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sezt sich zunächst sein Recht gegen Andere selbst; giebt er die Isolirung auf, so bildet sich im Verkehre mit den anderen ein gemeinfames Recht, wovon er sich nicht wieder lossagen kann, ohne seine Eristenz und seinen Zusammenhang mit den anderen aufzuopfern oder doch in Gefahr zu bringen. Mit der Bildungsstufe der Völker hat dieses Recht eine bald engere bald weitere Ausdehnung. Es beruhet zuerst nur auf äußerer Nothwendigkeit oder äußerlichem Nugen. In höherer Entwickelung nimmt es aber auch das sittlich Nöthige und Nügliche in sich auf; es stößt das Unfittliche allmählich von sich aus und fordert ein in diesen Grenzen gehaltenes Handeln'. In der That beruht es daher auf einem allseitigen ausdrücklichen oder doch mit Gewißheit vorauszusehenden Einverständniß (consensus) innerhalb eines gewissen Staatenkreises, auf der Ueberzeugung, daß jeder seiner Theile unter gleichen Umständen dieselbe Nöthigung so und nicht anders zu handeln empfinden werde, es seien nun die Beweggründe äußerliche, oder moralische. Fremd ist dagegen dem Völkerrecht eine gesezgeberische von höherer Gewalt ausgehende Gestaltung, da die Staaten in ihrer Unabhängigkeit keiner gemeinsamen irdischen Obrigkeit unterworfen sind. Es ist das freieste Recht, welches eristirt; es ermangelt in der Anwendung sogar einer organischen selbständigen Richtergewalt. Aber als Organ und Regulator dient die öffentliche Meinung, als Schuß die Staatengenossenschaft und das lezte Gericht ist die Geschichte, welche als Dife das Recht bestätigt und als Nemesis das Unrecht ahndet. Seine höchste Sanction ist die Weltordnung, welche, indem sie den Staat sezte, dennoch nicht die menschliche Freiheit in Einzelstaaten gebannt und damit abgeschlossen, sondern dem Menschengeschlecht den ganzen Erdball erschlossen hat3; seine Bestimmung: der allseitigen Entwickelung des

1) Tiefer dargelegt von F. A. Trendelenburg, Naturrecht auf dem Grunde der Ethik. Berl. 1860.

2) Mehrere, besonders Britische Rechtsgelehrte, z. B. Rutherforth, Institutes of nat. law. II, 5, leugnen deshalb dem äußeren Staatenrecht jeden positiven Charakter ab. Sie sahen nicht, daß das Recht überall auch in den Staaten selbst, wenigstens zum größten Theile, ohne den Einfluß einer höheren Gewalt entstanden und befestigt war, jenes ius non scriptum, quod consensus fecit. Richtiger hat Mr. Austin (Province of iurispr. determ. Lond. 1832) die Sache durchschaut. 3) Sehr schön äußert sich hierüber mit Cic. de off. 3, 6. Lactant. div. Instit. 6, 6.

Inhalt des Völkerrechtes und Verhältniß zur Politik.

4. Keine gesellschaftliche Verbindung kann auf einen ewigen Frieden Rechnung machen; und nicht bloß der einzelne Mensch, auch die Nationen sündigen an sich und unter einander. Zur Sühne und Emporhebung aus dem Versinken dient der Krieg. Ein goldenes Zeitalter ohne ihn, ohne seine Nothwendigkeit, wäre ein Zustand der Sündlosigkeit der Völker. Gewiß erzeugt auch der Krieg geistige Bewegung und stählt Kräfte, welche im Frieden schlafen oder verjumpfen und ohne Erndte bleiben'. Immerhin ist er die Herstellung des Friedens, ein Schuß gegen das Unrecht und gegen Störungen der Freiheit des vernünftigen Völkerwillens. So kann ihn also auch das Völkerrecht nicht ignoriren, vielmehr hat es ihm recht eigentlich das Gesez vorzuschreiben. Es zerfällt daher selbst wesentlich in zwei Abschnitte:

I. in das Recht des Friedens, oder die Grundverhältnisse der Staaten im friedlichen socialen Zusammenbestehen in Rücksicht auf Personen, Sachen und Obligationen;

II. in das Recht des Unfriedens, oder das Actionenrecht2, welches die Wege und Grundsäge der internationalen Rechtsverfolgung befaßt.

An beide schließt sich sodann noch

III. die äußere Staatenpraris, insbesondere Recht und Form des diplomatischen Verkehres3.

1) „Nullum omnino corpus sive sit illud naturale sive politicum, absque exercitatione sanitatem suam tueri queat. Regno autem aut reipublicae iustum atque honorificum bellum loco salubris exercitationis est. Bellum civile profecto instar caloris febrilis est, at bellum externum instar caloris ex motu, qui valetudini inprimis conducit. Ex pace enim deside et emolliuntur animi et corrumpuntur mores. Baco Serm. fidel. t. X. p. 86. S. auch Polybius IV, 31.

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2) Ius belli. Von Isidor ius militare genannt. c. 9. 10. D. 1.

3) Gegen obige Anordnung, welche der juristischen Anschauung und Gewöhnung sehr nahe liegt, haben sich manche Stimmen erklärt, z. B. Bulmering, die Systematik des V. R. Dorpat 1858, auch Mohl u. A. Die kunstvollste Methodik wird jedoch in der Ausführung immer wieder auf die obigen Categorieen zurückführen oder ein stilles Sehnen danach erzeugen. Der Verfasser hat sie nicht aus Bequemlichkeit oder Gewöhnung festgehalten.

Einzelne Theile des Völkerrechts find das Seerecht, das s. g. internationale Privatrecht und Fremdenrecht.

Neben dem Völkerrecht und unter den Staatswissenschaften ihm am nächsten steht die äußere Politik der Staaten oder die Klugheitslehre von dem richtigen Verhalten eines einzelnen Staates gegen die anderen. Ein Widerspruch zwischen Völkerrecht und Politik, wenn er auch in der Praris öfters vorhanden ist, kann naturgemäß nicht stattfinden; es giebt nur Eine Wahrheit und keine sich widersprechenden Wahrheiten. Eine sittlich correcte Politik kann niemals thun und billigen, was das Völkerrecht verwirft, und andererseits muß auch das Völkerrecht gelten lassen, was das Auge der Politik für den Selbstbestand eines Staates schlechterdings als nothwendig erkennt. Denn der Vorbehalt dieses Selbstbestandes ist ohne Widerrede die Bedingung des Eintrittes in eine Völker-Genossenschaft, ebenso gewiß auch der Vorbehalt der eigenen Volkswohlfahrt im Zwiespalt' mit der Wohlfahrt Anderer, wo die Frage des Rechtes oder der Selbst= erhaltung nicht vorliegt.

Natürliche Garantie des Völkerrechtes: das Gleichgewicht der Staaten.

5. Auch da, wo sich ein bestimmtes Völkerrecht im Bewußtsein und in der Uebung der Nationen befestiget hat, zeiget die Geschichte unzählige Gefahren und Verlegungen desselben auf. Es ist vorzüglich dem Anreize der Macht blosgestellt, über andere zu herrschen und sie sich dienstbar zu machen. Zu seinem Schuge fann indessen ein gewisses Gleichgewicht der Staaten und Nationen unter einander wesentlich beitragen. Dieses Gleichgewicht besteht im Allgemeinen darin, daß jeder Einzelstaat, indem er sich zu einer Verlegung des Völkerrechtes an Anderen entschließet, eine gleichkräftige Reaction nicht nur des Bedrohten, sondern selbst der übrigen zu erwarten hat, welche an demselben völkerrechtlichen System Theil nehmen, um einer gefährlichen Veränderung der bestehenden Staatsverhältnisse entgegen zu wirken. Praktisch ist es nicht blos mit einem materiellen Gleich

1) Denn ohne solchen wird eine sittliche Politik nicht vergessen, was Cicero (de off. III, 6) und mit ihm Lactant. (Inst. div. VI, 6) gesagt: Qui civium rationem dicunt habendam, externorum negant, hi dirimunt communem humani generis societatem etc.

gewicht der einzelnen Staaten unter einander denkbar, welches aller= dings geschichtlich selten oder nie existirt hat und, wenn ja zuweilen vorhanden, dennoch einer steten Veränderung unterworfen wäre, da die Nationalkraft sich nicht in allen Staaten gleichmäßig entwickelt, fortschreitet und sinkt; sondern es kann auch auf einer moralischen Gesamtbürgschaft ungleicher Staaten beruhen, vermöge deren alle Glieder einer Staatengesellschaft sich verpflichtet halten, der bedenklichen Uebermacht Einzelner vorzubeugen und mit vereinter Macht entgegen zu treten. Natürlich darf aber auch hier die erforderliche physische und moralische Kraft der Uebrigen zur Abwehr des Mächtigsten nicht fehlen, sonst wird diesem gegenüber Gleichgewicht und Völkerrecht ein leerer Schall. An und für sich aber ist die Idee eines politischen Gleichgewichtes der Staaten durchaus keine Chimäre, wofür sie Manche erklärt haben, sondern eine höchst natürliche für Staaten, die sich zu demselben Recht bekennen wollen; nur die Anwendung, welche davon zu manchen Zeiten gemacht ist, und die Folgerungen, die darauf gebaut wurden, find verwerflich'.

II.

Das Europäische Völkerrecht.

Geschichtliche Genesis 2.

6. Schon in der alten Welt finden sich übereinstimmende Völkergebräuche im wechselseitigen Verkehre, vornehmlich in Betreff der

1) Die Schriften über das Europäische Gleichgewicht finden sich nachgewiesen in v. Ompteda Lit. II, 484 ff., v. Kampß n. Lit. 98. 99 und in Klüber dr. des gens § 42. S. auch Fichte, Reden an die D. Nation. Berl. 1808. S. 411-417. Ueber den Einfluß der Idee des Gleichgewichts auf das Völkerrecht vergl. den folg. §.

2) Hauptwerk, R. Ward, Enquiry into the foundation and history of the law of nations in Europe, from the time of the Greeks and Romans to the age of H. Grotius. Lond. 1795. 2 Vols. Dann H. Wheaton, histoire des progrès du droit des gens depuis la Paix de Westphalie. Leipz. 1841. 2. éd. 1846. Müller-Jochmus, Gesch. d. Völkerr. im Alterthum. Leipz. 1848. F. Laurent (Prof. à Gand.). Histoire du dr. d. g. Par. 1851. T. I—VIII; 3. ed. 1853. de Wal, Inleiding tot v. W. d. h. Volkenregt. Groning. 1835. p. 124–171.

Einzelne Theile des Völkerrechts sind das Seerecht, das s. g. internationale Privatrecht und Fremdenrecht.

Neben dem Völkerrecht und unter den Staatswissenschaften ihm am nächsten steht die äußere Politik der Staaten oder die Klugheitslehre von dem richtigen Verhalten eines einzelnen Staates gegen die anderen. Ein Widerspruch zwischen Völkerrecht und Politik, wenn er auch in der Praris öfters vorhanden ist, kann naturgemäß nicht stattfinden; es giebt nur Eine Wahrheit und keine sich widersprechenden Wahrheiten. Eine sittlich correcte Politik kann niemals thun und billigen, was das Völkerrecht verwirft, und andererseits muß auch das Völkerrecht gelten lassen, was das Auge der Politik für den Selbstbestand eines Staates schlechterdings als nothwendig erkennt. Denn der Vorbehalt dieses Selbstbestandes ist ohne Widerrede die Bedingung des Eintrittes in eine Völker-Genossenschaft, ebenso gewiß auch der Vorbehalt der eigenen Volkswohlfahrt im Zwiespalt' mit der Wohlfahrt Anderer, wo die Frage des Rechtes oder der Selbsterhaltung nicht vorliegt.

Natürliche Garantie des Völkerrechtes: das Gleichgewicht der Staaten.

5. Auch da, wo sich ein bestimmtes Völkerrecht im Bewußtsein und in der Uebung der Nationen befestiget hat, zeiget die Geschichte unzählige Gefahren und Verlegungen desselben auf. Es ist vorzüglich dem Anreize der Macht blosgestellt, über andere zu herrschen und sie sich dienstbar zu machen. Zu seinem Schuße kann indessen ein gewisses Gleichgewicht der Staaten und Nationen unter einander wesentlich beitragen. Dieses Gleichgewicht besteht im Allgemeinen darin, daß jeder Einzelstaat, indem er sich zu einer Verlegung des Völkerrechtes an Anderen entschließet, eine gleichkräftige Reaction nicht nur des Bedrohten, sondern selbst der übrigen zu erwarten hat, welche an demselben völkerrechtlichen System Theil nehmen, um einer gefährlichen Veränderung der bestehenden Staatsverhältnisse entgegen zu wirken. Praktisch ist es nicht blos mit einem materiellen Gleich

1) Denn ohne solchen wird eine sittliche Politik nicht vergessen, was Cicero (de off. III, 6) und mit ihm Lactant. (Inst. div. VI, 6) gesagt: Qui civium rationem dicunt habendam, externorum negant, hi dirimunt communem humani generis societatem etc.

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