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Kurie. Ohne Einwilligung der Landesobern durften die Kirchenobern keine Verordnungen erlassen (placitum regium): eben so prüften, bewilligten und vernichteten sie jeden Vertrag und jedes Gelübde eines Bürgers, wenn diese auf die Kirche Bezug hatten; überall hatten sie das Staatsbeste vor Augen. Jeder Geistliche, niedere und hohe, musste den Bürgereid schwören und ihn nie ungerechtem Verlangen der Kirche aufopfern, sonst wurde er entsetzt. Die Kollatur der Pfründen (Patronatrecht) übte der Staat überall aus, wo sie nicht aus besondern Gründen Aebten oder andern Personen zustand. Auch die Protestanten übten es später, nach Fug und Recht, über katholische Pfrunden, und als der Nuntius Accaioli 1744 ungerechte Klage erhob, wurde es ihnen auf den Tagleistungen zu Baden und Frauenfeld (1745) durch einen unabänderlichen Kanon zugesichert. Früh schon 1413 in Luzern, später in allen Kantonen, suchten die Eidgenossen den Hang der Kirche und der geistlichen Korporationen, sich in den Besitz unbeweglicher Güter zu setzen, durch Amortisationsgesetze zu zügeln, „umbe dass unser Stat nüt gerade eigen den Pfaffen werde", sagt das Gesetz. Kraft dieser Gesetze wurde die Befugniss zu einem solchen Erwerbe dem Willen des Staates unterworfen und eingeschränkt.

Das einmal erworbene Kirchengut anlangend, so stand es, wie oben bemerkt, unter der Kastenvogtei des Staats. Realimmunität, oder Befreiung der Güter der Kirche und der geistlichen Personen von bürgerlichen Lasten und Abgaben, wurde nie gestattet. Der Eidgenossen strenger Rechtssinn ertheilte dem Geistlichen alle, einem freien Bürger zukommenden Rechte, legte ihm aber von jeber auch alle Lasten desselben auf. Kraft des Obereigenthumsrechtes des Staates hielten sich die Eidgenossen berechtigt, Kirchengüter bei dringender Noth des Gemeinwesens zu veräussern, oder, wo sie nutzlos seyen, dahin zu übertragen, wo sie zum Heile der Kirche und der Seelen besser frommen möchten, also neue Pfarreien, Krankenhäuser u. 8. w. zu stiften. Zwar erkannte das Tridentinum dieses Recht nur den Bischöffen zu, als Aushelfern des Pabstes, aber die Schweizer nahmen die Kirchenverordnungen dieses Konci. liums nicht an, wovon unten mehr.

Die persönliche Immunität des Klerus wurde früh aufge

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fremd Gericht nimmt (bischöffliches oder in Rom), dem ist der Genuss aller gesellschaftlichen Dinge, der Schirm und Schutz der Gesetze versagt u. s. w." Der Geistliche, als Glied der Bürgergemeinde, stand in allen peinlichen, Civil- und Polizeisachen unter weltlichem Gerichte, nur in reingeistlichen Din gen unter dem Bischoffe. Lange und heiss war der Kampf um dieses Recht, aber die Eidgenossen blieben standhaft. Wurde je aus Begünstigung dem geistlichen Gerichte die Bestrafung eines fehlbaren Subjektes überlassen, so wurde das Staatsrecht feierlich vorbehalten, wie in Luzern (1578) 2).

Diese Rechte, und somit die bürgerliche Freiheit der Eidgenossen, gleichwie ihre vorhin beschriebene kirchliche Freiheit, strebte Rom, durch gleiche List und Gewalt, aber mit weniger Glück, wie in andern Ländern, zu untergraben und in diesem Lieblingssitze der Freiheit römische Knechtschaft zu pflanzen. Ehe wir dies betrachten können, bedarf es einiger Bemerkungen über die alten Bünde der Schweiz mit Rom und die Nuntiatur in diesem Lande.

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Die streng abgeschlossene Eigenthümlichkeit dieser Gebirgsvölker, ihr tiefes religiöses Gefühl, ihr thatkräftiger Rechtssinn und die unüberwindliche Tapferkeit, die sie eben erst durch so viele unsterbliche Thaten in Erkämpfung ihrer Unabhängigkeit bewährt hatten, veranlasste die Päbste im fünfzehnten Jahrhunderte, zur Erreichung ihrer politischen Zwecke in Italien, Hülfe bei dem Volke der Schweizer zu suchen, unter dem Vorwande, als sey der heilige Vater und die christliche Kirche in Gefahr. In den Thälern von Unterwalden, Uri, Schwyz, den Städten Bern, Luzern und Zürich erschienen die päbstlichen Legaten und klagten,,,wie der heil. Vater und die

2) Die Hauptschriften über diese Rechte sind: Felix Balthasars de juribus Helvetiorum circa sacra, d. i. kurzer historischer Entwurf der Freiheiten der Eidgenossen in geistlichen Dingen. Zürich 1768. Versuch einer pragmatischen Geschichte der staatsrechtlichen Kirchenverhältnisse der Eidgenossen. Germanién. 1816 (von Ild. Fuchs.). Dazu füge man das Schriftchen: Auch etwas über die Kirchengüter u. s. w. gegen Geiger und Görres. Zürich 1828. An einer umfassenden historischen Entwickelung dieses Gegenstandes fehlt es noch; vielleicht hat die gelehrte Welt sie vom Herrn D. Kasimir Pfyffer in Luzern zu erwarten.

Kirche, die allgemeine Mutter aller Christen, dem Spotte eigener Kinder (der Franzosen), die ihre Feinde geworden, preis gegeben, einzig noch vertraue auf den Schutz und starken Arm des frommen Volks der Schweizer." Diese Klagen weckten den religiösen Enthusiasmus dieser frommen Hirtenvölker; vermehrt wurde er durch schmeichelhaftes Lob' ihrer alterprobten Treue, als des apostolischen Stuhls ergebensten Verfechter und Beschützer; zum Ungestüm entflammt durch das Versprechen geistlicher Gnaden, Freiheiten, Indulgenzen und Ablässe, womit der Stuhl Petri sie bereichern wolle 3). So entstanden die Schutzbündnisse der Schweizer mit dem apostolischen Stuhle unter einer Reihe von Päbsten, Sixtus IV., Innocenz VIII., Julius II., Leo X., Adrian VI., Clemens VII., von 1479 bis 1533; ein eigenes Verhältniss, das bei keinem anderen Volke der Christenheit statt fand, knüpfte sie diese ganze Zeit hindurch an Rom; sie waren die Beschützer und Beschirmer (ihrem frommen Glauben nach) des apostolischen Stuhls. Durch ihren Muth demüthigte Julius II. zwei französische Könige; mehrmals befreiten sie Italien von fremden Herren, und die Riesenschlachten von Novara und Marignano wurden für Rom geschlagen. Zum Lohne bewilligte ihnen Sixtus IV. ihre Kriegsfahnen mit heiligen Religionszeichen zu schmücken, ertheilte den Hauptkirchen zu Zürich, Bern, Luzern den grossen Ablass des Jubiläums der St. Peterskirche in Rom, und erklärte die Eidgenossen für die besten Christen. Julius II. schenkte ihnen zwei geheimnissvolle Panner, ein mit Gold und Perlen ausgestattetes Schwert, einen Herzogshut und den Titel: „Vertheidiger der Kirchenfreiheit 4)." Das, behaupteten die Päbste in den spätern Zeiten, seyen die Privilegien und Freiheiten, welche die Schweizer vom apostolischen Stuhle empfangen hätten. Sie liessen sich aber nicht täuschen.

Die Erfahrung von dem unschätzbaren Werthe der Ergebenheit dieses treuen Volkes, dazu die Reflexion, welch' eine unüberwindliche Veste der Ultramontanismus habe, wenn er in

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3) S.: Fuchs Mailändische Feldzüge II. Th. S. 56. f.

4) S.: Pragmatische Geschichte der staatsrechtlichen Kirchenverhältnisse u. s. W.

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den Gemüthern dieses Volkes gegründet sey, die Wichtigkeit der
Schweiz endlich, zwischen Teutschland und Frankreich, für
alle römische Plane nach diesen Ländern hin, waren die Ur-
sache, dass es in Rom eine beständige Aufgabe ward, auch als
die politische Bedeutung der Schweiz für Rom längst aufgehört
hatte, diese Völker durch ultramontanische Art, Grundsätze
und Einrichtungen dem römischen Stuhle eigen und unterwürfig
zu machen, und ihr Land gleichsam in eine römische Provinz
zu verwandeln. Daher war es eine herrschende Ansicht in
Rom, dass die Nuntiatur in der Schweiz keiner der vielen
vorhandenen an Ansehen und Wichtigkeit weiche." 5). Römi-
sche Fesseln sollten der Lohn seyn für die grossen Verdienste
um den Stuhl Petri. Das Mittel war die Nuntiatur.
allgemeine Zweck der Nuntiatur in allen Ländern war bekannt-
lich, die Isidorischen Dekretalen durchzuführen, d. h. die Bi-
schöffe in abhängige Diener des römischen Stuhls zu
deln, und ausser diesem jede andere selbstständige Kirchenau-
torität zu vernichten; die Rechte der weltlichen Macht in
Kirchensachen aufzuheben, oder in blosse Schenkungen und Kon-
cessionen Roms umzustempeln; jede freiere Geisteskultur zu
unterdrücken und Völker und Könige unter das päbstliche Joch
zu beugen. Die Nuntien selbst traten nicht als Gesandte einer
Macht, sondern als eine eigene furchtbare Kirchengewalt, wie
römische Unterpäbste, auf 6).

Der

verwan

Dieser allgemeine Zweck modificirte sich in den einzelnen Ländern und brachte eigenthümliche Erscheinungen hervor.

Die früheren Nuntien in der Schweiz, etwa von 1213 bis 1579, ehe die Nuntiatur ständig wurde, waren nicht bloss kirchliche Gewalten, sondern auch politische Geschäftsträger, Lägerherrn (Werbofficiere), die ein schweizerisches Heer nach dem

5) S.: des Italieners Scotti kurzer Bericht über die Geschichte der Nuntiatur in der Schweiz, im schweizerischen Museum (1816 2tes Heft) übersetzt. Er selbst war 1640 Nuntius daselbst. Eine merkwürdige Schrift! Felix Balthasar, der Verfasser der jura circa sacra, hat eine treffliche Geschichte der Nuntiatur in der Schweiz, in Handschrift, der Bibliothek zu Luzern vermacht. Warum ist sie noch nicht gedruckt?

6) S.: Mosers Geschichte der Nuntiatur in Teutschland 1788 und: Versuch einer pragmatischen Geschichte der staatsrechtlichen Kirchenverhältnisse der Eidgenossen. S. 148. ff.

andern über die Alpen führten, und nicht selten Feldherrn, besonders in den Zeiten der kriegerischen Verbindungen der Eidgenossen mit Rom. Sie erschienen bei einzelnen Veranlassungen; ihrer waren oft fünf zugleich in der Schweiz. Das wilde Treiben dieser kriegerischen Legaten, so viel man auch dem Zeitgeiste beimessen mag, übersteigt dennoch allen Glauben. Zwar schonten sie klug die Staatsrechte der Eidgenossen (alte Uebungen und Gewohnheiten genannt) damals so ziemlich, weil sie diesen wunden Fleck kannten und kriegerische Hülfe suchten; aber die Schätze, die sie durch Ablass, Taxen und andere Erpressungen aus der Schweiz schleppten; die Zerstörung aller bischöfflichen Rechte und Gewalt; die Auflösung aller kirchlichen Ordnung und die entsetzliche Sittenverwilderung, die sie dadurch unter dem Klerus herbeiführten, erregen Erstaunen. Die Vollmachten, mit denen ein Gentilis a Spoleto, Pucci, Philonardo, der stürmische Matthäus Schinner und der schamlose Bernardin Sanson u. A., in die Schweiz kamen, waren wahre Freibriefe gegen alles Gesetz und alle Ordnung, und auf die ausschweifendste Ausübung der Dekretalen gegründet. Kapizinus de Aureolo erhielt die Vollmacht: „auszureissen und zu zerstören, zu zerstreuen und zu verderben, zų, pflanzen und zu bauen, wie er es für gut fände 7)." Am merkwürdigsten ist die Vollmacht des Ennio Philonardo und B. Sanson. Die Frechheit dieser Legaten, der schamlose Unfug mit den römischen Kanzleikünsten und der gänzliche Verfall aller Kirchenzucht und Ordnung, welche ihr Werk war,,,schienen der Liebe und Achtung, welche das fromme Volk der Schweizer noch für den allgemeinen Vater der Christenheit hegte, den letzten Stoss zu versetzen 8)." Die vorher dem römischen

7) S.: Hottingers Kirchengeschichte II. Bd. Fassbinds Alterthümer von Schwyz ad 1479. Philonardo erhielt die Vollmacht,,, allen Koncilien, Synodalgesetzen, Statuten, Gebräuchen, auch wären sie mit Eid oder päbstlicher Bekräftigung bestätigt, Abbruch zu thun; er kann alle Appellationen an den Bischoff an sich reissen, alle geistlichen Processe an sich ziehen, ohne gerichtliche Form verhören, schlichten, vollziehen; einer Person so viel Pfründen verleihen, als er will; erlauben, Pfründen zu verkaufen, zu vertauschen, auf Wucher auszuleihen u. s. W. Solcher Raritäten findet man 10 Seiten bei Hottinger meth. legendi hist. Helvet. p. 515-525.

8) Worte eines Katholiken, des Verfassers des,, Versuchs einer pragmatischen Geschichte etc."

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