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Fer 1630.14

Walker fund

Alle Rechte vorbehalten.

Hominum more fieri scio, ut cum omnibus in rebus, tum praecipe in studiis semper offendat Erasmus von Rotterdam.

novitas

Vorwort.

Welche Ursachen die Reformation des 16. Jahrhunderts heraufgeführt haben und welche Veränderungen durch sie herbeigeführt worden sind, läßt sich sicher und vollständig nur beurteilen bei genauer Kenntnis der ihr vorangegangenen Jahrhunderte, der Lehren und Gebräuche, welche die alte Kirche allmählich den Völkern auferlegt hat, wie auch der äußeren Machtmittel, mit welchen sie dies durchzusetzen vermochte. Diese Kenntnis ist unter den heutigen Anhängern des Papsttums gar nicht anzutreffen, weil sie nur eine Kirche vor sich sehen, die, dem staatlichen Zwang gehorchend, ein gar friedliches Gesicht zeigt und der kirchlich beeinflußte Geschichts-Unterricht an Schulen und Universitäten alles Ungünstige zu verdecken weis; aber auch die meisten Protestanten befinden sich ausweislich der täglichen Erfahrung in ziemlichem Dunkel, zum Teil aus dem Grunde, weil die für sie bestimmten Darstellungen Vorkenntnisse voraussetzen, die die Ungelehrten nicht besitzen. Dem Zwecke, auch weiteren Kreisen die Möglichkeit zu verschaffen, sich genauer zu unterrichten, ist das vorliegende Buch in seiner Anlage und Fassung angepaßt.

Es zeigt, wie die römischen Päpste, nachdem sie in Jahrhunderte langem Kampfe durch die Schlechtigkeit der Menschen und die Kurzsichtigkeit der Fürsten in allen Ländern die Staatsgewalt unter ihre Füße gebracht hatten, dazu übergingen, sich und alle Priester für „Götter“ zu erklären, durch viele kluge Erfindungen die Seelen der Christen in Fesseln zu schlagen und alle, welche noch wagten, andere Ansichten zu haben und sich dem Priesterzwang zu entziehen, mit Feuer und Schwert unbarmherzig zu vernichten, letzteres mit Hilfe der neugeschaffenen Mönchsorden und unter Benutzung des Pöbels oder gewissenloser weltlicher Fürsten. Wie trotz alledem die evangelischen Brüder oder Waldenser, „die schlimmsten Feinde des Papsttums", wie sie Pius II. mit Recht nennen konnte, unter der Gunst politischer Verhältnisse zu wiederholten Malen offen ihr Haupt erheben konnten und auch in Zeiten schlimmster Verfolgungen im Geheimen fortdauerten, ist unter Benutzung der zahlreichen neueren urkundlichen Aufschlüsse mit besonderer Genauigkeit dargelegt, und nachgewiesen, in welch engem Zusammenhang die Reform-Bewegungen in England zur Zeit Wyklifs und in Böhmen zur Zeit von Johann Hus und nach ihm mit den Lehren der Brüder gestanden haben.

Die Bedeutung der s. g. Reform-Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel und die Ursachen ihres gänzlichen Mißerfolgs werden ausführlich gewürdigt, unter Hervorhebung der Tatsache zugleich, daß diese Konzilien ihr Gedächtnis durch abscheuliche Beschlüsse gegen die Häretiker für alle Zeiten selbst gebrandmarkt haben. Die letzten Abschnitte sind der Schilderung der geistigen Strömungen gewidmet, welche die Gemüter der Menschen für die Reformation empfänglich machten, und der Schilderung der politischen Zustände und Ereignisse, welche in zunehmendem Maße die äußere Macht des Papsttums lähmten. Es war hierbei auf die große Verbreitung der gedruckten deutschen Bibeln seit 1466, auf das Aufblühen aller Wissenschaften, die Begründung zweier der päpstlichen Vormundschaft nahezu entwachsener Universitäten,

Tübingen und Wittenberg, auf die merkwürdigen Entwicklungen innerhalb eines Teils des Augustiner-Ordens, auf die Schriften des Erasmus von Rotterdam und mehrere andere einflußreiche Tatsachen des näheren einzugehen; auf der andern Seite galt es zu zeigen, daß die Verfeindung zwischen Papsttum und Kaisertum unter der späteren Regierung Kaiser Friedrichs III. und Maximilians I. die Möglichkeit zu freierer GedankenÄußerung schuf, wie sie seit langem nicht mehr bestanden hatte.

Die Beleuchtung wichtiger Teile der deutschen Reichsverfassung, sowie der Verfassungs-Verhältnisse einzelner deutscher Länder, namentlich Böhmens, Österreichs, Bayerns, der Rheinpfalz, Württembergs, Brandenburgs, Kursachsens, der burgundischen Niederlande, sowie der geistlichen Fürstentümer Mainz, Köln und Magdeburg ist aufgenommen nicht bloß zum Verständnis von Vorgängen im 15. Jahrhundert, sondern auch, um im Voraus den Leser mit Dingen bekannt zu machen, die er kennen muß, um die Ereignisse seit 1517 sofort leichter zu verstehen. Ich hoffe, daß man in diesen Schilderungen die Feder eines ergrauten Rechtshistorikers erkennen, auch im übrigen nicht in Abrede ziehen wird, daß sich aus dem Buche genug des Wichtigen und Neuen bequem lernen läßt; zu denen, die alles wissen, rechne ich mich nicht.

Tübingen, 3. Juli 1903.

Friedrich Thudichum.

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