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Empfängniss der Jungfrau Maria" auf eine eigene Art zu celebriren. Bei der jährlichen Feier dieser Institution ertönte ein Geschrei von dem Chorherrn Geiger, Professor der Theologie in Luzern, von den Zeitblättern,, römischer Hahn" genannt — zum wahren Skandal aller Vernünftigen. Im Jahre 1817 z. B. trat er in einer lateinischen Rede mit einer pöbelhaften Invektive gegen die Protestanten und die Schismatiker in der katholischen Kirche auf, worüber die paritätischen Kantone sich laut beschwerten 123). Der eigentliche literarische Tummelplatz dieser römischen Innung in der Schweiz und der Klopffechterboden ihrer Polemik wurde das Zuger Wochenblatt,

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eine wahre Schmach für die aufgeklärte und in vielen Hinsichten rühmlichst bekannte, aber von den Pfaffen eingeschüchterte Regierung von Zug. In der gemeinen pöbelhaften Sprache roher Leidenschaftlichkeit wurden hier die Skandale des Mittelalters gegen die Interessen des 18. Jahrhunderts verfochten und alle Säulen der neuern Civilisation mit dem Geifer finsterer Zeloten besprützt.

Wir glauben durch das Bisherige, wie die gesammte Tendenz dieser Partei, so auch ihr literarisches Treibend den Charakter ihrer Schriften bezeichnet zu haben. Eine Seite derselben verdient jedoch noch besonders ausgehoben zu werden. Diess ist die bodenlose, inhalt und gestaltleere Mystik, die im Grunde den Mittelpunkt ihres ganzen geistigen Seins und Treibens ausmacht, und wodurch sie sich wesentlich von den ältern Jesuiten unterscheidet. Dieses Spielen mit dunklen Religionsgefühlen, mit Bildern vom innern Lichte und Offenbarung, vom Entzücken in den Urgeist im Gegensatze mit wissenschaftlichem, in klaren Begriffen fortgehenden Denken und Gelehrsamkeit, welche sie hassten und verachteten, erfüllt alle ihre Schriften. Man lese z. B. die Schriften der Luzerner Professoren Gügler und Widmer 'derer, die noch einige ästhetische Bildung haben; man lese Güglers Erklärung der heiligen Schriften aus ihnen selbst," oder Widmers,,,das Göttliche in irdischer Entwickelung, nachgewiesen im Leben des

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123) S. Schweizerboten, Monatsschrift, Wegweiser u. a.

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seligen Nikolaus von der Flühe 124); mit Beilagen über Mystik" 1819, oder dessen: ,das unwandelbare Vorbild des katholischen Priesters etc." 1820, welchen sinnlosen Galimathias trifft man hier überall an! Diese Mystik steht nun durch ein inneres Band mit den dunkelsten fanatischen Leidenschaften in der engsten Verknüpfung; daher der Fanatismus überall bei diesen Neujesuiten - in Sitten, Freiburg, Luzern etc. den Grundcharakter und die wahre Waffe gegen den Zeitgeist bildet. Als philosophische Schule gedacht, beginnt diese Mystik also mit dem Anschauen des Göttlichen im inneren Lichte, schreitet fort zu dem philosophischen Aberwitze von Entzükkung, Inspiration und Weissagung und endet mit dem stinkendsten Aberglauben, mit Wunderthäterei, Geisterbannen und Beschwören (wie wir erzählt haben). Als kirchliches System beginnt diese Mystik mit abgöttischer Verchrung des Pabstes, als Organs der Gottheit, geht fort zu den verabscheuungswürdigsten Lehren von Vernunfthass, von Verketzerung und Intole ranz, und schliesst mit den Gräueln der Inquisition, Tortur und Scheiterhaufen. Durch diese doppelte Reihe von 'sauberen Stationen laufen fast alle Schriften dieser Zunft, wie ihr Schulthess in Zürich nachgewiesen hat; und das ist denn auch der Geist, mit dem sie die heranwachsende Jugend und die ganze Masse des Volkes als Wächter Jerusalems" und nicht „unberufen und zudringlich, wie der Zeitgeist" zu taufen suchen.

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ཐ Wir haben nun die Angriffe der ultramontanischen Partei auf die Kirchenverhältnisse, ihre glücklichen Versuche, die Erziehung an sich zu reissen und ihren steigenden Einfluss auf die gesammte Volkskultur - während die Regierungen um das Konkordat handelten erzählt. Die Folgerung aus jenen entscheidenden Siegen auf das Konkordat, oder vielmehr den Geist aller Kirchenverhältnisse in der Schweiz, werden wir weiter unten betrachten.

124) Nikolaus v. d. Flühe diese einfach grosse Natur, in dessen Vaterlandsliebe, Menschlichkeit und thatkräftigem Sinne für Gemeinwohl sich allerdings das Göttliche schön entwickelt hatte, wird hier zu einem Anhänger dieser Mystiker gemacht.

5) Zersplitterung der Diözesanstände unter verschiedene Bisthümer.

,,Hält man nicht vest an den Rechtsamen und Freiheiten eines Staats, so lässt man allmählig das Gebäude, dessen Aufführung so viel Mühe gekostet hat, in Trümmer gehen.“ Balthasar de jur.' circa sacra.

Da wir die letzten Konkordatsverhandlungen in einem eignen Abschnitte darstellen wollen, so umfasst dieser Abschnitt den Zeitraum von 1819 (dem Tode des G. V. Göldlin) bis 1827; - ein langer Zeitraum, der gleichwol, ausser den St. Galler Verhandlungen, wenig Interessantes darbietet. Er zeigt uns Anfangs einen gänzlichen Stillstand der bisherigen Verhandlungen; dann die Zersplitterung der Konstanzischen Diözesanstände unter verschiedene Bisthümer, die alle auf gleichen Principien beruhten überall aber das konsequent und klug fortgeführte System der Nuntiatur, das bis dahin einen Theil der Römischen Absicht zur Erfüllung gebracht, jede entgegenstehende aber vereitelt hatte.

Nach dem Tode des G. V. Göldlin, wodurch das bisherige Provisorium sein Ende erreichte, war ein Zusammentritt der Stände durchaus nothwendig, um gemeinsam zu berathen, was das gegenwärtige Bedürfniss erheische, wie sie aus dem fatalen Provisorium heraustreten, ihre landesherrlichen Rechte jetzt wenigstens sicher stellen könnten und was sie von Rom verlangen wollten. Die Regierung des Vororts Luzern fühlte diese Nothwendigkeit; aber sie befürchtete Mangel an Einverständniss, weil sie die Missstimmung der demokratischen und anderer Kantone gegen das bisher von ihr befolgte System kannte. Sie begnügte sich also und auch hier hatte die Nuntiatur die Hand im Spiele in einem Kreisschreiben die Wichtigkeit der eingetretenen Krise und die Nothwendigkeit des einverstandenen Handelns zu entwickeln; berief aber keine Versammlung, sondern wollte die Meinung der Stände darüber vernehmen. Einige antworteten schnell, andere zögernd; einige hielten den Zusammentritt für nöthig, andere nicht; die Ur

kantone riethen, vor Allem möge Luzern ein besseres Verständniss mit der Nuntiatur herstellen.

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Da wandte sich die Regierung von Luzern unterm 11. Oktober mit dem Gesuch nach Rom, einstweilen unter die Bischoffsverwaltung von Basel aufgenommen zu werden, unbeschadet jedoch der Fortsetzung der begonnenen Verhandlungen zur Errichtung des neuen Bisthums.

Allein es lag keineswegs in der Absicht Roms, schon das Provisorium zu enden; die Schweiz und vorzüglich der Klerus sollte erst noch vollständiger in den Geist des Ultramontanismus eingeweiht werden 125). Gegen Ende Septembers (1819) hatte der Nuntius eine Zusammenkunft mit dem Bischoffe von Chur im Kloster Einsiedeln. Der Bischoff von Basel schien wegen Mangel an Charakter und Eigenwillen und wegen seines hohen Alters untauglich zur Leitung des Provisoriums. Das Bisthum Chur dagegen hatte, ungeachtet es durch die ihm entrissenen Diözesantheile in den östreichischen Landen (Brixen, Veltlin, Kleve u. a.) gesunken und verarmt war, dennoch das ultramontanische System und die Grundsätze römischer Politik treu bewahrt 126); seine Kapitularen waren meistens Nichtschweizer; der Kanzler Baal ein Mann von grossen Talenten und vestem Willen nach römischen Principien; der Bischoff von Buol-Schauenstein in voller Manneskraft und ein Liebling Roms. Dieses Bisthum ward daher tauglich erfunden, das wichtige Provisorium zu übernehmen.

Am 22. Oktober erhielt der Nuntius ein päbstliches Breve (dat. 9. Okt.), in welchem das Oberhirtenamt über alle von dem Bisthume Konstanz getrennten Diözesankantone, mit den ausgedehntesten Gewalten, der Weihe sowohl, als der geistlichen Gerichtsbarkeit, dem Bischoffe von Chur übertragen wurde; inzwischen solle damit der Fortsetzung der angehobenen Verhandlungen zur Errichtung neuer Bischoffssitze, wenn die Kantone es für gut fänden, kein Hinderniss in den Weg gelegt werden. Diesen Beschluss Roms theilte der Nuntius so

125) Wie dies bewirkt wurde, zeigt die folgende Abtheilung. 126) Siehe die folgende Abtheilung.

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gleich, und unterm 4. November auch der Bischoff von Chur in eignen Schreiben allen Diözesanständen mit; zugleich erliess der Nuntius Schreiben an die Geistlichkeit, in welchen er ihr befall, sich dem Provisorium des Bischoffs von Chur zu unterwerfen eine grosse Anmassung!

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Der Stand St. Gallen nahm die Bulle willfährig an, weil er wenige Tage vorher das Gesuch um die Zuordnung der katholischen Einwohner des Kantons zum Bisthume Chur, unter dem Titel:,, Chur - St. Gallen" an den heil. Vater erlassen hatte; jedoch wurden die Verhandlungen in Betreff eines definitiven Abschlusses fortgesetzt. Glarus (für seine katholischen Einwohner) Appenzell Innerrhoden und Thurgau nahmen gleichfalls die Hinweisung auf Chur an; letzteres verwahrte sich ausdrücklich die Fortsetzung seiner Verhandlungen mit Solothurn und Aargau. Uri, Schwyz und Unterwalden eben so; mit dem Bemerken, dass bei einer endlichen Abschliessung ja nicht das Vierwaldstätter Kapitel möge getrennt werden.

Zug, Aargau, Luzern, Zürich und Schaffhausen protestirten gegen das Churische Provisorium (den ultramontanischen Geist jenes Bisthums fürchtend) und gegen das Breve, weil keine Berathung und Einwilligung der landesherrlichen Gewalt vorausgegangen sey; dagegen verlangten sie einstweilige Vereinigung mit dem Bisthume Basel, bis die Organisation des neuen Bisthums zu Stande gekommen sey. Nur Luzern erreichte seinen Zweck; erhielt aber an dem Baselschen Provikar Salzmann einen geistlichen Vorstand, der nicht weniger als Göldlin unbedingt von der Nuntiatur abhing. Die übrigen Stände nahmen zwar ihre Protestation nicht zurück, liessen aber zu, dass faktisch bei ihnen die Churische Administration eintrat, auf eine Art, die von der frühern gar nicht abwich. Denn die Fastenmandate wurden z. B. ohne Mittheilung oder das placet der Regierung publicirt.

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Ein neuer wichtiger Sieg Roms! Ohne Anerkenung der landesherrlichen Rechte hatte Rom die wichtigste kirchliche Verfügung getroffen, den früher ausgesprochenen Grundsätzen gemäss! Nach

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