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DANTE ALIGHIERI.

1.

Dante's Vorzeit *).

Mitten unter den blutigen Fehden des Priesterthumes gegen das

Kaiserthum bildeten sich in Italien, vom Anfange des zwölften JahrHundertes an, mehrere kleine Republiken. Florenz, Bologna, Mailand schüttelten, dem Beyspiele Venedig's und Genua's folgend, das Joch der Knechtschaft vom gebeugten zwar, aber noch immer stolzen Nacken, um freye unabhängige Verfassungen sich zu geben. Selbst Rom, so tief es auch gesunken war, machte, im dumpfen Nachgefühle seiner ehemahligen Hochheit und Gröfse, noch einige obgleich eitle Versuche, sich der ungeistlichen Herrschaft der Päpste zu entwinden, und wieder in den Besitz verlorner Rechte und Freyheiten zu gelangen.

Aberglaube und Schwärmerey übten damahls, unbändig und grausam, ihre furchtbare Gewalt über die Geister; Unwissenheit und Müfsiggang zehrten, inner und aufser den Klös

Eine gedrängte Schilderung des Zustandes Italiens vor Dante möge hier als Einleitung stehen, um die Verdienste des Schöpfers der neueren italienischen, oder vielmehr europäischen Cultur,,,dessen kühner Geist die MittagsHöhe erreichte, während kaum die MorgenRöthe der Wissenschaften in Europa aufgegangen war", aus ihrem eigentlichen GesichtsPunkte darzustellen, und die gerechten Ansprüche zu würdigen, die derselbe als erster Sprach Bildner, Redner und Dichter,

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a quo, ceu fonte perenni,
,,Vatum Pieriis ora rigantur aquis,"

auf die Huldigungen der Mit- und Nachwelt, und auf den ersten Platz in
dem Pantheon seiner Nation sich erworben hat.

tern, ihren Freystätten, in üppig-schwelgender Behaglichkeit vom Marke der Völker, und die fromme Wuth der KreuzZüge verschlang die männliche Blüthe und Kraft ganzer Generationen in ihrem weiten unersättlichen Schlunde. Das aus dem Norden in Europa's mittägige Gefilde verpflanzte Feudal-System war in Italien mehr, als irgend, unleidlich geworden. Daher der, nach Griechen Landes Vorbild, kühn und grofs gedachte, wenn gleich durch Uebermacht im Keime vernichtete Städte Bund, um vereint die schimpflichen Fesseln tyrannischer LehensHerren zu sprengen, und ihrem anmafsenden Uebermuthe Schranken zu setzen.

Frankreich und England erzitterten um diese Zeit vor der dreyfachen Krone, indefs Spanien sich kaum von fünfhundert-jährigen Drangsalen zu erhohlen begann, und die teutschen Kaiser ihre Ansprüche auf die Oberherrschaft in Italien zwar nicht zu vergessen, aber auch nicht mit Nachdruck gegen so viele und schlaue Gegner geltend zu machen vermochten.

In gleicher Ohnmacht lag das Reich der Wissenschaften und Künste während dieser unseligen Periode. Die Mönche, getrennt wie beynahe ganz Italien in die Faktionen der Gibellinen und Guelfen *), beschränkten sich einzig auf den Betrieb einer, von skolastischen Albernheiten **) gesättigten Theologie, deren Cultur schädlicher war, als gänzliche Ignoranz. Alle übrigen Zweige des menschlichen Wissens dorrten vernachläfsigt; selbst die italienische Sprache war, gleich den meisten ihrer europäischen Schwestern, ein regelloses Chaos mifstönigen Lateins, von gothischen Dialekten entstellt. Um Geschichte und Alterthums Kunde bekümmerte sich Niemand. Wie wäre diefs auch möglich gewesen? da die handschriftlichen Urkunden und Bücher Sammlungen gröfsten

Bartolo

*) Ueber den Ursprung der Gibellinen und Guelfen sehe man: Tractatus de Guelphis et Ghibellinis; Otto Frisingensis de gestis Friderici, Lib. II. Cap. II., und Muratori Antiquitates Italiae, Dissert. XLIII. **) Z. B. ob der Schöpfer seine SchöpfungsKraft an ein Geschöpf übertragen, ob er Geschehenes in Ungeschehenes, Erschaffenes wieder in Nichts verwandeln könne, u. dgl. m.

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theil tweder in den Klöstern unbenützt und unzugänglich, zu vermodern bestimmt, oder ungeschätzt und unbeschützt der ZerstörungsLust roher Eroberer Preis gegeben waren.

Unter so ungünstigem Zusammenwirken der Zeit Verhältnisse trat der menschliche Geist hier nur zufolge seines nothwendigen, durch keine äufsere Gewalt je ganz zu hemmenden Fortschreitens, daher aber auch nur langsamen und unsicheren Schrittes, aus seiner Kindheit in das Knaben Alter, aus dem Stande der Verwilderung in den der ihr verwandten Barbarey, über. Was auch Friedrich II., dieser wahrhaft grosse und hochherzige Kaiser, unterstützt von seinem aufgeklärten Minister Petrus de Vineis (Pietro delle Vigne), in der ersten Hälfte des dreyzehnten JahrHundertes für Italien, das von ihm vorzugsweise begünstigte, that *), - es wollte, unter beynahe immerwährenden, bald durch offene Gewalt, bald durch heimliche Ränke seiner Gegner, vornehmlich der römischen Päpste, immer wieder neu aufgeregten Krieges Stürmen, überall nicht gedeihen.

Erst nach dem, in der Mitte des JahrHundertes erfolgten Tode des Kaisers keimte der von ihm gestreute Same hier und da in einzelnen schöneren Blüthen empor. Auf Guido Guinicelli, Guido Ghislieri, Buonagiunta da Lucca, Rainaldo d'Aquino, Gotto Mantovano mehr Reimer noch, als Dichter (denn auch in Italien begann die NationalBildung, wie überall, durch die Poeten) — folgten bald Guitton d'Arezzo, Guido Cavalcanti, Cino da Pistoja, u. a., deren tieferes Gefühl und edlere SprachFormen schon näher die anbrechende Dämmerung verkündeten, die, wie durch ZauberMacht,

* Friedrich II. förderte die Wissenschaften, und ermunterte den ForschungsGeist durch weise Gesetze und Verordnungen; er stellte die hohe Schule zu Neapel wieder her; gründete mehrere Bildungs Anstalten in Sicilien; verbesserte die Schulen zu Bologna und Salerno; berief ausgezeichnete Gelehrte nach Italien; veranstaltete lateinische Uebersetzungen der Werke des Aristoteles und mehrerer arabischer; er war sogar selbst Dichter und Schriftsteller. Dass er aber an dem berüchtigten Buche: De tribus mundi Impostoribus etc. Antheil gehabt habe, ist längst durch Prosper Marchand widerlegt.

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in volle glänzende TagesHelle umzuschaffen, dem göttlichen *) Dante vorbehalten war,

II.

Dante's Geburt und JugendJahre.

Dante (eigentlich Durante) Alighieri, aus alt-edlem Stamme entsprossen **), ward am 27ten May des Jahres 1265 zu

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*) Vincenzio Buonanni, Einer der vielen Ausleger der berühmten Divina Commedia, welcher Dante seine Unsterblichkeit verdankt, nennt ihn sogar den,,göttlichsten". (M. s. Discorso di Vicenzio Buonanni sopra la prima Cantica del divinissimo Teologo, Dante Alighieri. Firenze, 1572.) — Dagegen sucht Voltaire (Essai sur le Poëme épique) diese Divinität Dante's verdächtig zu machen, indem er ihn der Unverständlichkeit beschuldigt: ,,Les Italiens, sagt er, l'appellent divin; mais c'est une divinité cachée, ,,peu de gens entendent ses oracles. . . Sa reputation s'affermira toujours, ,,parce qu'on ne le lit guères," Hierauf antwortet ihm Merian in seiner gelehrten Abhandlung: Comment les sciences influent dans la Poësie, eben so treffend als gründlich: „Je ne saurois souscrire à cette décision. Du vivant de Dante on a fait copie sur copie, et depuis l'invention de l'imprimerie ,,édition sur édition de son poëme; on compte ces éditions par centaines; ,,ce qui, n'en déplaise à M. de Voltaire, prouve qu'on le lit, et qu'on ,,l'entend, quoique vu la distance où nous vivons de son siècle, et ,,les matières qu'il traite, il demande à être un peu étudié. Mais ,,ce qui montre le cas qu'on faisoit de lui, ce sont des chaires de professeurs ,,déjà anciennement instituées pour en expliquer les endroits difficiles. Dan,,te, en effet, est révéré des Italiens comme le père de leur langué et de ,,leur poësie, comme le modèle des écrivains en prose et en vers. Ils ont ,,pour lui l'enthousiasme que les Grecs avoient pour leur Homère. Le ,,Comte Magalotti l'appeloit,,il mare di tutto il senno“, u, s. w. (M. s. Nouveaux Mémoires de l'Académie Royale de Berlin. Année MDCCLXXXIV.) Derselbe Graf Magalotti wallfahrtete im J. 1667 an Dante's Grab nach Ravenna,,,per venerare la gran tomba, e sciorre il voto d'avanti alle bene,,dette ossa del divino Poeta". (Lettere fam. del Conte Magalotti T. I. L. 56.)

**) Ueber den Ursprung des Geschlechtes der Alighieri, welche auch unter den Nahmen Aleghieri und Aligeri vorkommen, verlieren Dante's ältere Biographen, Giovanni Villani, Boccaccio, Benvenuto d'Imola, u. a. sich in einem Gewebe fein-gesponnener Untersuchungen und Vermuthungen.

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