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dieser Kleinigkeit einer geistlichen Monarchie von 200 Millionen Seelen und einer Erfahrung von 18 Jahrhunderten schneller fertig. Das Papstthum ift abgelebt, da liegt das Geheimniß. Es paßt nicht mehr in's neunzehnte Jahrhundert; es geht von selber zu Grunde. Daher genügt ee, Geduld zu verschreiben, von Zeit zu Zeit mit einem Artikel, einem Memorandum, einer gut erfundenen Verleumdung nachzuhelfen, sonst aber läßt es sich ruhig seinem Spiele, seinem Theater, seinem Vergnügen leben. Eines schönen Morgens wird der Telegraph die Neuigfeit bringen: Italien auf dem Capitol! das Papstthum für ewige Zeiten abgeschafft! der Cultus der Menschheit proklamirt! Daß nun aber unsere Liberalen statt dessen überrascht werden® mit einem Rundschreiben, das die specifische Weisheit des 19. Jahrhunderts zu den alten großen Kezereien der Waldenser, Albigenser, Priscillianiften und Manichäer in Eine Rumpelkammer wirft, nein! wer hätte eine solche reine, unvers mittelte, ursprüngliche, leibhaftige Darstellung des Papstgedankens ers wartet! Und um die Ironie vollständig werden zu lassen, hat die Vorsehung dem Papste den Rücken eben Jener zur Verbreitung seines Urtheils geliehen, welche zunächst davon betroffen wurden! Wie preiswürtig ist doch unser Jahrhundert, daß es Telegraphen, Eisenbahnen und Tagesblätter besigt! Ehemals, wenn eine mächtige Keßerei ärztliche Prozesse heischte, war es nicht so leichte Sache, als manche Geschichtsöre:ber wähnen, ein Concil zusammen zu rufen, geschweige denn seine Beschlüsse an der rechten Stelle zu verkünden und in Kraft zu sehen. Dank den Fortschritten des neunzehnten Jahrhunderts, dieses so verfannten Jahrhunderts, kann der Papst nunmehr behäbig innerhalb seiner vier Mauern bleiben und vernehmen, was sein Senat zum Heile der Christenheit für gut findet. Der Dampf bringt ihm Verstärkung aus fernen Weltgegenden! In aller Gemächlichkeit kann er seine Maßregeln treffen, um die gefährlichsten, weitestverbreiteten aller Jrrthümer seit Simon dem Magier in aller Form zu verurtheilen! Fehlt es ihm an Sendboten, das Jahrhundert stellt ihm seine obersten Herolde kostenfrei zur Berfügung! Weiter kann die Liberalität nicht gehen. Und man konnte allen Ernstes den Papst für fähig halten, dieses Jahrhundert, seine Vorzüge im Verkehrsleben, seine öffentlichen Einrichtungen zu verdammen! Fürwahr, so wenig es den Aposteln einfiel, die Römer zu schmähen, daß ihre Militärstraßen ihnen die Wege in das Herz der Völker ebneten, so wenig kann es einem Papste in den Sinn kommen, am neunzehnten Jabrbundert das zu ächten, was einen wirklichen Fortschritt im öffents Enegelica. L.

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lichen Leben bekundet. Man sagt, es sei eine neue Zeit im Anzuge; der Papst hat also flug gehandelt, sich zu beeilen. Wer bürgt ihm, daß die Umstände allezeit so günstig bleiben? Digitus Dei hic est. Hier ist der Finger Gottes! Gott allein weiß den Teufel zu zwingen, daß er Bausteine zum Tempel seiner Ehre trage. Das Urtheil des Papstes, dieses so sicher treffende, so günstig einfallende Urtheil, ist das Urtheil der ewigen Wahrheit; derselben, die einst unsere Menschheit angenommen hat und sich jest des Mundes Petri bedient, um ihr Urtheil gemeinverständlich für unser Jahrhundert auszusprechen. Gewogen und zu leicht befunden!"

39. Möchte das Urtheil verstanden und beherzigt werden! Noch ist es Zeit zur Umkehr! Unser Jahrhundert hat den Renan-Cultus erlebt; Christus, der Richter der Lebendigen und der Todten, wurde ihm zu einem Märchen, zum Roman, gum Gaukelbild einer im Sinnendienst übermüthig gewordenen Einbildungskraft. Aber der Lebendige läßt sich nicht so leicht in Dunst auflösen. Der Taumel vergeht, der Dunst zerrinnt, und dem erstaunten Blicke zeigt sich jener Fels, der seit 18 Jahrhunderten für die Gottheit Chrifti zeugt. Kein Zeugniß, wir stimmen dem Hl. Chrysostomus bei, ist beredter, als das Zeugniß dieses schwachen Fischers, der mit der höchsten, stärksten, ja einer unüberwindlichen Macht, welche die Festen des Himmels überragt, ausgerüstet ist. Das ist das gottgewollte Geheimniß des Papstthums: gerade wenn es am schwächften scheint, ist es in Wahrheit der stärkste Ausdruck jener übermenschlichen Kraft, die es gegründet. Du bist Christus, der Sohn des le= bendigen Gottes, lautet das Bekenntniß Petri. Der Urtheilsspruch Pius' IX., was ist er anders, als die Wiederholung dieses Vekenntnisses inmitten der Angriffe der Christusläugner? Und man vernimmt schon jezt durch das Wechselspiel der Furcht und Aufregung, der Verwirrung und Verwünschung die Antwort: Und ich sage dir, du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Ja, jeder neue Anlauf wird neue Kunde von dieser Wahrheit bringen. Deßhalb geht unfer Verdict dahin: das Rundschreiben des Papstes ist über die Frage der Opportunität erhaben!

5. Die Verpflichtung.

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40. Die Encyclica ist laut Ueberschrift an die katholische Hierarchie auf dem Erdkreise gerichtet; sie geht also nach der Absicht ihres Ur

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hebers jedenfalls alle Katholiken an, uud die Untersuchung ist nunmehr, welche Pflichten sie für diese in sich schließe. Geht sie sonst Niemanden an? Es könnte die Klugheit zu gebieten scheinen, daß wir dieser Frage ausweichen; allein eine höhere Art von Klugheit ist jene, welche die Wahrheit über Alles stellt. Die heutigen Verhältnisse legen Pflichten nahe, welche zuvor nicht bestanden; die Schranken der Rücksicht find durch die moderne Gesellschaft niedergerissen, nicht bloß für Nichtmitglieder der Kirche zum Nachtheil der Kirche, sondern auch für die Katholiken, welche in edelster Weise, so hoffen wir, sich dafür rächen werden, daß die Presse, nachdem sie das Rundschreiben des Papstes überall hin verbreitet, sich zur Richterin des Actenstückes aufgeworfen hat; leider selbst in einer Weise, daß strafrechtliche Behandlung eintreten mußte 1. Cb die bestehenden Geseße eine Kritik der Encyclica, als wäre sie ein bloßer Meinungsausdruck des nächsten besten Schriftstellers, gestatten oder nicht; ob sie im bejahenden Falle es ihnen mit Recht gestatten, ohne Kränkung für die vollberechtigte katholische Kirche, wollen wir hier nicht untersuchen; wohl aber werden wir uns mit der Frage beschäftigen, ob nicht die sich selber als Richter des Papstes aufwerfenden Vertreter der Presse damit, daß ihnen das Actenstück auf vollkommen ausreichende Beise verkündet worden ist, specielle Pflichten auf sich genommen haben. Da die Frage ohne unser Dazuthun also liegt, haben wir sie nicht zu verantworten; sie ist aber mindestens nach dem allen Menschen gemeinsamen Rechte zu lösen. Gemeinsam ist uns mit den Ungläubigen das Raturrecht; ihm ganz gewiß unterstehen auch Jene, welche durch die Taufe und die Anerkennung der hl. Schrift als einer Quelle geoffen= barter göttlichen Religion noch weitergehende positive Pflichten für unfern Fall auf sich liegen haben. Das Naturrecht lehrt nun aber, daß Gott als der Urheber des menschlichen Geschlechtes zugleich sein oberster Gesezgeber ift; daß sein Gesez, nach welchem der Ungläubige gerichtet werden wird 2, in dessen Herz geschrieben ist; daß dieses Geseß, die Vernunft, es Gott freistellt, den Menschen durch das in sein Herz geschriebene Gesetz allein, oder noch dazu durch ein positives Gesez über die Art, wie ihm von seinen Unterthanen gehorcht werden, und welches für diese der Weg zum Leben sein soll, zu verpflichten. Dasselbe Naturgesez schreibt daher dem Menschen vor, daß, wenn Anzeichen vorhanden liegen, Gott habe den zweiten Weg gewählt, und diese Anzeichen dem

1 S. darüber Salzb. Kbl. 1. 2. 2 Röm. 2, 15.

Menschen genügend promulgirt sind, es demselben nicht mehr freistehe, ob er demselben, d. h. dem positiven göttlichen Geseze, Folge leisten wolle oder nicht; ebenso wenig, ob er sich darum bekümmere, darüber nachdenken wolle oder nicht. Es steht ihm zwar physisch frei, weil er einen freien Willen hat und auf Erreichung seiner Bestimmung verzichten kann, nicht aber rechtlich, ohne Eintrag seiner Menschenwürde, ohne Gefahr für sein ewiges Heil. Nehmen wir nun an, unsere Ungläubigen hätten bisher noch nie genügende Kenntniß davon erhalten, daß wirklich eine solche positive göttliche Ordnung, eine Anstalt mit bestimmter Lehre und Heilmitteln, als der einzige Weg zum Leben besteht; ja es seien ihnen selbst Gründe zu einer Vermuthung bisher nicht hinlänglich bekannt geworden. Das Actenstück, das sie kritisiren, stellt sie nunmehr in eine ganz neue Lage. Hier steht vor ihnen die Thatsache, daß das Oberhaupt der über die ganze Erde hin verbreiteten, seit 18 Jahrhunderten bestehenden Kirche, der Papst, sich auf eine positive Offenbarung des göttlichen Willens als den legitimen Grund seines Vorgehens beruft. Was folgt mindestens daraus, zumal für sie als Richter dieses Anspruches? Daß sie verpflichtet sind, diesen Grund genau zu untersuchen, und wenn sie dann durch das Licht der Vernunft die Wahrheit desselben erkennen, ohne Menschenfurcht vorangehen und den Muth haben, aus Feinden der Offenbarung ehrliche Freunde und Vertheidiger derselben zu werden. Mit dieser Pflicht, welche den Fleiß der Untersuchung nach dem Maße des Zweifels und der Wichtigkeit der Sache bestimmt, hängt die zweite zusammen, der sie ihren Mitmenschen gegenüber unterstehen, daß, bevor sie der Aufgabe sattsam genügt haben, sie ihr Urtheil zurückhalten, um nicht Verbrecher an dem möglicherweise höchsten Gute der menschlichen Gesellschaft zu werden, und falls Geseze gegen eine solche Unthat nicht bestehen, in den Augen jedes rechtlich denkenden Menschen eines leichtfertigen, eines Menschen unwürdigen Verfahrens mit Fug und Recht bezüchtigt zu werden.

41. Doch wir überlassen die Richter der Encyclica ihrem eigenen Nachdenken über das Urtheil, das nicht nur der Glaube an die hl. Schrift, sondern schon die Vernunft und die natürliche Gerechtigkeit ihrem Gebahren spricht, und wenden uns zu den Katholiken. Für die Verpflich tung auf dieser Seite besteht ein anderer, höherer Maßstab. Sie unterftehen nicht bloß jenem Geseze, welches der Schöpfer in ihr Herz ge= schrieben hat, sondern haben sich überdieß als gläubige Christen einem genau bestimmten positiven Gesege, nämlich dem durch die Propheten und

julegt Gottes eingebornen Sohn geoffenbarten Willen Gottes unterworfen; darauf hin sind sie Glieder des mystischen Leibes Christi geworden und haben hier auf Erden Theilnahme an dem Schaße seiner Berdienste, für das Jenseits aber den Anspruch auf das ewige Leben empfangen. Dieses geoffenbarte Gesez ist, wie sie durch es selber an= gewiesen werden, nicht ihrer eigenen Auslegung anvertraut, sondern dem von Chriftus eingesezten Lehrkörper, dessen Haupt der Römische Papst ift. So oft diese höchste Lehrautorität als solche auf rechtmäßige Weise den ihm untergebenen Gliedern des Reiches Christi einer Lehre sich zu unterwerfen befiehlt, worüber dieselben moralische Gewißheit erlangen fönnen; so oft vernehmen sie in seinem Ausspruche die Stimme Gottes felber, die Stimme der untrüglichen Wahrheit, und sind, unter der Ges fahr, das Licht des Glaubens zu verlieren und vom Leibe Christi abgeschieden zu werden, verpflichtet, ihr Urtheil unter das Urtheil der Kirche unbedingt zu unterwerfen und ihm, sei es, daß es eine Glaubenswahrheit oder eine Sittenvorschrift genauer bestimmt, inneren und äußeren Gehorsam zu zollen 1.

42. Die Frage ist nunmehr, hat diese lebendige oberste Lehrautorität der Kirche durch den Mund Pius' IX. in der Encyclica und dem Syllabus gesprochen? Zum Behuse größerer Deutlichkeit gehen wir in einzelnen Sägen voran.

a) Der Papst hat die Encyclica nicht als Privatperson, sondern als Oberhaupt der Kirche, als Statthalter Chrifti, an die Gesammtkirche erlassen; dieselbe verpflichtet daher die Mitglieder der Kirche zum Gehorsam. Der Syllabus aber nimmt an diesem öffentlichen Charakter Theil.

Wenn der Papst ein Schreiben erläßt, so kann er dieses thun als Privatperson, oder in seiner öffentlichen Stellung als Oberhaupt der Kirche. Im ersteren Falle hat, was er ausspricht, keine weitere Geltung, als die einem so hochstehenden, durch große Eigenschaften und Erfahrung ausgezeich= neten Mitgliede der menschlichen Gesellschaft zukommt. Aber etwas Anderes ist es, wenn der Papst in seiner amtlichen Eigenschaft sich ausspricht. Hier kann er sich an einzelne Personen richten, oder an einzelne Kirchen, oder aber an die Gesammtkirche. Welche Verpflichtungen hieraus abfolgen, ist dann aus dem Inhalt des Schreibens zu ermessen. Im Vorstehenden wird nun nicht

1 Es wird in einer spätern Broschüre noch ausführlicher auf diesen Gegenstand jurädgekommen werden.

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