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Berathung des Königs diente in den seltenen Fällen, in welchen er eine solche für nöthig hielt, die Versammlung der Minister, spåter ein zahlreicher, aus den Chefs der Verwaltungsfection gebildeter Staatsrath; Landstände bestanden nicht mehr; das Kirchenregiment aber war an den wieder protestantischen Landesherrn_zurückgefallen. Ob das Vorhandensein eines Geheimenrathes die Zahl der in dieser Zeit geübten Gewalthandlungen der Regierung hatte vermindern können, mag bei der Selbstentschiedenheit des Königs dahin gestellt bleiben. Jedenfalls wurde es aber als eine gute Vorbedeutung umsichtiger Prüfung und gefeßlichen Handelns begrüßt, als König Wilhelm gleich in den ersten Tagen seiner Regierung das Geheimerathscollegium wieder herstellte. Natürlich war, da die Ministerien blieben, die Stellung desselben jezt eine wesentlich verschiedene; auch kehrte die alte Organisation nicht zurück. Die in den ersten Jahren wiederholt in dem Geschäftskreise und in der äußern sowohl als innern Einrichtung dieser Behörde vorgenommenen Wenderungen mögen hier nur in so ferne erwähnt werden, als sie einen Beweis von der Schwierigkeit abgaben, die alten Traditionen dem ganz andern Verwaltungssysteme anzupassen. Endlich machte die Verfas= fungsurkunde, welche den Geheimenrath nicht nur unter die von ihr sanctionirten Staatsanstalten aufnahm, sondern ihm manchen wesent= lichen Antheil an den Geschäften zuschied, dem Schwanken ein Ende.

Der Geheimerath bildet jest ein ziemlich zahlreiches Collegium, indem er außer dem Präsidenten (dem ersten Manne im Staatsdienste) und den sämmtlichen Departementschefs, etatsmäßig noch aus zwei wirklichen Geheimenråthen, einer unbestimmten Anzahl von Staatsráthen und einigen vom Könige je auf ein Jahr aus den höheren Beamten ernannten, außerordentlichen Mitgliedern besteht. (Ob die Stellung dieser Lehteren unabhängig und somit ihre Wirksamkeit ausreis chend ist, steht freilich sehr zu bezweifeln.) In gewissen Fällen find auch noch die Vorstände oder sonstigen Mitglieder des Obertribunales beizuziehn. Die ordentlichen Mitglieder stehen in einem von dem der übrigen Staatsdiener wesentlich verschiedenen Verhältnisse hinsichtlich des Rechts auf ihre Stelle. Einerseits nåmlich_sind sie unbedingt entlaßbar, anderseits wird ihnen, im Falle der Entlassung, ein bestimmter Ruhegehalt ohne Rücksicht auf Länge der Dienstzeit u. s. w. zu Theil. Einem Reichsverweser ist untersagt, Mitglieder des Geheimenrathes zu entlassen; da er aber in der Zahl der zu ernennenden nicht beschränkt ist, so bietet dieses Verbot kaum eine Schwierigkeit für ihn dar, sich eine Stimmenmehrheit in seinem Sinne zu verschaffen. Vielleicht ist dies jedoch kein Fehler, da solche mechanische Hindernisse auch leicht Feinde des Guten werden können.

Ueber den Geschäftskreis des Geheimenrathes enthält die Verfassungsurkunde ausführliche Bestimmungen. Ihnen zufolge zerfällt die dem Geheimenrathe ertheilte Aufgabe in eine ordentliche und in eine außerordentliche. Die ordentlichen Geschäfte sind wieder dreifacher

Art. Vor allem ist der Geheimerath die den König in allen ir gend wichtigen Sachen regelmäßig berathende Behörde. Namentlich kann kein Gesezesentwurf an die Stände gebracht und keine Verordnung vom Könige erlassen werden, ohne daß der Geheimerath erst darüber gehört wåre; seinem Gutachten sind alle ständischen Angelegenheiten zu unterwerfen; auch darf kein Staatsdiener entlafsen oder auf eine niederere Stelle zurückverseßt werden, ohne daß der Geheimerath in rechtlicher Beziehung sich einverstanden erklärt håtte. Zweitens ist derfelbe in bestimmten Fällen höchste entschei dende Behörde. Theils hat er nåmlich bei Expropriationen über die Nothwendigkeit der Zwangsabtretung zu entscheiden, theils kann von den Verfügungen der Minister und von den Straferkenntnissen der sämmtlichen höheren Administrativstellen, einschließlich der Ministerien, an ihn Recurs ergriffen werden. Endlich noch ist er es, durch welchen die schriftliche Verbindung zwischen dem Könige und den Stånden unterhalten wird. Außerordentlicher Weise aber hat der Geheimerath theils zu der Bestellung einer nicht durch ein Ge= feß bereits angeordneten Reichsverwesung den Anstoß zu geben, auch bei der Erziehung eines minderjährigen Königs mitzuwirken, theils das Kirchenregiment wieder zu übernehmen, wenn ein König einer anderen, als der protestantischen Confession angehören follte.

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Unter diesen Geschäften des Geheimenrathes sind denn nun zwei eigenthümliche, welche einer besonderen Betrachtung werth scheinen, nämlich das Recht der Recursentscheidung bei den Verfügungen der Ministerien und die Berathung der sämmtlichen zwischen Regierung und Ständen obschwebenden Geschäfte. In ersterer Beziehung unterliegt es allerdings keinem Zweifel, daß jeder Staat, in wel= chem die sogenannte Administrativjustiz besteht, eine möglichst unabhängig und hoch gestellte nichtgerichtliche Behörde einzurichten hat zur lestinstanzlichen Entscheidung jener Fälle, in welchen ein Bürs ger mit dem Staate aus Rechtsgründen über eine ihm angemuthete Leistung des öffentlichen Rechtes streitet, oder sich bei einer ihm von einer Verwaltungsstelle zuerkannten Strafe nicht beruhigen will. So weit ist denn auch die Recurscompetenz des würtember gischen Geheimenrathes eben so begründet und nöthig, als z. B. die des comité du contentieux des französischen Staatsrathes. Allein anders verhält es sich mit den Recursen in Fällen einfacher Verwaltungsmaßregeln, bei welchen selbst der betheiligte Private keine Rechts, sondern nur eine Interessen-Verlegung behauptet. Auch in solchen eine Berufung von dem Ministerium an eine wei tere Behörde zu gestatten, ist ein Fehler in mehr als Einer Beziehung. Einmal wird nämlich dadurch die Festhaltung einer kräf= tigen Folgerichtigkeit den Ministerien, d. h. denjenigen Behörden unmöglich gemacht, welche zur Vollziehung der Geseze wesentlich bestimmt und welche durch die tägliche Erfahrung am Besten über die Bedürfnisse, so wie über die Folgen der einzelnen Verwaltungs

maßregeln unterrichtet sind, während die Behörde, welche in einzelnen Fällen ihre Entscheidungen durchkreuzen kann, der lebendigen Anschauung und der Gesammtübersicht entbehrt. Zweitens aber wird dadurch von dem Grundsaße der ministeriellen Verantwortlichkeit eine empfindliche Ausnahme gemacht, indem nun in vielen Fällen die leste Entscheidung nicht von dem viel leichter zu faffenden, namentlich in der Ståndeversammlung zu Rede zu stellenden Minister, sondern von einem zahlreichen Collegium ausgeht, dessen Verantwort= lichkeit nur scheinbar ist, wie die aller größeren Versammlungen. Sollte nun die würtembergische Verfassung, wie allerdings bei der Unbestimmtheit der Worte möglich und wie die Kammer der Standesherren bestimmt der Ansicht ist, und die zweite Kammer wenig= stens nicht abgeneigt scheint anzunehmen, die Recurscompetenz des Geheimenrathes auch auf solche blose Verwaltungsverfügungen der Minister ausgedehnt haben, und sollte somit die dankenswerthe bishe rige Selbstbeschränkung des Geheimenrathes durch eine in diesem Sinne gefaßte authentische Auslegung oder durch ein gültiges Gewohnheitsrecht weggeräumt werden, so wåre großes Unheil unvermeidlich. Schon jest entschieden nachtheilig wirkt die zweite Bestimmung, daß alle ständischen Angelegenheiten, und nicht etwa blos Gesetzesvorschläge oder seltene einzelne Fälle von hochwichtigen Folgen, im Geheimen= rathe zu erörtern seien. Einmal werden dadurch bedeutende Verzőgerungen herbeigeführt, und namentlich dürfte eine Mitursache der in Würtemberg so häufigen und so vielfach übel wirkenden Unterlas sung jeder Antwort auf ständische Eingaben hier zu suchen sein. Ferner erschwert diese beständige Einmischung Dritter die Schwierigkeit einer Uebereinstimmung der Ansichten des Staatsoberhauptes und der für die Worte und die Handlungen der Regierung vers antwortlichen Minister. Diese Schwierigkeit liegt in der Natur der Sache in allen constitutionellen Staaten, in welchen die fürstliche Gewalt nicht zum leeren Scheine bei wirklicher Herrschaft der Parteien geworden ist. Da nun die Mitglieder des Geheimenrathes we= der für die von ihm empfohlene Handlungsweise verantwortlich sind, noch sie überhaupt persönlich die durch die Befolgung ihrer Unsich= ten etwa entstehenden Verlegenheiten zu besiegen haben, so ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen und einem Minister gar leicht möglich, und dann auch möglich, daß ihre Ansicht den Beifall des Königs erhält. Dieser Uebelstand ist um so bedenklicher, als es sich leicht ereignen kann, daß ein ehrgeiziges Mitglied des Geheimenrathes einen verdienten Minister durch seinen Einfluß auf die Be= schlüsse des Collegiums absichtlich so lange große Verlegenheiten und Widerwärtigkeiten zu bereiten versteht, bis dieser entmuthigt und ers bittert dem Erbschleicher den Plag räumt. Endlich verhindert die regelmäßige ständische Thätigkeit des Geheimenrathes die Bildung compacter und in ihrer Entschiedenheit und Einigkeit nach allen Seiten hin wirkfamer Ministerien. Wo nur der Ministerrath mit dem Fürsten die po

litischen Angelegenheiten und das zu befolgende System berathet und feststellt, da müssen heterogene Elemente von selbst ausscheiden, weil sie keinen Halt haben: allein wenn bei der in Würtemberg bestehenden Einrichtung ein von seinen Amtsgenossen noch so verschieden denkender Minister nur eine entschiedene Mehrheit im Geheimenrathe für sich hat, so vermag er nicht nur, sich zu halten, sondern kann selbst den Umtsgenoffen so vielen Verdruß bereiten, daß sie alle zusammen dem Einzelnen das Feld räumen. Zu der vollen Wirksamkeit des constitutio= nellen Systems gehört nun aber, daß nicht blos einzelne Minister beste= hen, sondern ein in sich einiges und fest organisirtes Ministerium das herrschende politische System darstellt und in Bewegung sest. Es ist nicht wohlgethan, wenn von der durch Erfahrung und innere Nothwendigkeit als nůßlich oder gar unerläßlich erkannten Maschinerie des constitutionellen Systems ein Theil willkürlich und ohne Ersaz herausgenommen wird. Gar leicht erzeugen sich dadurch Stöße oder verderbs liche Schwächen. Sind diese Ausstellungen gegründet, so ist auch wohl der Schluß zuzugeben, daß andere Staaten wohl daran thun, wenn fie ihrer höchsten berathenden Behörde die theils mögliche, theils wirks liche Stellung des würtembergischen Geheimenrathes nicht einräumen. R. Mohl.

Geheime Gesellschaften, s. Gesellschaften.
Geheime Polizei, f. Polizei.

Gehorsam, leidender, blinder, bürgerlicher, s. Vers faffung und Widerstand.

Geist der Zeit, f. Zeitgeist und öffentliche Meinung. Geist des neuesten Kriegssystems. Der Feldzug von 1796 in Italien, der für die französischen Waffen so glorreich war und für immer in der Geschichte glänzen wird, lehrt uns den Geist des neuesten Kriegssystems am Besten kennen.

In diesem Feldzuge wurden die Republicaner, die bis dahin ihre defensiven Stellungen an der piemontesischen Grenze, in den Seealpen und am Var nur mit Mühe behauptet hatten, in das Tyrol und an den Tagliamento verseht, wo sie die österreichischen Erblande bedrohe= ten und ganz Italien in Schrecken festen. Einem Heere, das nie über 50,000 Streiter zählte, aber durch Nachsendungen stets ungefähr in derselben Stärke erhalten wurde, gelang es, die Barriere der Alpengrenze zu durchbrechen, Piemont zu unterwerfen, die Lombardei zu erobern, alle italienischen Staaten zu demüthigen, vier österreichische Heere, die nach einander in Italien aufgetreten waren, aus dem Felde zu schlagen und sich der Festung Mantua zu bemächtigen. So unermeßliche Vortheile im Kampfe mit einer in ihren Anstrengungen unermüdlichen Großmacht errungen, dürften in den Jahrbüchern des Krieges ihres Gleichen nicht finden.

Das Waffenglück Napoleon's muß zunächst der inneren Vortrefflichkeit, der unerschöpflichen Energie und dem unerschütterlichen Muthe

der Truppen zugeschrieben werden, aus denen die Kriegsmacht der französischen Republik bestand.

Durch den schrecklichen Wirbelwind, der in Frankreich Alles durch einander geweht, durch den patriotischen Geist, der fast die ganze Be= völkerung in das Lager getrieben, durch die Noth der Zeiten, die den Krieg fast zum einzigen Erwerbszweige gemacht hatte, war ein noch nie gesehenes Maß von Intelligenz, Fähigkeit und Geschicklichkeit in die französischen Truppen gekommen. Unter denen, welche die Muskete trugen, waren gar Viele, die den mittleren und selbst den höhe: ren Ständen angehörten, nachdem die großen Aushebungen des Jahres 1793 kein gesellschaftliches Verhältniß, keinen Rang verschont hatten, und man nur durch die bescheidene Pforte des Bivouacs auf die Bahn des Ruhms und des Ehrgeizes gelangen konnte. Daher jene eben so intelligenten als muthvollen Soldaten, welche die Pläne des Feldherrn ahneten oder erriethen, und in jeder Noth, in jeder Gefahr von selbst Bescheid wußten. Wenn Napoleon in seinen Proclamationen des Brutus, des Scipio, oder irgend eines anderen Helden des classischen Alterthums gedachte, so sprach er zu Männern, deren Brust sich bei den Erinnerungen hob, die durch solche Namen geweckt werden; und wenn er seine Soldaten nach einem Nachtmarsche von fünf ``Meilen in die Schlacht führte, so waren diese, wie er, von dem unschåßbaren Werthe der Zeit im Kriege überzeugt. Mit Recht durfte Napoleon von seinen Truppen rühmen, daß sie die geprie= sene Geschwindigkeit von Cåsar's Legionen übertroffen hätten. Wie vortrefflich aber auch diese Truppen sein mochten, so ist doch Alles, was durch sie geleistet worden, als das Werk Napoleon's zu betrachten, weil ein Heer eben nur ein Werkzeug, eine Waffe in der Hand des Feldherrn ist.

In dem Feldzuge von 1796 sieht man die ersten Anfänge des neuen taktischen Systems, nach welchem Napoleon stets die Masse feiner Streitkräfte gegen die einzelnen Abtheilungen des überlegenen Feindes in's Gefecht zu bringen, und sich dadurch, so wie durch die Raschheit seiner Bewegungen, den Vortheil der Uebermacht zu verschaffen suchte. Napoleon verdankt diesem Systeme, das er, so oft er konnte, befolgt und immer kühner ausgebildet hat, seine schönsten Siege. Nachdem er bei Montenotte das Centrum des öfterreichisch-sardinischen Heeres, das eben auf dem Marsche begriffen war, durchbrochen und die Oesterreicher von den Piemontesen getrennt hatte, säumte er nicht, jene bei Dego, diese bei Mondovi mit Uebermacht anzugreifen, und die Einen, wie die Anderen gånzlich zu schlagen. Als spåter Wurmser sein Heer in zwei Abthei lungen, die durch einen See von einander getrennt waren, gegen Verona führte, schien Napoleon verloren; er half sich aber dadurch, daß er sofort die Belagerung von Mantua aufhob und sich mit seiner ganzen Macht zuerst auf Quasdanovich bei Lonato und dann auf Wurmser bei Castiglione warf. Bei dem zweiten Einbruche

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