Sayfadaki görseller
PDF
ePub

Anordnung dieses Provisoriums liefen nun die Bisthumsverhandlungen in drei völlig getrennten Richtungen aus einander; St. Gallen arbeitete auf ein eignes mit Chur verbundenes Bisthum; die Waldkantone auf Vereinigung mit Chur; Aargau, Luzern, Solothurn, Bern, Zug, Thurgau, Basel, Zürich und Schaffhauauf ein neues Bisthum, wie bisher, hin. Wir beschäftigen uns zuerst mit St. Gallen.

sen,

Wir haben bereits früher die wahre Ursache angegeben, welche die Regierung von St. Gallen veranlasste, sich von den andern Diözesanständen zu trennen und unverweilt in eigne Bisthumsunterhandlungen mit Rom einzugehen. Es war die Furcht vor der Restitution des Abtes Pankratius und der Mangel an Zuversicht, in der Abwehrung dieses gefürchteten Präs tendenten von der Eidgenossenschaft hinlänglich unterstützt zu werden. Man hoffte also durch Zurückgabe des Abteifonds an die Kirche, in der Form eines neuen Bisthums, wodurch zugleich das durch Verluste verarmte Bisthum Chur entschädigt würde, um so mehr Rom, zu befriedigen, als eine solche Anordnung vollkommen in seinen Plan, an die Stelle eines grossen viele kleine Bisthümer zu setzen, zu passen schien.

Die Verhandlungen und Erörterungen, welche gegen sechs Jahre dauerten, wurden von dem kathol. Administrationsrathe 127) geleitet, und nicht von der Regierung, welche sich darauf beschränkte, sie zu beaufsichtigen, damit die Rechte des Staats nicht darunter litten. Am 2. Juli 1823. traf die päbstliche Bulle wegen Errichtung des Bisthums St. Gallen ein und erhielt die landesherrliche Bestätigung (am 14. April 1824) ohne allen Vorbehalt, weil sie nichts den Staatsrechten zuwiderlaufendes enthalte. Mit Auslassung unwichtiger Bestimmungen oder solcher, die sich von selbst verstehen, heben wir mit einigen Bemerkungen folgende Punkte dieser Bulle aus:

127) Der katholische Administrationsrath in St. Gallen besorgt zugleich die reinkirchlichen Dinge und verwaltet das Kirchenvermögen; auch das Erziehungswesen steht unter demselben Kollegium.

Da Rom mit keiner paritätischen Regierung unterhandeln will, so liess die Regierung in den erwähnten Negotiationen dieses Kollegium an ihre Stelle treten. Dies war eine unverzeihliche Schwäche.

Den Geist dieses Administrationsrathes charakterisirt das, in dessen Auftrag verfasste, weiter unten näher bezeichnete, Buch von Herrn Henne..

1) Der kathol. Theil des Kantons wird zu einem eignen Bisthume erhoben und soll gleich selbstständig mit dem Bisthume Chur unter dem Nahmen: Chur und St. Gallen existiren.

Ein solches Doppelbisthum ist ohne Beispiel und eine ominöse Einrichtung, wodurch die Willkühr für ähnliche Fälle einen weiten Spielraum erhält.

2) Das vereinigte Bisthum von Chur und St. Gallen soll immer unmittelbar unter dem heiligen Stuhle stehen und von einem und demselben Bischoffe unter dem Titel eines Bischoff's von Chur und St. Gallen regiert werden.

Der Herstellung eines Metropolitan verbandes, was das Episkopalsystem nothwendig fordert, ist also im Voraus begegnet und somit dieses Bisthum nach ultramontanischen Grundsätzen zu einem römischen Immediatbisthume ge stempelt worden.

3) Die katholische Kirche in St. Gallen wird unter dem Nahmen Domkirche von St. Gallen zur Kathedralkirche bestimmt, die Stadt St. Gallen zum Range und den damit verbundenen Ehren und Vorzügen einer bischöfflichen Stadt erhoben, und der Bischoff verpflichtet, so viel als möglich, die eine Hälfte des Jahres in Chur, die andere in St. Gallen zuzubringen.

In Rom wusste man wohl, dass die Stadt St. Gallen seit 300 Jahren protestantisch ist; der ihr beigelegte Titel bischöffliche Stadt, deren Vorstand der Bischoff sey, gibt daher für die Zukunft Raum für gefährliche Folgerungen, auch wenn diese Stadt katholisch wäre, nach der bekannten Stärke der Römischen Kurie in der Kunst der Interpretation. Die Protestation, welche die Stadt (im Julius 1824) dagegen einlegte, würde dann, bei den deutlichen Worten der Bulle, wenig helfen.

4) Der Bischoff wird im Erledigungsfalle von beiden Domkapiteln (Chur und St. Gallen) aus ihrer Mitte gewählt, und vom Pabste bestätigt.

Von irgend einem Einflusse der Regierung auf die Wahl ist nichts erwähnt.

5) Das neue Kapitel besteht aus einem Domprobste und Dekane (den beiden Dignitarien), 5 residirenden Domherrn, 8 Titular Domherrn und 5 Kaplänen. Dieses ganze Kapitel wählt für dieses erstemal der römische Stuhl aus Geistlichen des Kantons St. Gallen, die dem katholischen Senate nicht unangenehm sind. Für die Zukunft vergiebt die erste Dignität (Präpositor oder Probstei, welche die wichtigste ist,) der röm. Stuhl; die Dechanei das Kapitel (beide ohne allen Einfluss der Regierung); in die Ernennung der übrigen Domherrn und Kapläne theilen sich, je nach dem Monate der Erledigung, das Kapitel und der Bischoff; der jedesmal wählende Theil muss dem katholischen Senate 7 wählbare Subjekte, aus dem Kanton St. Gallen, nennen, von denen dieser, so viele er will, bis auf drei, ausschliessen darf. Die vom Kapitel Ernannten erhalten die kanonische Einsetzung vom Pabste.

6) In der Diözese St. Gallen wird ein abgesondertes Seminar errichtet mit drei Professoren; es steht unter der unmittelbaren Leitung des Bischoffs.

7) Die Dotirung für den Unterhalt des Bischoffs, Kapitels, Seminars u. s. w. soll 510,000 fl. in Grundstücken und sichern Kapitalien ausmachen,, deren freier jährlicher Betrag 25,500 fl. Zinsen abwerfen soll." (Eine schöne Summe!)

8),,Die Fonds sollen vom Bischoffe und Kapitel mit ihren andern Einkünften frei verwaltet werden" und wiederum:,,Diese ganze Fundation wird der Bischoff und das Kapitel auf eigne Unkosten nach kanonischen Gesetzen verwalten 128)."

Dieses Konkordat stimmt vollkommen mit den ultramontanischen Grundsätzen überein; noch hatte der römische Stuhl in neuern Zeiten kein so günstiges abgeschlossen. Da das für das Solothurnisch - Baselsche Bisthum auf denselben Grundsätzen beruht, so versparen wir eine genauere Prüfung bis dorthin, und bemerken hier nur noch, dass der röm. Hof, durch die

128) Das Konkordat, nebst den Unterhandlungen siehe im St. Gallischen Erzähler 1823 und 24; auch neue Zürcher Zeitung. Die zwischen dem Landrichter Riedi und dem Bischoffe von Chur gewechselten Briefe sind vollständig in der Monatschronik abgedruckt.

8

erste alleinige Ernennung des ganzen Kapitels diese Korporation nach seinen Interessen zu bilden; und durch die Wahl des Probstes und Dechanten, durch den nichtsbedeutenden Einfluss des Staats auf die Wahl der andern Domherrn, und durch die ausschliessende Leitung des Seminars durch den Bischoff den ursprünglichen Geist auch für die Zukunft fortzupflanzen im Stande ist; dass, wo von kanonischen Rechten die Rede ist, stets das Konzilium zu Trident, welches doch die Schweiz in Absicht der Kirchenverordnungen nicht anerkannt hat, angeführt wird; dass eine Verwahrung der landesherrlichen Rechte nirgends vorkommt, ja dass solche Ausdrücke gewählt sind, wodurch das Recht der Besteuerung (siehe Nr. 7.) und das Recht der Oberaufsicht des Staats über die Verwaltung des Fonds, und der Abforderung der jährlichen Rechnungsablage (Nr. 8.) leicht bestritten werden kann; dass endlich auch das Episkopalsystem im Gegensatze mit dem Papalsysteme nirgends verwahrt, ja diesem aufgeopfert ist. Auch ist höchst bedenklich, dass stets der katholische Administrationsrath an der Stelle der Regierung in dieser Bulle erscheint, wo von Verhältnissen des Klerus zur weltlichen Macht die Rede ist. Der Grund ist einleuchtend: weil die Regierung paritätisch (aus Reformirten und Katholiken zusammengesetzt) ist, und Rom solche Behörden gar nicht als kompetent in katholischen Kirchensachen anerkannte. Alle diese grossen Rechtsvergebungen erklären sich aus der oben bezeichneten gepressten Lage der Regierung; vergebens aber suchte sie dieselben in dem St. Gallischen Erzähler zu beschönigen. Die Folge dieses übereilten Konkordats ist eine endlose Reihe von Streitigkeiten, die sich jedes Jahr zwischen der römischen Kurie und der Regierung dieses Standes entspinnen.

Aus dieser Vereinigung von St. Gallen mit dem Bisthume Chur entsprang nun ein höchst interessanter Streithandel des Bischoffs mit der Regierung von Graubündten. Seit undenklichen Zeiten stand dem Gotteshausbunde das Recht der Kastenvogtei und obersten landesherrlichen Aufsicht über das Bisthum Chur zu und fiel in neuern Zeiten der Regierung des Kantons anheim; so dass jene landesherrlichen Rechte in Kirchensachen durch das Corpus catholicum (Gesammtheit der

katholischen Bevölkerung) vermittelst seines Vorstandes unter der Aufsicht der höchsten Staatsgewalt ausgeübt werden 129). Sobald demnach die Unterhandlungen wegen Vereinigung eines Bisthums von St. Gallen mit dem zu Chur ihren Anfang nahmen, legte die Regierung von Chur eine Protestation bei dem Stande St. Gallen und dem Bischoffe von Chur ein, worin sie erklärte,,,dass das Oberhaupt der röm. Kirche oder, unter dessen Namen und Schutz, der Bischoff von Chur, nicht berechtigt sey, ohne Vorwissen und Einwilligung des Souverains, in dessen Lande die Residenz, das Einkommen und der grösste Theil des bischöfflichen Sprengels liege, mit diesen die wesentlichsten, auf Besetzung des Stuhls, den Aufenthaltsort des Bischoffs u. s. w. den entschiedensten Einfluss habenden, Veränderungen vorzunehmen." Diese Protestation, blieb aber unbeachtet. Als endlich die päbstliche Bulle erschien, erneuerte der Präsident des Corporis catholici, der Landrichter Riedi, in einem gemessenen Schreiben an den Bischoff jene Protestation und ersuchte um offizielle Mittheilung der getroffenen Uebereinkunft ,,unter welchen Namen und welcher Form sie immer erscheinen möge" (dat. 18. Juni 1824). Das Antwortschreiben `des Bischoff's vom 23. Juni ist ohnstreitig die stärkste Probe ultramontanischer Ansprüche in neueren Zeiten; die Oberherrlichkeit des Standes Chur wird auch in solchen Verhältniswo jeder andere Bischoff die Rechte des Staats anerkennt, abgeläugnet. Zuerst empfängt der „Konzipient" (Landrichter Riedi) eine harte Strafpredigt wegen gänzlichen Mangels an aller Achtung gegen den Bischoff; dann heisst es weiter:,,Mit welchem Rechte konnte der katholische Landestheil denn von einer Theilnahme der aus zwei Drittheilen einer andern Konfession bestehenden Staatsbehörde kann in einem religiösen Geschäfte ohnehin gar keine Rede seyn, da der Bischoff derselben eben so fremd, als diese ihm seyn muss 130) eine Vorkenntniss über Unterhandlungen

sen,

129) Trefflich entwickelt ist dies in der Schrift: Bemerkungen über die Beiträge des St. Galler Erzählers zur Geschichte der neuen Bisthumseinrichtung in St. Gallen. Chur bei A. T. Otto. 1825.

130) Hiermit ist der grosse Rath und die Regierung gemeint. An diese Staatsbehörde waren aber die Rechte des Gotteshausbundes gefallen, und

« ÖncekiDevam »