerweiber, als Judenweiber ge= nannt." Dagegen ist zu bemerken, 1) daß uns von den allerältesten Herenprocessen keine ausführlichen Protocolle vorliegen, und von ihnen überhaupt so spärliche Nachrichten überliefert sind, daß wir gar nicht wissen können, ob nicht damals wirklich

Fälle von directer Verführung durch die Zigeuner constatiert sind; und 2) wenn wir wissen, daß schon vor 1430 das Rauschmittel in Frankreich bereitet wurde, wie viele Generationen von Verführten sind da bis 1450 möglich gewesen, von denen die lezten gar nichts mehr von den Zigeunern wissen konnten! Den spätern Heren gegenüber ist dieser Einwand erst recht hinfällig; denn wenn das Rauschmittel einmal bekannt war, so konnte in den christlichen Kreisen die weitere Ver breitung desselben auch ohne Hülfe der Zigeuner vor sich gehen, so gut, wie bei uns einer vom andern das Rauchen lernt und keiner dazu mehr eines indianischen Lehrmeisters bedarf.

Denn die Bereitung des Rauschmittels war gewiß sehr einfach. Zucker und feine Gewürze haben die Zigeuner nicht verwandt. Diejenigen Personen, welche wußten, daß der Stechapfel die Hauptsache war, nahmen wohl nach Belieben Zuthaten, um den Trank angenehmer und schmackhafter zu machen. (Vielleicht auch das Marrubium peregrinnm L.) Doch ist der Stechapfel auch oft in Substanz ohne besondere Zubereitung gebraucht. So kann man annehmen, daß in dem in § 15 erwähnten Falle Stechapfelsamen direct in Anwendung gekommen sei, den die dumme und unerfahrene Bauernmagd für bittere Mandeln hielt; auch wird wohl die Pensionärin der Bourignon dergleichen Stechapfelsamen oder das Kraut roh genossen haben.

Der gewichtigste Einwand, der gegen unsere Hypothese erhoben werden kann, ist der: wir ersehen, daß recht viele Pflanzen, Papaver somniferum, Cannabis sativa, Piper methysticum, Agaricus muscarius 2c., Rauschmittel liefern, die von Menschen verschiedener Bildungsstufen, selbst von sehr wenig cultivierten Völkern gebraucht werden. Aber kein noch so barbarisches Volk hat jemals die Erscheinungen, welche der Rausch hervorruft, abergläubisch gedeutet; überall verwendet man unbefangen das Rauschmittel, und wenn auch oft diejenigen getadelt werden, die es genießen, zumal öfter und im Uebermaß, nirgends finden wir, daß der Genuß durch eine so strenge Strafe geahnt wird, wie in unserm Falle. Das Verbot des Tabaks aus nationalökonomischen und religiösen Bedenken

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