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getheilter gewesen, als in Betreff der Strafgerichtsbarkeit'; es würde auch, wie wir noch an einer anderen Stelle (§ 202) bemerkt haben, eine gänzliche Eremtion in allen bürgerlichen Streitsachen ohne Unterschied aus der Natur der gesandtschaftlichen Mission nicht zu rechtfertigen sein; indessen giebt es, so viel uns bekannt, zur Zeit kein Land, in welchem noch andere Ausnahmen von der Eremtion der Gesandten statuirt würden, als die mit der Erterritorialität an sich verträglichen2; so daß für jetzt jeder Streit unerheblich oder niedergeschlagen sein dürfte. Aus dem theoretischen Standpunkte lassen sich allerdings Bedenken erheben, ob diese allseitige Staatenpraxis nur auf einer precären Convenienz oder auf einer Ueberzeugung von der inneren Nothwendigkeit des Principes beruht; ob nicht also jeder Staat von dem bisherigen Gebrauche ohne Rechtsverletzung gegen die übrigen wieder abgehen dürfe3. Gesezt indeß, es wäre zu bejahen, so würde sich die bürgerliche Gerichtsbarkeit wider einen fremden Ge= sandten immerhin doch in denjenigen Grenzen halten müssen, innerhalb deren sie gegen einen nicht anwesenden Ausländer ausgeübt werden darf, niemals aber bis zu körperlichen Zwangsmaßregeln gegen die Person des Gesandten, oder auf die mit ihm befriedeten Sachen erstreckt werden können.

Was von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit gilt, leidet im Wesentlichen auch auf die polizeiliche Gerichtsbarkeit Anwendung. Zwar kann sich ein Gesandter der Beobachtung der polizeilichen Anordnungen in Betreff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in und außer seinem Hotel nicht entheben; jedoch kann er im Falle der Contravention nicht zur Verantwortung gezogen werden, vielmehr leidet hier nur der Weg Anwendung, welcher im vorhergehenden Para

1) Die Erörterung dieses Punktes nach seinen inneren und geschichtlichen Gründen siehe bei Bynckershoeck, de iud. compet. und bei Evertsen d. J. a. a. D., welcher indeß die gesandtschaftliche Immunität zu Gunsten des Privatrechtes sehr zu beschränken sucht, wie auch schon die Neigung der älteren Holländischen Praxis war. Sonstige Schriften findet man bei v. Ompteda § 265 und v. Kampt § 236.

2) Den Nachweis suchte schon Merlin sect. V, § 4, Nr. 1—9 und Ward, Enquiry II, 497 zu liefern. S. übrigens auch Wildman I, 93. Wegen Frankreich: Arrêt der Cour royale de Paris vom 22. Juli 1815.

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3) S. auch Pinheiro Ferreira zu Vattel IV, § 92 u. ff.

Dalloz, 1815.

graphen in Ansehung leichter Vergehungen als der geeignete bezeichnet worden ist.

e) Selbstgerichtsbarkeit der Gesandten.

216. Aus der isolirten Stellung der Gesandten im Auslande, aus der Fiction der Erterritorialität in Betreff ihrer und ihrer Angehörigen, endlich aus der Vorstellung, daß die Gesandten, wenigstens die der ersten Classe, die persönlichen Vertreter des Souveräns seien, konnte leicht die Ansicht entstehen, daß denselben eine eigene Gerichtsbarkeit innerhalb des exterritorialen Bereiches ihrer Mission gebühre1; und es fehlt auch nicht an geschichtlichen Beispielen, daß sogar die Ausübung der höchsten Strafgerichtsbarkeit, nämlich eines Blutgerichtes, in einzelnen Fällen versucht oder behauptet worden ist, wie man sie in der älteren Zeit jedem Souverän als über die Seinigen nach eigenem Ermessen zuständig vindiciren wollte; um wie viel mehr also die bürgerliche Gerichtsbarkeit. Diese Ansicht hat sich indessen nie zu einer wirklichen Praris erhoben. Auf alle Fälle würde es dazu einer ausdrücklichen Delegation der Gerichtsbarkeit von Seiten des absendenden Souveräns bedurft haben und noch bedürfen; die Verhängung von Criminalstrafen aber würde einem Botschafter in seinem Hotel ebenso wenig von dem auswärtigen Staate, worin er sich befindet, nachgesehen werden, als man jene einem fremden Souverän selbst gestatten würde. Nur in den muselmännischen Staaten des Orientes ist meistens den Europäischen Abgeordneten eine umfassende Gerichtsbarkeit, besonders in Straffachen gemäß den Gebräuchen der Franken" bewilligt, sowie man den muselmännischen Gesandten an Europäischen Höfen eine unbeschränkte Gerichtsbarkeit über ihre Leute gestattet oder nachgesehen hat. Unter den Europäischen Mächten selbst hingegen ist sie nur auf eine sehr untergeordnete Thätig

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1) Verschiedene Ansichten hierüber und Versuche einer Jurisdictionsattribution s. bei Bynckershoeck a. a. D. c. 15 und 21. Merlin sect. V, § 6, n. 2 und IV, n. 4 s. Comte de Garden, Traité compl. de diplom. II, 169. 143. Gegen eine solche Gerichtsbarkeit erklärt sich Evertsen d. J. p. 374.

2) Mémoires de Sully VI, 1 und darnach B. de Martens, Causes célèbr. II, 370.

3) Moser, Beiträge IV, 256. v. Steck, Versuche über verschiedene Materien. Berlin 1783. Vers. XII, S. 88. Wegen Preußen: Stengel, Beitr. zur Kenntniß der Justizverfassung in den Preußischen Staaten XIII, S. 292. Mirus § 355.

keit beschränkt und dem vaterländischen Staate die volle Gerichtsbarfeit vorbehalten.

Jene Thätigkeit besteht

a) in Criminalfällen, woran sich ein Angehöriger der Gesandtschaft betheiligt, in der Festnahme des Verdächtigen oder Nachsuchung seiner Auslieferung; in der Constatirung des Thatbestandes, so weit sie in der gesandtschaftlichen Localität möglich ist, eventuell in desfallfigen Requifitionen an die auswärtigen Behörden, sodann in der Vernehmung der zur Gesandtschaft gehörigen Zeugen, hiernächst in der Ablieferung an die Behörden der Heimath zur weiteren Verfügung; überhaupt also in dem Rechte des sog. ersten Angriffes und weiterhin in der Ausführung der Requisitionen der heimathlichen Gerichte. Zur Auslieferung an die Gerichte des fremden Staates ist dagegen kein Gesandter vermöge eigener Autorität berechtiget, schon wegen des obigen Principes (§ 63, V.);

b) in der Ausübung einer freiwilligen Gerichtsbarkeit zu Gunsten der Angehörigen der Gesandtschaft; namentlich also in Aufnahme und Legalisirung von Testamenten, Beglaubigung von Contracten, Siegelanlegungen und dergl.

Sollte diese Gerichtsbarkeit auch noch von anderen Staatsgenossen des absendenden Staates benutzt werden dürfen, so gehört dazu ohne Zweifel ein besonderer Auftrag; der fremde Staat würde sie überdies in den ihn betreffenden Angelegenheiten nicht anzuerkennen haben.

Das Recht einer Streitgerichtsbarkeit ist den Gesandten an Europäischen christlichen Höfen selbst für die Personen ihres Gefolges, so viel bekannt, nirgends eingeräumt', sondern sie vollziehen hier nur etwaige Requisitionen, insbesondere Zeugenverhöre, und zwar Alles dieses nach den Gesehen ihres Heimathsstaates.

Daß jeder Gesandter in Betreff seiner Hausgenossen, welche nicht beigeordnete Beamte sind, wenigstens das Recht einer mäßigen Züchtigung oder eine sog. Correctionalgerichtsbarkeit habe, ist zwar in älterer Zeit oft als Regel behauptet worden, allein nach den

1) Das Gegentheil behauptet Graf Garden im Traité compl. de diplomatie III, ch. 21, p. 143. 169. 170 offenbar gegen die moderne Praxis. Vgl. Evertsen p. 377.

jezigen Staatseinrichtungen entweder überhaupt nicht oder doch nur sehr ausnahmsweise zugegeben'.

Besondere Immunitäten der Gesandten.

217. Zu allen bisherigen Privilegien haben sich, ohne Zweifel durch Ausdehnung des Erterritorialitätsbegriffes und durch Rückfichten der Hospitalität, auch noch manche andere Befreiungen, im Besonderen eine allgemeine Abgabenfreiheit gesellet, wofür jedoch eine innere Nothwendigkeit oder Consequenz des gesandtschaftlichen Charakters nicht erkannt zu werden vermag. Zwar eine Befreiung von allen regelmäßigen persönlichen Staatslasten folgt schon aus der gewöhnlich dem Gesandten anklebenden Eigenschaft eines Ausländers; allein sie wird auch noch auf indirecte Abgaben ausgedehnt, so daß die Artikel für den Bedarf der Gesandtschaft zollfrei aus dem Auslande von den Gesandtschaften bezogen werden. Inzwischen hat man in neuerer Zeit von Seiten der Regierungen gewisse Grenzen gesetzt, da eine Verbindlichkeit zur Bewilligung derartiger Privilegien durchaus nicht vorhanden ist. Ein Gesandter kann sich sogar nicht einmal den zur Sicherstellung des Abgabeninteresses nothwendigen Durchsuchungen entziehen, wenn nur sein Hotel und sein Staatswagen unberührt bleibt, und er die Versicherung giebt, daß sich keine Contrebande darin befindet.

In keinem Falle erstreckt sich die Abgabenfreiheit der Gesandten a) auf dingliche Lasten, welche auf den dem Gesandten zugehörigen Grundstücken haften;

b) auf persönliche Lasten für die Ausübung staatsbürgerlicher Be

fugnisse, welche mit dem gesandtschaftlichen Charakter nichts gemein haben; z. B. auf Abgaben für die Ausübung eines gewissen Handels;

c) auf diejenigen Staats- und Gemeinde- Abgaben, welche insgemein auf der Benutzung gewisser Sachen und Vortheile haften; z. B. Chaussee- und Straßengelder, wofern nicht auch hierin eine gewisse Liberalität und Höflichkeit beobachtet wird; desgleichen Mieths- und Wohnungssteuer.

1) Vgl. Merlin a. a. D. IV, n. 4 f. Martens, Völkerrecht § 219. Evertsen p. 379.

Im Allgemeinen ist jedoch eine völlig gleichförmige Regel bei diesem völkerrechtlichen Privilegium nicht erweislich'.

Ceremonialverhältnisse der Gesandten.

218. Zu den sogenannten Ceremonialrechten der Gesandten gehört vor allen Dingen eine ihrer Stellung entsprechende Aufnahme in dem fremden Staate. Wie jene eingerichtet werden solle, hängt an sich von dem Ermessen des letteren ab. Der Gesandte kann nur verlangen und erwarten, in keiner irgendwie herabsetzenden Weise, sondern mit Rücksicht auf den Rang seines Staates und auf die Kategorie des ihm beigelegten Gesandtschaftscharakters, ohne Zurückstellung gegen Andere von gleicher Kategorie, aufgenommen zu werden. Er selbst muß auch dazu die Veranlassung geben, indem er sich vorerst bei dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten meldet und ihn ersucht, die weiteren Einleitungen zu seiner Aufnahme bei dem Souverän zu treffen, namentlich zur Uebergabe seiner Creditive, sofern diese an den Souverän selbst gerichtet sind. Ob nun die Einführung und Audienz bei dem letzteren eine besonders feierliche (sogenannte öffentliche) oder private sein soll; mit welchen Förmlichkeiten sie begleitet und beendigt werden soll2: alles dieses hängt von dem speciellen Staats- oder Hofstil, so wie von der Entschließung des fremden Souveräns ab, sofern nur nicht dem angegebenen allgemeinen Principe entgegen gehandelt wird. Die dabei vorkommenden Förmlichkeiten sind aber im Wesentlichen kein Gegenstand des Völkerrechtes.

Lediglich ein Gegenstand der politischen Convenienz sind demnächst auch die von den Gesandten abzustattenden fernerweiten Besuche, wiewohl man auch hier von Rechten gesprochen und selbige geltend zu machen gesucht hat.

Er

1) Vgl. Merlin sect. V, § 5, n. 2. Im Einzelnen vergleiche man die schon oben angeführten gesetzlichen Verordnungen einzelner Staaten in v. Martens, zähl. Th. I u. II. Anhang. Dazu wegen Rußland den Ukas von 1817 in Martens, N. Recueil t. III, p. 96. Wegen Spanien Königl. Decret vom Oct. 1814. Wegen Neapel Königl. Decret vom 22. Febr. 1819. Martens, N. Recueil t. V, p. 346. Wegen Preußen ein Reglement von 1797. In Stockholm gilt seit 1825 unbeschränkte Befreiung von allen Abgaben. S. auch schon L. 8. C. de vectigal. 4, 61.

2) S. darüber Bynckershoeck, Quaest. iur. publ. II, 7. Wicquefort I, c.19.

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