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lichkeit an die alte Kirche nicht immer unzweifelhaft war, doch mit schonender Vorsicht behandelt werden.

Selbst aber häufig genug untüchtig und entartet, waren sie auf keine Weise im Stande, den niederen, gänzlich verwilderten Clerus zur Zucht zurückzuführen.

Erst die weltlichen Fürsten haben sich im sechszehnten Jahrhundert dieser Aufgabe unterzogen. Ungeachtet alles kirchlichen Widerstandes griffen sie tief einschneidend in die innersten kirchlichen Verhältnisse hinein, und wohl oder übel musste der Episcopat, wenn auch zögernd genug auf dem Wege der Reformen folgen.

Wenn die katholische Kirche heute noch in alter Macht, ja mit weitergehenden Ansprüchen als je existirt, so dankt sie das den österreichischen, den baierischen Fürsten des sechszehnten Jahrhunderts. Trotz der Kirche haben diese die Kirche aufrecht erhalten, und ihre Nachfolger geniessen heute die Frucht der dornenvollen und aufopfernden Thätigkeit der Vorfahren in der schroffen Opposition, welche der Episcopat auch berechtigten Ansprüchen des Staates gegenüber stellt.

Dann war der dreissigjährige Krieg über Deutschland hereingebrochen, und der confessionelle Kampf hatte in den katholischen Territorien die Emancipation der Kirche vom Staate zur Folge gehabt, wenn auch kaum in dem Maasse, wie man anzunehmen geneigt ist.

Vielmehr war die Bahn der traditionellen Politik doch den Regenten zu fest vorgezeichnet, als dass sie sie auch der Kirche gegenüber, für welche sie jetzt Leben und Wohl ihrer Unterthanen einsetzten, hätten verlassen können.

Um so weniger geschah es am Ende des Krieges, der doch wie in staatlicher, so auch in kirchlicher Beziehung Zerrüttung und Entartung überall zurückgelassen hatte.

Wieder war die Kirche nicht fähig, das schneidige Messer der Reformen an sich selbst zu legen; sie war umsoweniger geneigt, dem Staate die ihm nach Ansicht der Zeit gebührenden Concessionen zu gewähren, als sie ja die ganze Neuordnung der Verhältnisse nicht anerkannte, die Augen

vor dem Protestantismus gewaltsam schloss, ihn so als nicht vorhanden fingirte, und die Basis der umgestalteten Rechtsordnung, den westphälischen Frieden nicht anerkannte.

Auf's Neue waren es die weltlichen Fürsten, welche die kirchlichen Aufgaben mit übernahmen. Hätten sie nicht die kirchliche Erziehung in die Hand genommen, der Clerus wäre in Unbildung und Unwissenheit verkommen, hätten sie nicht den geistigen Gehalt der Religion dem todten Gehäuse gegenüber betont, die Kirche wäre an der formellen Aeusserlichkeit zu Grunde gegangen.

Es ist ein alt hergebrachter, aber darum nicht minder rügenswerther Irrthum, diese staatliche, der Kirche gegenüber befolgte Politik mit dem Namen des Kaisers Joseph II. zu bezeichnen.

Mit Maria Theresia beginnt vielmehr diese Richtung. Als die einsichtige Fürstin an alle Glieder ihres Staatskörpers die heilende Hand gelegt hatte, musste sie auch das siechende, welke der Kirche gewahren. Und auch ihr kam sie zu Hilfe. Dass ihre Mittel nicht immer ohne Gewaltsamkeit waren und unserem heutigen Rechtsgefühle nicht immer entsprechen: wer wollte das leugnen. Aber die herbsten Arzneien sind zuweilen die wirksamsten, und wir dürfen an einer Zeit nicht rügen, dass sie mit den Waffen fechtet, welche das damalige Völkerrecht als erlaubt hinstellte.

Schon die persönliche unanfechtbare Frömmigkeit der Kaiserin, ihre nie verleugnete Vorliebe für die Kirche, müssen uns die Ueberzeugung geben, dass sie im guten Glauben für das Wohl der Kirche zu handeln meinte. Und wir urtheilen, dass ihr Glaube sie nicht getäuscht habe.

Die Reformen ihres Sohnes aber sind nicht qualitativ von den ihrigen verschieden. Nur die ungeduldige Hast, mit der sie ausgeführt wurden, die unerquickliche Freigeisterei, mit der sie versetzt waren, die geringe Achtung vor dem historisch Gewordenen haben ihnen einen gehässigen Character aufgedrückt, eine tadelnswerthe Hülle, über die man neuerdings den wahren und guten Kern zu übersehen liebt.

Dieser Richtung des Josephinismus gehörten die deutschen

Staatsmänner am Anfange unseres Jahrhunderts an und sie liebt man ihnen zum Vorwurf zu machen.

Eine kurzsichtige Geschichtsschreibung, die von dem hohen Thron ihrer subjectiven Ueberzeugung herab die Weltgeschichte zu schulmeistern unternimmt! Als ob es nur überhaupt möglich gewesen wäre, dass die damaligen Regierungen anderen Principien hätten huldigen können, ja als ob damals überhaupt andere Principien, sei es in der Wissenschaft, sei es im practischen Leben Vertretung gefunden hätten.

Oder woher hätte den Politikern am Anfang unseres Jahrhunderts die Idee stammen sollen, dass die Kirche frei und unabhängig ihre Aufgabe zu erfüllen habe, während doch die damalige Politik nur Aufgaben des Staates kannte und alle Institutionen diesen dienstbar wähnte. Woher hätten sie eine Selbstständigkeit der Kirche abstrahiren sollen, da die deutsche Geschichte nur eine bald mehr oder minder angespannte Abhängigkeit der Kirche vom Staate lehrte. Und selbst wenn die historische Tradition nicht auf den Josephinismus hingedeutet hätte, wenn er nur das Ergebniss theoretischer Speculation gewesen wäre, so würde seine Herrschaft über die damaligen Staatsmänner erklärlich gewesen sein.

Man muss sich nur vergegenwärtigen, welche Zeiten sie durchlebt hatten. Das altehrwürdige und nicht minder altersschwache Reich über den Haufen gestürzt, ein kühner Eroberer, die alten Territorien zertretend und nach souveräner Willkür neue schaffend, eine Zeit nicht organischer langsamer Fortentwickelung, sondern revolutionär bis zu den Thronen herauf, deren Besitzer gleichfalls alt überkommene historische Institute über den Haufen geworfen, und dabei nicht gerade die grösste Achtung vor dem historischen Rechte, wohl aber ein heisses Streben nach Staatsallmacht bezeigt hatten und die dann der Kirche gegenüber das Beispiel Napoleons befolgten, der durch sein Concordat - wenigstens durch das einseitig darauf erlassene Gesetz der organischen Artikel - die Kirche mit festen Klammern dem Staate dienstbar gemacht hatte.

Alles das waren Factoren, denen die deutschen Staats

männer sich kaum entziehen konnten. Endlich aber sei auch noch des deutschen Clerus hier gedacht.

Die episcopalistische Strömung des achtzehnten Jahrhunderts war in ihm noch nicht verloren gegangen, und wenn die Noth und Verzweiflung der französischen Kriege den kirchlichen Sinn auch gewaltsam geweckt hatte, so stand doch die Geistlichkeit ihrer Bildung und Anschauung nach mit beiden Füssen auf dem Boden der alten Lehren. Nicht vereinzelte Männer unter ihr hingen der vom Staate gepflegten Richtung an, sondern nur einzelne vermochten sich von ihr zu emancipiren.

Aber wenn wir auch so den Josephinismus, der die ganzen von uns zu schildernden weiteren Verhandlungen durchzieht, zu erklären und zu entschuldigen vermögen, so wollen wir uns doch nicht verhehlen, dass er ein Anachronismus geworden war.

Gerade die wieder erwachte Theilnahme des Volkes für die Kirche musste eine Eigenartigkeit der kirchlichen Neugestaltung verlangen, und das durch die Restitution neu belebte Papstthum konnte daran anknüpfen und eine kirchliche Neubildung erstreben, die tiefer, hingebungsvoller an Rom war, als es die Zeit des früheren deutschen Reiches jemals gewesen war.

Ein genialer deutscher Staatsmann würde die Erfolglosigkeit der Verhandlungen mit Rom von vorneherein eingesehen und deswegen davon Abstand genommen haben. Er würde aus der Geschichte die Lehre gezogen haben, dass restaurirte Mächte die alten Principien, selbst wenn sie den Grund des Sturzes ausgemacht, in doppelter Schärfe wieder aufzunehmen pflegen.

Die deutschen Staatsmänner am Anfange unseres Jahrhunderts waren im Glauben befangen, dass die Kirche die Last der Staatsherrschaft, die sie früher getragen, auch jetzt willig auf sich nehmen werde. Sie mussten erst durch trübe Erfahrungen eines Anderen belehrt werden, und versuchten dann noch, die Rechte zwangsweise festzuhalten, die sie

früher besassen und zu deren Preisgebung sie keine Veranlassung erblickten.

Sie hatten die Macht der Kirche niemals in früherer Zeit empfunden: es schien ihnen kein Bedürfniss, mit diesem Factor in ihren Bestrebungen zu rechnen.

So viel zur nothwendigen Erklärung der späteren diplomatischen Verhandlungen; es dient das auch zur Entschuldigung der Wege, welche diese seitens der Staaten zuweilen geführt wurden, und die uns heute nicht immer mit der auch für politische Unterhandlungen nothwendigen Offenheit und Loyalität vereinbarlich zu sein scheinen.

Wir wollen hier nicht wieder darauf hinweisen, dass die damalige Diplomatie ihre Schule bei Napoleon durchgemacht hatte, dass ihr Zweideutigkeit, Ueberlistung des Gegners als erlaubte diplomatische Kunstgriffe galten, dass die gewaltthätige Zeit der Wahrheit keine Rolle bei Behandlung diplomatischer Fragen zuertheilt hatte. Es würde das zur Erklärung der Schleichwege dienen, welche auch der römischen Curie gegenüber nicht verschmäht wurden, aber nicht zur Entschuldigung derselben. Und doch glauben wir auch diese beibringen zu können. Denn wenn die deutschen Staatsmänner grossgezogen waren in den Theorien von der Staatsgewalt über die Kirche, wenn in Deutschland ihren Lehren auch seitens der Kirche kein theoretischer Widerstand entgegengestellt wurde, so mussten sie den römischen, auf welchen ihre Pläne stiessen, für um so ungerechtfertigter erachten. Sie glaubten die alte römische Herrschsucht bekämpfen zu müssen, von welcher die zeitgenössische, auch wissenschaftliche Literatur beständig geschrieben hatte, sie meinten die nothwendigsten Rechte des Staates verletzt zu sehen, und betrachteten schliesslich den römischen Stuhl bei dem beabsichtigten Vertrage als einen Contrahenten, mit dem man sich über die Anordnung der staatlichen Lebensfragen nicht einigen. könne und um den unbekümmert in Erhaltung und Behauptung wohlerworbener Rechte man vorgehen müsse.

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