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II. Das Schicksal der Fremben in einem Staate hångt stets von der Beschaffenheit der Staatsverfassung und Regierung und der diese bedingenden Culturstufe des Volkes ab, und ist daher auch nach diesen Gründen, wie diese selbst, veränderlich. Es ist hier der Ort nicht, nachzuweisen, wie durch das feindliche Zusammentreffen verschiedener Völker durch Kriege die Sklaverei entstand, indem die Sieger die Besiegten diesem harten Loose unterwarfen, sie, gleich den erbeuteten Sachen, zu ihrem Nuhen verwendeten und wie eine Art von Hausthieren behandelten; wie die Sklaverei, einmal in's Leben eingeführt, immer weiter um sich griff; wie man dieselbe, ein die Menschenwürde verhöhnendes Unrecht, sogar in ein Rechtssystem brachte; wie sie noch in unserer Zeit Vertheidiger fand und selbst durch das Christenthum, dessen hohe Idee freilich noch nirgends ganz begriffen worden ist, bis jest noch nicht völlig verbannt werden konnte. Denn hier soll nur von der Behandlung der einzelnen Fremden unter friedlichen Verhältnissen die Rede sein, wobei natürlich mehr auf den staats, als privatrechtlichen Gesichtspunct Rücksicht zu nehmen ist.

A. Je roher ein Volk ist, desto hårter ist auch im Allgemeinen das Schicksal des Fremden, der die Wohnplåge desselben betritt. Wie ein Kind durch alles Unbekannte aufgeschreckt und mißtrauisch gegen den Fremden, der vielleicht als Kundschafter eines fremden Volkes kommt, wird es denselben in der Regel als einen Feind um so mehr behandeln, als es den Umfang feiner Befugnisse nicht nach Rechtsprincipien, sondern nach seiner Gewalt bemißt, in der Begrenzung des Könnens auch allein die Grenzen des Dürfens erblickt. Denn die Völker auf dieser Culturstufe haben eine durchaus egoistische Richtung und ihre eigenen Volksgottheiten, die natürlich die Welt nur für sie geschaffen, nur sie zu schüßen und nur für sie einen Himmel in Bereitschaft haben, und die es mit Wohlgefallen aufnehmen, wenn ihnen Feinde zum Opfer gebracht werden. Steht bei einem solchen Volke noch überdies eine Priesterkaste an der Spise, welche die Gunst der Götter nach den Standesclassen unabånderlich abmißt, so wird den Fremden, die natürlich, als zu keinem Stande des Volkes gehörig, gar keinen Schuß finden können, der Eintritt in das Land schon aus Politik von der Priesterschaft erschwert oder völlig untersagt werden. Jeder Fremde muß für einen Feind der Götter und somit auch des auserwählten Volkes um so mehr erklärt werden, als solche Fremdlinge leicht durch Verbreitung anderer Ansichten der Priesterschaft das einträgliche Spiel verderben, dem Einflusse und der Herrschaft derselben schaden könnten. So ist z. B. in Japan und China jedem Fremden der Eintritt bei Todesstrafe untersagt. Rohe Völker sind indessen wieder von einem tieferen moralischen Gefühle geleitet, und daher für innige Gastfreundschaft weit mehr empfänglich, als intellectuell berech nende Völker. So z. B. wird die Gastfreundschaft von den Bewohnern der Wüsten Arabiens noch jezt in einer Weise, wie kaum bei irgend einem hochcivilisirten Volke, ausgeübt. Der einkehrende Fremde

wird von dem Gastwirthe brüderlich empfangen und mit dem Besten, was das Haus zu spenden vermag, bewirthet. Er kann bleiben, so lange er will, und ist der Vorrath an Lebensmitteln aufgezehrt, so führt der Wirth den Gast bei irgend einem Nachbar ein, der sodann Beide mit gleicher Freigebigkeit und Freundlichkeit bewirthet. In dhn's licher Weise haben die Eircassier die höchste Achtung gegen das Eigenthum und Leben des Fremden. Sie sind bereit, beides mit ihrem eigenen Blute zu vertheidigen, sobald nur der Fremde es nicht versäumt hat, seine Person sogleich nach seiner Ankunft unter den Schuß eines Häuptlings (Konak) zu stellen; denn außerdem wird er als Feind angesehen und behandelt 9). Auch bei den alten Deutschen war die Lage des Fremden in der Regel ungünstig, wenn er nicht den Schuß eines Einheimischen erworben hatte. Diese ungünstige Lage war jez doch nicht die Folge des deutschen Charakters, als wäre dieser besonders menschenfeindlicher Art gewesen, sondern das natürliche Ergebniß der Volksverfassung; denn die Deutschen waren, selbst nach dem Zeugnisse der Römer 10), gastfreundlicher als irgend ein anderes Volk. Einem Menschen die Herberge versagen, wurde für Unrecht gehalten. Ein Jeder bewirthete seinen Gast, nach, Vermögen. Fehlte es hieran, fo wurde der bisherige Gastwirth selbst Wegweiser und Gefährte; unge. laben gingen Beide (wie bei den Arabern) in das nächste Nachbarhaus, in welchem Beide, sie mochten bekannt oder unbekannt sein, mit der größten Freundlichkeit aufgenommen und bewirthet wurden. Dem Abziehenden wurde gern das von ihm Verlangte als Geschenk gegeben, was man ihm nicht einmal hoch anrechnete. Diese Sitte der Gasts freundschaft wurde später, als man die Volksrechte aufzeichnete, in diesen sogar ausdrücklich sanctionirt 11); jedoch behielt man keinen Gast gern über drei Nächte 12). Der Grund hiervon lag indessen nicht in dem Mangel an der Dauer der gastfreundlichen Gesinnung, sondern in der Volksverfassung. Diese bestand nämlich bei Volksstämmen ohne bleibende Fürstengewalt in der Gesammtbürgschaft aller freien Grundeigenthümer, die sich gegenseitig Leben, Ehre, Familie, Eigenthum und Frieden verbürgten. Dieselbe Verbürgung trat auch bei Völkern mit Fürstengewalt ein, von welcher zur Zeit der fränkischen Herrschaft, nachdem auch die Sachsen im ersten dreißigjährigen Kampfe für vaterländische Verfassung und Religion unterlegen waren, kein Stamm mehr frei blieb. Nur war hier der Fürst oder König der oberste Schuß und Schirmherr der Genossenschaft und des Friedens. Wer nun nicht Mitglied der Gesammtbürgschaft oder der Rechtsgenossen= schaft war, oder nicht zur Familie eines solchen Genossen gehörte oder

9) E. Spenser, travels in Circassia (II, Vol. London, 1837) im I. Bd. 10) Caes. de bell. Gall. L. VI. c. 21. Ta c. de mor. Germ. c. 21. 11) L. Burg. 38, 1. M. s. Grimm a. a. D. S. 399 flg. 12),, Ein dreitägiger Gaft ist Jedermann zur Last." Phillips, Gesch. des angels. R. S. 108.

Grimm S. 400

den besonderen Schuß eines solchen erlangt hatte, war natürlich recht: und schußlos; er war nicht gewährt. Da die Genossenschaft nur ihren Gliedern Recht wies, nur diese als Parteien und Zeugen auftreten konnten, nur diese eine gewährte Schäßung (Wehrgeld) hatten, so konnte ein Fremder beraubt, selbst getödtet werden, ohne daß er oder die Seinigen ein Mittel hatten, sich Recht zu verschaffen. Der Thȧter blieb daher auch ganz straflos. Wurde dagegen ein Fremder als Gast oder Schüßling von einem freien Gemeindegenoffen aufgenom= men, so genoß er denselben Schuß, wie die übrigen Familienglieder seines Schußherrn, der ihn vor der Gemeinde vertrat und ihn zu råchen hatte, wenn er verlegt worden war. Beging dagegen der als Gast aufgenommene Fremde gegen einen Gemeindegenossen oder dessen Familie ein Unrecht, so haftete der Gastwirth dafür nur, wenn er ihn bereits drei Nächte beherbergt hatte, weil ein dreitägiger Gast rechtlich für ein Familienglied gehalten wurde 13). Hierin lag eben das Lástige eines dreitägigen Gastes, den man daher lieber am dritten Tage zu einem Freunde brachte, um dieser Last zu entgehen. Wurde ein Gastwirth beschuldigt, mit der von seinem zweitågigen Gaste begange= nen Rechtsverlegung einverstanden zu sein, so hatte er für diese nur zu haften, wenn er sich nicht mit zwei Nachbaren zu reinigen vermochte 14). Der Grund von dieser Rechtlosigkeit der Fremden, welche nicht die Gemeindegenossenschaft gewonnen oder den Schuß eines Herrn erlangt hatten, lag demnach darin, weil, wie man sich auszudrücken pflegt 15), das Recht persönlich war. Es gab nämlich damals noch kein Land- oder Territorialrecht, durch welches Jeder, der das Land betreten, geschüßt gewesen wäre, sondern nur Volks- und Ge= noffenschaftsrecht, welches nur vom Volke, von der Genoffenschaft ausging, nur für die Genossen verbindlich war und nur von diesen für die Angehörigen der Genossenschaft gewiesen und gehandhabt wurde. Das Volksrecht war zwar auch in so fern Landrecht, als es allerdings auch den Boden beherrschte, allein das Volk war, da es gewöhnlich aus ungemischten Stammgenossen bestand und keinen Herrn des Bodens über sich hatte, noch nicht unter die Herrschaft des Bo= dens und des Herrn desselben herabgesunken, sondern selbst der unbe: schränkte Beherrscher des Landes. Wer daher nicht zur Genossenschaft gehörte, den konnte das Recht der Gemeinde weder berechtigen noch verpflichten, der konnte auch an dem nur für die Genossenschaft vorhandenen Boden kein Recht erlangen, wenn er nicht zuvor in diese aufgenommen wurde. Jeder Volksstamm hatte hiernach sein eigenes

13) Leg. Edow. Conf. c. 27. Phillips a. a. D. G. 108. Grimm G. 400. Der Gastwirth konnte sich von der Haftungspflicht befreien, wenn er den Gast vor Gericht stellte. Leg. Loth. et Eadr. c. 15.

14) Leg. Edow. Conf. c. 27.

15) M. f. Eichhorn,' Rechtsgesch. §. 46. v. Savigny a. a. D. I. $.90 flg.

Volks oder Genossenschaftsrecht, welches nicht der zufällig bewohnten Lande anklebte, sondern das rechtliche Bindungsmittel der Genos= senschaft selbst war, und daher mit dem Volke auf jeden Boden, den dieses zum Wohnsige wählte, überging und denselben ergriff. Welchem Volke Jemand angehörte, wurde zwar der Regel nach durch die Geburt bestimmt, es kam aber gewiß schon in den ältesten Zeiten nicht selten vor, daß stammverwandte Genossen bei einem anderen Volke, als dem sie durch ihre Geburt angehörten, Genossenschaftsrecht ge= wannen und so z. B. Bajuvarier, Franken u. s. w. wurden 16). Sie konnten jedoch immer wieder zur alten Genossenschaft zurückkehren, was aber, wenn sie als Activbürger in dieselbe wieder eintreten wollten, nur durch Erwerbung von Grundeigenthum oder wenigstens durch Erlangung des Rechts der Theilnahme an den Gemeindenuşungen (Almende) geschehen konnte. Denn ohne ein territoriales Element war kein Vollbürgerrecht möglich, und in fo fern lag der Keim des nachherigen Territorialprincips schon in der ältesten germanischen Volksverfassung. Wenn nun ein Deutscher sich von seinem Gau in einen anderen begab, so nahm er das Recht seines Volkes in diesen mit; er trat in diesem unter seinem Volksnamen auf und lebte auch hier nach seinem Volksrechte, welches von seiner Person gleichsam unzertrennlich war. Hierin bestand die Persönlichkeit der Rechte im Gegensaße der Territos rialität derselben, nach welcher das im Lande geltende Recht Jeden ergreift, der das Land betritt, und nun nach diesem Rechte leben muß, welcher Genossenschaft er auch sonst angehören mag. Daß dieses Sy stem der persönlichen Rechte schon vor den Eroberungen der Deutschen auf römischen Boden in Anwendung gewesen sei, läßt sich nicht erweis fen 17). Das Gegentheil ist wahrscheinlicher, weil einmal dasselbe da, wo nur Einzelne sich als Reisende in einen anderen Gau verfügten, überhaupt nicht anwendbar war, da in dem fremden Gau Niemand vorhanden war, der, im Falle eines Rechtsstreites, des Rechts des Reisenden kundig und sohin im Stande gewesen wäre, daffelbe zu weisen, weil sodann, wenn Mehrere einen fremden Gau bezogen, um da wohnen zu bleiben, es nach den deutschen Begriffen weit wahrscheinlicher zu sein scheint, daß sie in die Volksgenossenschaft aufgenommen wurden; weil ferner die Nothwendigkeit der Coeristenz mehrerer Rechte auf demselben Landesbezirke erst dadurch entstehen konnte, daß ein deutscher Volksstamm sich auf fremden Boden, deren Bewohner nach ihrem eige nen Rechte lebten, niederließ, indem er den Besiegten ihr bisheriges Recht lassen mußte, wenn er dieselben nicht in seine des Siegers Genossenschaft aufnehmen oder gar selbst das Recht der Besiegten annehmen wollte, und weil endlich das Einwandern in größeren Massen, und so die Vermischung der Nationen erst durch die Erobe

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16) M. f. L. Sal. 44, 1. u. 48, 2.

17) v. Savigny a. a. D. Grimm . 398.

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rungen möglich wurde. Dieses System der persönlichen Rechte galt daher in allen germanischen Staaten auf römischen Boden, und zwar zuerst so, daß das römische Recht neben dem Rechte des siegenden Stammes bestand, nach welchem leßtern auch die sich niederlassenden Deutschen, die nicht von einem zum Reiche gehörigen Volksstamme waren, leben mußten, wenn ihnen nicht durch die Gnade des Königs gestattet wurde, nach ihrem eigenen Volksrechte zu le= ben 18). Breitete aber das siegende Volk seine Herrschaft aus und unterwarf sich auch andere deutsche Stämme, so wurde auch das Recht des unterworfenen Stammes im ganzen Reiche für die Genossen desselben gültig, galt aber auch in jedem Lande, das dem Reiche unterworfen wurde, jedes in diesem bisher geltende Recht 19). Hieraus erhellet, daß die Persönlichkeit der Rechte zunächst blos für die Ein: wanderungen und Niederlassungen von Wichtigkeit war, für einzelne Reisende aber nur in so fern Bedeutsamkeit hatte, als sie ein Land betraten, in welchem bereits Landsleute nach dem eigenen Volksrechte lebten, an dem sie nun auch während ihres Aufenthaltes Antheil nahmen, oder überhaupt in einem Theile des Reiches Volksrecht hatten, in welchem Falle sie überall, ohne eines besondern Schußherrn zu bedürfen, volle Rechtsfähigkeit genossen. Die Uebrigen hatten aber auch noch zur Zeit des fränkischen Reiches einen besondern Schuß nothig, wenn sie nicht rechtslos sein wollten. Diesen gewährte allen Fremden, die keinen besondern Bürgen und Schuhherrn gewählt hatten, der König, welcher dafür auch das Wehrgeld derselben, wenn sie getödtet wurden, erhielt 20). Auf diese Weise entwickelte sich_bald die Ansicht, daß der König der oberste Bürge und Schüßer der Gäste oder Fremden sei. Ob die Fremden durch diese Schußherrlichkeit auch den vogteilichen Pflichten unterworfen worden seien, ist zwar so ausgemacht nicht 21), aber doch wahrscheinlich, weil überhaupt nicht wohl anzunehmen ist, daß der Schuß, vermöge dessen der König den Fremden bei Rechtsverlegungen zu vertreten hatte, ohne Gegenpflicht ertheilt worden sei, und selbst das Wehrgeld ohne Vogteipflichtigkeit nicht wohl hätte in Anspruch genommen werden können.

B. Die persönlichen Rechte gingen allmålig unter, indem die Volksstämme selbst, worauf sich jene bezogen, als solche verschwanden, und neue Nationen aus ihrer Mischung entstanden 22); wozu die Einführung des Christenthums und das nahe Verhältniß, in welches die weltliche Gewalt zur Kirche trat, vorzüglich beitrugen. Die Ent

18) z. B. im lombardischen Königreiche, L. Rotharis 390.
19) v Savigny I. S. 93 flg.

20) Eichhorn, Rechtsgesch. §. 46. Einl. in das d. Pr.-N. §. 75. Vergl. auch Phillips, Gesch. des Angels. R. S 111. Not. 1213.

21) Eichhorn, a. a. D., bejaht dies; anderer Meinung ist z. B. Mauerbrecher, Lehrb. des g. d. P.:R. §. 121.

22) Vergl. v. Savigny I. S. 147 fig.

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