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werden bisheriger Nebenländer mit Losreißzung vom bisherigen Ganzen oder vom Mutterlande. Vollendet ist die Entstehung als Thatsache, sobald sich die schon oben § 16 angezeigten Elemente vorfinden: Masse, Wille und Kraft, sich als Staat zu behaupten. Hiermit ist freilich auch schon für Andere eine Nöthigung verbunden, jenen neuen Staat als Staat für sich bestehen zu lassen; allein erst dann ist nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, denen das christliche Europäische Völkerrecht huldiget, die Entstehung juristisch correct und der neue Staat legitim, wenn durch seine Schöpfung keine Rechte Anderer verlegt find (Neminem laede!), oder sobald die zugefügte Rechtsverletzung beseitigt oder von dem Verletzten aufgegeben ist. Dieser selbst kann daher nicht allein die Entstehung des neuen Staates hindern, sondern auch den bereits entstandenen auf den früheren Rechtsstand zurückzuführen suchen oder dafür Entschädigung fordern, und so lange der beiderseitige Kampf dauert, der sein altes Recht vindicirende Staat nicht dasselbe aufgiebt oder nicht ganz außer Stand zu seiner ferneren Verfolgung gesetzt wird, ist kein Dritter verpflichtet oder berechtigt, den neuen Staat anzuerkennen oder mit ihm als solchem einen politischen Verkehr zu beginnen. Blos der natürliche Verkehr der Völker, namentlich der commercielle, kann durch jenen Kampf nicht gehindert werden, so weit nicht der Kriegszustand hier Beschränkungen setzt. Ob ein Recht durch die neue Schöpfung verlegt werde, liegt außerhalb der Competenz dritter Staaten, die nicht selbst Parteien sind; für sie ist jene Schöpfung nichts als eine Begebenheit, eine weltgeschichtliche Revolution und deren Geschehenlaffen oder Hemmung eine Frage der Politik und Sittlichkeit. Da= gegen für die bisher in einem Staatsverbande begriffenen ist sie eine Rechtsfrage, worüber das innere Staatsrecht entscheiden muß, nebenbei auch für dritte Mächte, welche eine Integrität des bisherigen Staatsverbandes stipulirt oder aus anderen Rechtsgründen im eigenen Interesse zu fordern, nicht aber blos accessorisch verbürgt haben. Unter allen Umständen ist der neue Staat schuldig, jede Verbindlichkeit, die seinen Theilen noch aus dem bisherigen Verhältniß obliegt, zu erfüllen. Andererseits bedarf es für ihn keiner ausdrücklichen Anerkennung der schon bestehenden Mächte zu seinem Dasein; er ist ein Staat, weil er es ist; und eben so wenig ist ein schon bestehender Staat zu einer politischen Anerkennung oder zur Eröffnung eines

politischen Verkehres mit dem neuen verpflichtet, wenn nicht das Eine wie das Andere den politischen Interessen zuträglich befunden wird. Die Anerkennung ist eben nichts als die Bekräftigung der völkerrechtlichen Existenz und die Zulassung eines neuen Gliedes in die schon bestehende völkerrechtliche Genossenschaft. Sie geschieht entweder ausdrücklich durch Verträge, oder stillschweigend, z. B. durch Eröffnung eines förmlichen gesandtschaftlichen Verkehrs'.

24. Staaten entstehen, wachsen, altern und vergehen, wie der einzelne Mensch; unsterblich ist der Staat nur in seinem Begriffe und im Beweggrunde; unsterblich der Einzelstaat höchstens in dem Sinn, daß er nicht von der physischen Eristenz bestimmter Glieder abhängig ist, sondern so lange bestehet, als sich neue Glieder in ihm reproduciren. Im Uebrigen ist er vergänglich wie alles Irdische, und seine Macht nicht über sich selbst hinausreichend. Wann nun ein Einzelstaat aufhöre zu eristiren, ist darum keine unpraktische Frage, weil mit der Eristenz die davon abhängigen Rechtsverhältnisse erlöschen müssen. Als oberster Grundsah muß hier gelten:

1) Mit den vorgetragenen Grundsätzen stimmt im Wesentlichen die Staatenpraxis und publicistische Lehre überein. Fälle der Anwendung ergaben sich bei dem Abfall der Vereinigten Niederlande und hiernächst Portugals von Spanien, der Nordamerikanischen Colonialländer von Großbritannien, der Südamerikanischen Staaten von Spanien, Griechenlands von der Türkei, Belgiens vom Königreich der Niederlande. Wichtig sind in dieser Beziehung vorzüglich die Verhandlungen zwischen Großbritannien und Frankreich über dessen Anerkennung der Nordamerikanischen Unabhängigkeit. S. Ch. de Martens, Nouv. causes célèbres. t. I. 1843. p. 370-498; dann das Verhalten der Europäischen Höfe in Bezug auf die Südamerikanischen Staaten. Unter den Publicisten, welche die Frage größtentheils auch im obigen Sinne beantworten, nennen wir Moser, Versuch des n. E. Völkerrechtes VI, 126 f. Günther, Völkerrecht I, 76. Schmalz, Völkerrecht S. 36 f. Klüber, dr. des gens. § 23. Wheaton, intern. L. I, 1, 2. § 19 p. 96 (Elem. § 10 p. 36). Phillimore II, 16. Die mehr staatsrechtliche Frage, ob und unter welchen Umständen es einem Theile eines Staates erlaubt sei, sich von dem Ganzen loszu= reißen, ist schon in älterer Zeit (z. B. von H. Groot III, 20, 41, 2 und seinem Commentator H. Cocceji zu II, 5, 24, 2; ferner v. Pufendorf, J. N. et G. VIII, 11. § 4) berührt, in neuerer Zeit aber begreiflicher Weise sehr verschiedentlich beantwortet worden. Von Einmischungen in solche Begebenheiten Seitens dritter Staaten wird weiterhin die Rede sein.

2) Respublica aeterna. Universitas non moritur sed conservatur in uno. Weitläuftige gelehrte Nachweisungen dieses Satzes aus den Alten, deren wir nicht weiter bedürfen, s. bei Groot, J. B. ac P. II, 9, 3 und Pufendorf, J. N. et G. VIII, 12, 7.

Jeder souveraine Einzelstaat besteht so lange, als er noch unter irgend einer Form die wesentlichen Bedingungen oder Elemente eines Staatsverbandes (§ 15) bewahrt, als mithin eine für sich seiende und dazu ferner fähige, sich selbst reproducirende Gemeinde vorhanden ist, gleichviel, ob sie sich aus sich selbst durch Fortpflanzung oder anderswoher durch Einwanderer fortergänzt. Er erlischt also völlig:

durch gänzliches Aussterben oder physische Vernichtung aller Staatsgenossen;

durch völlige Auflösung der ausschließlichen Genossenschaft, z. B. mittelst Auswanderung oder Vertreibung der Einzelnen in andere Gegenden, wie dem Judenvolke widerfuhr; oder

durch Vermischung einer Staatsgemeinde mit einer anderen für sich seienden (unio per confusionem), wo entweder jede ihre Besonderheit aufgiebt, oder eine sich der anderen unterordnet'. Nur theilweis verliert er seine Eristenz durch Substanzverminderung, nämlich:

durch Dismembration oder Trennung in mehrere Einzelstaaten; durch Avulsion oder Abtrennung eines Theiles der Staatsgemeinde und Verbindung derselben mit einem andern Staat;

durch Incorporation in einen anderen oder durch Reducirung auf Halbsouveränetät (§ 19).

Dagegen bleibt es derselbe Staat, wenn blos in der Regierungsform oder im Subject der Staatsgewalt eine Aenderung eintritt, wohin auch der Fall einer gleichen Vereinigung mit einem anderen Staat gehört; sodann bei Uebersiedelung aus einem Territorium in ein anderes, wobei Ersterer ganz aufgehoben wird3, während die

1) Vgl. Groot a. a. D. § 6. Pufendorf § 9.

2) Aristoteles nahm bei dieser schon damals berühmten Frage das Gegentheil an (Polit. III, 1). Allein bei den neueren Publicisten ist nur eine Stimme darüber. S. Groot § 8, 1 a. a. D. Pufendorf § 1 a. a. D. Boecler, de actis civitat. (Diss. acad. Vol. I, p. 881). Hert, de plurib. hominib. unam person. sustinentib. § 7. 8. C. v. Bynckershoek, Quaest. i. publ. II, 25: „forma civitatis mutata non mutatur ipse populus. Eadem ubique res publica est." Die Elemente des Staates bleiben ja unverändert.

3) Feste Size erachten wir freilich für wesentlich zu einem wahren Staat, aber dieselbe Scholle macht nicht den Staat. S. auch Groot § 7 a. a. O. Pufendorf § 9. Und schon Ariftot. a. a. D. p. 74 ed. Göttling.

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Staatsgemeinde selbst in ihrer Ausschließlichkeit und Selbständigkeit verbleibt. Durch Fälle dieser Art wird natürlich in den Rechtsverhältnissen des bisherigen Staates Nichts geändert; sie äußern nur dann einen Einfluß auf lettere, wenn und so weit solche von der unveränderten Beschaffenheit der bisherigen Zustände abhängig sind, z. B. in Betreff der Verträge'.

25. Bei gänzlichem oder theilweisem Erlöschen der Staaten entsteht die Frage: ob und für wen dabei eine Succession in die Rechte und Pflichten des erloschenen Staates Play greife. Man hat dabei geftritten, ob die Succession eine universale oder eine particuläre sei2 und so Begriffe des Privatrechtes in das öffentliche Recht übergetragen, deren Anwendung die einfache Erkennung des Princips nur stören kann.

Als Regel für den Fall einer gänzlichen Extinction muß ohne Zweifel gelten:

daß alle öffentlichen Rechtsverhältnisse der vormaligen Staatsgenossenschaft, da sie eben nur für diese begründet waren, als erloschen anzusehen sind, so weit nicht ihre Fortdauer auch in dem neuen Zustande der Dinge möglich und vorbedungen ist; daß dagegen alle aus dem vormaligen Staatsverhältnisse herrührenden Privatrechte und Pflichten der Einzelnen (iura et obligationes singulorum privatae) mit Einschluß der subsidiarischen Verpflichtungen der Einzelnen für den Staat3, sie ruhen auf Personen oder Sachen, als noch fortbestehend geachtet werden müssen, wenn sie nur irgendwo einen Gegenstand oder Raum zur Realisirung haben.

Denn einmal entstandene, auf keine Zeit beschränkte Rechte sind als zeitlose immer dauernd, so lange die Subjecte und Sachen existiren, unter denen oder hinsichtlich derer fie Statt finden.

Ganz dasselbe ist in Hinsicht auf Privatrechte bei theilweiser Vernichtung eines bisherigen Staatenverbandes zu behaupten; was aber die öffentlichen Rechtsverhältnisse der Staatsglieder betrifft, so müssen sich dieselben hier denjenigen Veränderungen unterwerfen,

1) S. auch Phillimore I, 152.

2) M. f. z. B. Klock, Consil. Vol. VIII, 152, n. 28. v. Cramer, Wşl. Nbst. 110, S. 233.

3) Z. B. also auch der Staatsschulden, welche den Einzelnen zur Last fallen.

welche durch den nunmehrigen Zustand der Dinge nöthig werden, oder welche, wenn die Veränderung im Wege des Krieges ohne sichernde Stipulationen eingetreten ist, der Sieger damit vorzunehmen für gut findet.

Vermögensrechte und Verpflichtungen eines ganzen aufgelöseten Staates werden auch noch in seinem neuen Zustande verbleiben, nur die Verwaltung wird geändert2; bei Theilungen werden sie auf die einzelnen Theile verhältnißmäßig übergehen. Wie es jedoch in Fällen lezterer Art mit dem unbeweglichen Staatseigenthum gehalten werde, soll im Sachenrecht seine Stelle finden (Abschn. 2).

Allgemeine Rechte und Grundverhältnisse der Staaten als solcher unter einander.

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26. Die allgemeinen Rechte der Staaten unter einander, welche hier zunächst, mit Hinsicht auf die ihnen durch das Herkommen gegebene ceremoniale Gestaltung und beigegebenen oder möglichen conventionellen Beschränkungen erörtert werden müssen, sind wesentlich: 1. das Recht eines ungestörten eigenen Daseins — Recht der Persönlichkeit an sich; mit seinem großartigen Inhalt, dem Recht eines eigenen Territoriums, dem Recht der Selbsterhaltung und den Rechten der Souveränetät oder inneren und äußeren Machtvollkommenheit;

2. das Recht auf Achtung der Persönlichkeit;

3. das Recht auf gegenseitigen Verkehr.

1) Daher z. B. die Bestimmung des Reichs - Deputations - Hauptschlusses von 1803 § 3 g. E. wegen der landständischen Verfassungen im vormaligen Fürstenthum Münster.

2) In so fern sagt man, der Fiscus des neuen Staates succedire universell in die Rechte und Pflichten des aufgelösten. Auch greift der Satz ein: bona non intelliguntur nisi deducto aere alieno.

3) Erörterungen über diesen Gegenstand finden sich in der vormaligen Zeitschrift Hermes XXX, 1. S. 113. S. auch Groot II, 5, 9. § 9 u. 10. Pusendorf VIII, 12. § 5 a. a. O. Wheaton a. a. D. § 20. p. 99 (Elem. I, p. 38); ferner das (Lübecker) Austrägalurtheil in Sachen Preußen wider Baiern, die Ansprüche der Fürstin Berkeley betreff., in Leonhardi, Aufträgalverf. des D. Bundes I, 645 und Pinder, das Recht getrennter Landestheile auf gemeinschaftl. Legate. Weimar 1824. Phillimore I, 157.

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