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Durch das Mandat vom 2. Jänner 1554 wurde zwar der Johannestag für die Auswanderung der Juden aus den österreichischen Landen festgesetzt; doch dieselben wussten schon am 3. April desselben Jahres und wiederholt (1555, 1567, 1614 und 1625) Fristerstreckungen zu erwirken, während welchen sie sich noch weiter ausbreiteten. So waren für die Hofjuden in Wien ein dritter Bezirk (in der Nähe der Synagoge und des Dreifaltigkeitshofes) und der untere Werd (zwischen dem jetzigen Augarten und den Carmeliten in der Leopoldstadt) als vierter Judenbezirk Wien's mit zwei Synagogen entstanden. Am 9. April 1652 erschien ein Toleranz-Patent, wornach die Juden in Oesterreich an jenen Orten und in gleicher Anzahl, wo und wie sie bisher sich befanden, gegen Entrichtung der jährlichen Judensteuer von 4.000 Gulden an den Landesfürsten noch ferner geduldet werden sollen.

Der Volksunwille gegen die Juden mehrte sich aber bald, so dass Kaiser Leopold am 22. September 1665 ein Schutzpatent für deren persönliche Sicherheit erliess, und am 2. August 1669 durch ein Verbannungs-Edict die Abschaffung der Juden aus Wien 1) und ganz Oesterreich befahl, doch wurde ihnen gestattet, über ihre Forderungen mit den Christen abzurechnen.

Der untere Werd erhielt, nach dem Abzuge der Juden als christliche Vorstadt (24. Juli 1670) den Namen Leopoldstadt.

Ungeachtet dieses Edictes hatten sich bald wieder mehrere Judenfamilien in Oesterreich eingefunden. Bereits im Jahre 1673 hatten sie die Erlaubniss erhalten, die Jahrmärkte von Krems, Laa, Mistelbach und Retz zu besuchen und seit dem Anfange des achtzehnten Jahrhundertes gab es auch in Wien mehrere privilegirte Judenfactoreien.

Maria Theresia suchte durch die Judenordnungen vom 22. September 1753, 15. Juni 1755 und 5. Mai 1764, Kaiser Joseph II. durch das Toleranz-Patent vom 2. Jänner 1782 die Verhältnisse zu regeln 2). Dieses Patent und die nachfolgenden Verordnungen bereiteten die Gleichstellung der Juden mit anderen Glaubensgenossen vor, deren Anerkenntniss der neuesten Zeit vorbehalten blieb.

Die Gesammtzahl der Juden in Oesterreich betrug im Jahre 1846: 4.296, wovon auf Wien 3.739 entfallen.

S. 73.

Religiöse Entwicklung unter den Habsburgern.

(Klöster - das Bisthum Wien.)

Bisher wurden vorzüglich die Völkerschichten, auf welchen die jetzige Bevölkerung Oesterreich's beruht, dargestellt; noch erübrigt aber, die Hauptmomente ihrer inneren Entwicklung und die Geschichte derselben seit dem vierzehnten Jahrhunderte beizufügen. Wir beginnen hierbei mit dem wichtigsten Momente: der Religion.

1) Aus Wien wanderten damals bei 1.400 Juden aus.

2) Mehr über obige Verhältnisse siehe in J. L. E. Graf von Barth-Bartenheim: Politische Verfassung der Israeliten im Lande u. d. E. Wien, 1821 und in J. Schlager's Wr. Skizzen, I. und II. B.; dann: Das Judenthum in Oesterreich und die böhmischen Unruhen. Leipzig, 1845 etc.

Die österreichischen Regenten aus dem Hause Habsburg, selbst wahrhaft fromm und christlich gesinnt, suchten auch die christlich-katholische Lehre im österreichischen Volke zu befestigen und gegen die Angriffe der Neuerung zu schützen. Zu den in der vorigen Periode gegründeten Klöstern kamen noch mehrere neue. Die Cisterzienser fanden auch Aufnahme in Säusenstein (1334) und Wiener-Neustadt, im ersteren durch Eberhard von Wallsee, im letzteren durch Kaiser Friedrich IV. (1444). Die in Wien von Herzog Heinrich Jasomirgott (1159) gestiftete Abtei der Benedictiner-Schotten, welche bis dahin nur Landsleute aufgenommen hatten, erhielt auf Albrecht's Ansuchen von Papst Martin V. den Auftrag, auch Brüder von anderen Nationen (namentlich Oesterreicher) aufzunehmen; doch sie verliessen lieber das Kloster, als sich diesem Befehle zu fügen und begaben sich (1418) zu den Schotten bei St. Jacob in Regensburg, woher się gekommen. Deutsche Benedictiner bezogen nun das verlassene Kloster und Niclas von Respitz wurde darin der erste deutsche Abt 1). Die Franciscanerklöster der strengern Observanz (Bernardiner) entstanden durch Johann Capistran's Erscheinung: zu Wien (auf der Laimgrube 1451), dann zu Langenlois (1458), Eggenburg (1460), St. Pölten (1455), Katzelsdorf (1462) und Enzersdorf (1452), in welche nebst Einheimischen auch Italiener eintraten. Auch der Augustinerorden erhielt Klöster zu Baden (1285), in Wien (1327, nächst der Burg), zu Korneuburg (1338), zu Bruck an der Leitha (1420). Die Karthäuser bezogen Klöster zu Aggsbach, Mauerbach und Gaming 2). Prämonstratenser zogen in Geras und Berneck ein.

Die Carmeliten erhielten einen Convent am Hof 3). Albrecht V. verordnete eine Reform in den Klöstern und erhielt dazu päpstliche Commissarien. Auch der Bischof Nicodemus von Freisingen unterstützte ihn hierbei. Herzog Albrecht gründete auch die regulirten Chorherren bei St. Dorothea (in der Rath-, nun Dorotheergasse). Brüder des Prediger-Ordens (1444) und Pauliner Eremiten kamen unter Friedrich IV. (1480) nach Wiener-Neustadt; letztere waren schon 1424 zu UnterRanna V. O. M. B.

Auch die Stiftung von Nonnenklöstern, welche bereits im dreizehnten Jahrhunderte begonnen, wurde häufiger in diesem Zeitraume. Wir nennen von den 30 derartigen Klöstern in Oesterreich: Das von Albert Veltsperch, Truchsess von Oesterreich und seiner Gemalin Gisela gestiftete Kloster für Dominicanerinnen zu Imbach (Minnebach) bei Krems, das von Rudolph I. zum Andenken seines Sieges über Ottokar II. gestiftete Kloster zu Tuln für Nonnen dieses Ordens, dann jenes in Wien. Das Prämonstratenser

1) Hormayr's Wien III. B., S. 90 mit Bezug auf Nr. 43 und 123 des Urkundenbuches.

2) Mauerbach wurde von Friedrich dem Schönen (1313) und Gaming von Herzog Albrecht II. (1330) gestiftet und beide Herzoge in diesen von ihnen gestifteten Klöstern auch begraben.

3) Herzog Albrecht V. räumte (1386) den bisher im Werd, in der Fischervorstadt, befindlichen Carmeliten einen Theil der alten Herzogsburg am Hof, die nachmalige herzogliche Münze, ein. Er kaufte, um dem Kloster, der Kirche und dem Kirchhof den erforderlichen Raum zu gewähren, acht Häuser am Hof und gegen die Bognergasse, nämlich: das Haus des Hans Paulein, jenes des Bürgers und Dichters Peter Suchenwirth, des Malers Lienhard, Meister Dietrich's des Bogners, Jäcklein's von Amstetten, der Helblerin und zweier Schuster, Dietrich's und Ulrich's von Scherdingen. Ferdinand I. räumte in der Folge dieses Kloster den Jesuiten ein. Jetzt ist es das k. k. Kriegsgebäude. Fischer: Br. Notit. Vind. I., 115-119, und Karajan in Chmel's Geschichtsforscher I. 402-406.

Nonnenkloster zur Himmelspforte 1). Blanca, Herzog Rudolph's Gemalin, errichtete (1303) unweit des Kärnthnerthores das Clarenkloster 2). Auch die Nonnen im Magdalenakloster vor dem Schottenthor, zu St. Jacob auf der Hülben u. a. wurden in Blanka's letztem Willen reichlich bedacht 3). Die Cisterzienserinnen zu St. Nicola in der Singerstrasse, Baltram Vatzo's Stiftung, erhielten Bestätigungsbriefe von Albrecht I. (1287) und Friedrich dem Schönen (1316). Auch vor dem Stubenthore waren Cisterzienserinnen zu St. Nicola, deren Kloster (1529) zerstört wurde. Ferner das Canonissinnenkloster zu St. Lorenz in Wien, das zu Kirchberg am Wechsel (gleichen Ordens), die Klöster der Cisterzienserinnen zu Ips und St. Bernard, das der Benedictinerinnen zu Erlakloster etc. Auch erstand durch Konrad Hölzler und andere Rathsglieder das Kloster der Büsserinnen in der Singerstrasse, welchem Herzog Albrecht III. (1384) die Genehmigung ertheilte. Ausserdem erhoben sich in Wien drei sogenannte Seelhäuser auf dem Dominicanerplatze für arme und gebrechliche Frauen und Jungfrauen und das herzogliche Seelhaus auf der Laimgrube für adelige hilfsbedürftige Frauenspersonen *). Endlich bleiben noch als charakteristisch für den Geist der Zeit die sogenannten Regelschwestern des dritten Ordens; zur Aufnahme in diesen Orden waren Manns- oder Weibspersonen, Ledige, Verheirathete und Witwen, welche einen guten Namen und ein ehrliches Geschäft führten, geeignet. Eheleute, welche in diesen Orden traten, konnten fortan in der Ehe leben und der Zweck war, ohne eigentliches Klostergelübde nach höherer christlicher Vollkommenheit zu streben. Bei dem Orden der Brüder und Schwestern von der Busse (1466) waren aber ausser den Rittern auch Knechte, Arbeiter und Taglöhner dazu berufen3). Kirchen im damals eben aufblühenden, Andacht erweckenden, deutschen Baustyle erhoben sich in Wien und im ganzen Lande). Vor allen der Stephansdom mit seinem himmelanstrebenden Thurme, nach Rudolph's IV. sinnreichem und grossartigen Plane.

1) Konstantia, Tochter Bela's III. und Gemalin Přemysl Ottokar I. hatte sich im Witwenstande (1230– 1240) nach Wien zurückgezogen und da mit mehren frommen Frauen ein beschauliches Leben geführt. Gerard, Pfarrer bei St. Stephan, schenkte ihnen sein Haus und seine Weingärten mit der Bedingniss, dass sie nach des h. Augustin's Regel leben sollten. Das dadurch entstandene Frauenkloster zur Himmelpforte in der Traibottenstrasse wurde bald durch Schenkungen von Wiener Bürgern und Andern reichlich beschenkt. Hormayr's Gesch. VI. B., S. 48 etc. und Feil in Schmidl's österreichischen Blättern für Kunst und Literatur. 1844, S. 252.

2) Den Stiftbrief vom 28. September 1305 stellte erst einige Monate nach ihrem Tode Herzog Rudolph aus. Anfangs nahm das Clarenkloster nur Jungfrauen und Witwen des Landadels auf. Drei Prinzessinen von Oesterreich traten in dasselbe, Anna, Friedrich's des Schönen und zwei Katharinen, die eine Albrecht's des Lahmen, die andere Leopold's des Biedern Tochter. Das Kloster stand auf dem Lobkowitzplatz, damals Schweinmarkt. Als bei der ersten Belagerung Wien's (1529) die Nonnen nach Villach geflohen, versetzte Ferdinand I. das an der Wien gestandene beim Untergang der Vorstädte zerstörte Bürgerspital dahin. Horma yr a. a. O. III. 148 und VI. 60 etc.

3) A. a. O. und VI. B., S. 36 etc. Das Magdalenenkloster wurde 1529 bei der Türkenbelagerung zerstört. *) Die Zeit der Errichtung des erstern Seelhauses und sein Stifter ist nicht genau bekannt. Es erscheint in den frühesten städtischen Grundbüchern (1368) als bereits bestehend; das letztere wurde 1349 von Herzog Albrecht II. und seiner Gemalin Johanna gestiftet. Dass ausserdem noch ein drittes in Wien existirte, ist bekannt, obwohl die näheren Daten darüber fehlen.

5) Schlager a. a. O. II. B., S. 273. Die Seelhäuser und die Regelschwestern zum dritten Orden in Wien. *) Siehe den folgenden §. über Kunst in Oesterreich.

Auf dessen Betreiben wurde die Pfarre zu St. Stephan zur Propstei erhoben und von Papst Innocenz VI. (1259) die Kirche von der Metropolitangewalt des Erzbischofs zu Salzburg und des Bischofs zu Passau eximirt und unmittelbar dem heiligen Stuhle unterworfen 1). Rudolph's Lieblingsidee, in Wien ein Bisthum zu haben, gelang aber erst dem Kaiser Friedrich IV. bei seinem zweiten Aufenthalte in Rom durch Papst Paul II. gleichzeitig mit einem Bisthum für Wiener Neustadt (18. Jänner 1469) zu verwirklichen 2). Im Jahre 1480 (5. August) ertheilte Papst Sixtus IV. für das Bisthum Neustadt die Bestätigung, welches Friedrich IV. (1491) dem (1467 gestifteten und am 1. Jänner 1469 vom Papste Paul II. bestätigten) Georgsorden einverleibte. Das Bisthum Neustadt wurde von Salzburg eximirt und stand bis 1723 (dem Jahre der Errichtung des Wiener Erzbisthums) unmittelbar unter dem päpstlichen Stuhle.

Die Stephanskirche und der sie umgebende Friedhof blieb auch fortwährend der Mittelpunct der religiösen Feierlichkeiten 3), und der Andachtsübungen der Wiener Bürger. Zur Erweckung des religiösen Gefühles in Wien trug auch das Erscheinen des h. Johann Capistran als päpstlicher Abgesandte und Kreuzprediger wider die

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1) Am 9. Juli 1359 gaben Rudolph und seine Gemalin Katharina, Karl IV. Tochter, den Stiftungsbrief der neuen Propstei und noch am 31. December desselben Jahres erfolgte die Eximirung durch Innocenz VI. Am 5. August 1364 ertheilte Urban V. die Bulle über die Erhebung der Stephanskirche zu einer fürstlichen Propstei mit 24 Chorherren. Am 21. März 1365 setzte der Passauer Bischof Albrecht den neuen Propst zu St. Stephan, Johann Maierhofer, als Seelsorger und Pfarrer ein und erhielt für die Lehenschaft über St. Stephan das Kirchlehen zu Waidhofen a. d. Ips. (Hormayr a. a. O. S. 196–198.) 2) Papst Paul II. erklärte am 18. Jänner 1469 bei St. Peter zu Rom, Wien und sein Gebiet mit allen seinen Kirchen, Kapellen, Klöstern und frommen Orden vom Passauer Sprengel gänzlich eximirt und erhob seine Collegiatkirche und Propstei zu St. Stephan, deren Patron der Landesfürst selber sei, zur Cathedrale und zum Bischofsitz, a. a. O. IV. 24. Feil in Schmidl's Kunst und Alterthum in Oesterreich. 1846. S. 7 Anm. 22. Das Bisthum Neustadt erhielt aber erst 1477 seinen ersten Bischof in der Person des Petrus Engelbert. 3) Dahin gehören 1. die Palmenweihe auf dem Palmbühel (eine kleine Erhöhung des Stephansplatzes zwischen der bestandenen Magdalenenkirche und dem Stephansdom), 2. die Pumpermetten, 3. die I usswaschung in der Stephanskirche mit dem alten Ritus; 4. das Passions- oder Osterspiel, d. i. die figürliche Darstellung der Leiden des Erlösers, welche in Oesterreich, wie überhaupt im Mittelalter, üblich war; Bussfahrten nach Hernals sind abgebildet in Delsenbach's, Pfeffel's und Kleiner's Darstellungen der Wiener Plätze und Gebäude. Noch im Jahre 1705 hatte in Wien eine ähnliche Bussprozession am Charfreitage aus der Klosterkirche der Minoriten (S. Francisci) nach St. Stephan und dann nach Hernals statt. 5. Die wochentliche Freitagsprozession; 6. der sogenannte Wolfssegen zum Andenken an die Zeit, als Wölfe noch aus den benachbarten Wäldern und Auen bis in die Nähe der Kirche drangen. 7. Die jährlichen zwei Frohnleichnams-Prozessionen durch die Stadt (die erste Frohnleichnams-Prozession wurde nach Papst Urban IV. Einsetzung 1264 abgehalten), endlich 8. die sogenannte Heilthumsfeier, welche aus mehreren Umgängen bestand, wobei die im sogenannten Heilthumsstuhl aufbewahrten Reliquien und Heiligthümer dem Volke gezeigt wurden. J. E. Schlager's Wiener Skizzen (. II B., Wien 1836). Alter Kirchenritus zu St. Stephan. S. 1-34 enthält hierüber interessante Daten aus einem Codex vom Jahre 1580 sammt der Abbildung des Heilthumstuhles. Siehe auch die Beiträge zur alten Ortsbeschreibung des Stephans-Freythofes sammt einem Anhang über die Kirchenmeisterei etc. Schlager a. a. O. II. B., S. 311 etc.

Der Stephansplatz wurde erst von Kaiser Franz 1792 in seiner jetzigen Gestalt hergestellt. Nach der Rückkehr von den Krönungen in Frankfurt und Prag wurde nach dem Wunsche des Kaisers Franz statt der vom Magistrate beabsichtigten Triumphpforten mit dem hierzu bestimmten Gelde (vom 2. Juli bis 17. August 1792) der Stephansplatz hergestellt, wie ein gleichzeitiger Kupferstich mit der Aufschrift besagt: „dem Andenken Franz II. neugekrönten römischen Kaisers, der durch Erweiterung und Verschönerung dieses Platzes die Zierde seiner Hauptstadt, die Bequemlichkeit seiner Bürger, Ehrenbogen vorzog, gewidmet von den Bürgermeistern, Räthen und der Bürgerschaft gemeiner Stadt Wien, im Jahre 1792."

Türken (1451) bei, welcher, obwohl in lateinischer Sprache, predigend, mittelst eines Dolmetschers mit dem Volke sich verständigend, wo er erschien, seine Zuhörer mit seiner gottinnigen Begeisterung hinriss und die Stiftung mehrerer Franciscaner-Klöster (Bernardiner) veranlasste 1). Hierzu kam die von Friedrich IV. bewirkte Heiligsprechung (6. Jänner 1485) des Markgrafen Leopold IV. und seine Verehrung als Landespatron. S. 74. Fortsetzung.

(Reformation vom nationalen Standpuncte.)

Allein ungeachtet aller dieser äussern Erscheinungen des christlichen Lebens in Oesterreich waren doch auch hier, wie in ganz Deutschland, viele sittliche Gebrechen und theilweise Mängel an wahrem, gesundem religiösen Gefühle, sowohl bei Geistlichen als Laien, vorhanden, nur bei Manchen durch den äusseren Schein religiöser Förmlichkeit en verhüllt. Vergebens suchte man gegen Un- und Irrglauben durch neue Ritterorden anzukämpfen). Schon auf dem Concil zu Konstanz (1414-1418) waren mehrere Krebsschäden der Zeit zu Tage gekommen und durch die hussitische Irrlehre der Glaube in manchen Gemüthern erschüttert. Auf dem Concil zu Basel (1431-1443) erscholl lauter Ruf nach Reform der Kirche in Haupt und Gliedern, und die Reformation Martin Luther's machte auch in Oesterreich bald Proselyten 3). Ferdinand I. setzte ein Glaubensgericht von zwölf Richtern unter dem Vorsitze seines Beichtvaters und Bischofes zu Wien, Johann von Revellis *), ein. Reumüthigen wurde bloss eine Kirchenbusse auferlegt; bald aber fand man Massregeln der Strenge um so nöthiger, als von 1) In Wien bei St. Stephan auf der gegen den Zwettelhof gekehrten Seite zeigt man noch die (jedoch ursprünglich nicht ganz an derselben Stelle gestandene) steinerne Kanzel, auf welcher er predigte. 2) Derlei Orden waren: die Gesellschaft der Tempelaise (Temploiser), cine entfernte Nachahmung des Templerordens, 1337 bis 1379 urkundlich erwähnt, und, unter dem Patronate des heiligen Georg, wahrscheinlich zur Bekämpfung der heidnischen Preussen gegründet (siehe Feil: „Ueber die ältesten St. Georgsritter in Oesterreich oder die Gesellschaft der Tempelaise" in Schmidl's österr. Blättern für Literatur und Kunst 1848, p. 56-63) ;· der von K. Sigmund (1408) gestiftete Drachen-Orden mit dem Hauptzwecke der Bekämpfung der Türken; der von Albrecht II. (1433) errichtete Orden mit dem Adler „zu sondern Lob der christlichen Kirchen und ihren Glauben zu stärken wider die Ungläubigen" (namentlich die Hussiten) die von Kaiser Friedrich IV. gegründeten Orden der Stolle und Kandl, des Greifen oder der Mässigkeit, so wie der durch Sigmund von Dietrichstein eingeführte Christoph-Orden gingen mit ihren Stiftern zu Grabe. — Selbst die Ritter des von Friedrich (1467) errichteten St. GeorgOrdens, worüber Paul II. (1. Januar 1469) die Bestätigung ertheilte, und die in Oesterreich und Kärnthen mit Gütern dotirt wurden, erhielten sich nur unter Max I., der sie begünstigte, und einen Wiener Bürger, Johann Siebenhirter, zum Hochmeister ernannte. Sie erloschen unter Ferdinand I. (1579) gänzlich. Die Original-Bestätigungs-Urkunde ist im k. k. Staatsarchive, und gedruckt in Horma y r's Wien, V., p. 190-196, jedoch mit der falschen Datirung vom 11. Jänner 1485. Ueber den Georgs-Orden überhaupt siehe Archiv 1830, p. 501 etc. und in Bezug auf Wiener Neustadt: Bö heim's Chronik I. B., S. 191. 3) Noch früher als Luther hatte der Passauer Official zu Wien, Hanns Kaltenmarkter, ähnliche Sätze behauptet, und gleichzeitig mit Luther, Philipp Turriano, Comenthur zum heiligen Geist im Hospital an der Wien und die Cistercienser Jacob und Theobald, jener zu St. Theobald, dieser bei den Lorenzerinnen, öffentlich und heftig wider den Ablassverkauf und wider den Bilderdienst gepredigt. Paul Speratus, von Salzburg vertrieben, begab sich nach Wien, und schrieb heftig gegen die dortige theologische Facultät. Hormayr's Gesch. von Wien. IV. A., 168 und B. 14 etc.

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*) Der Burgprediger Eggenberger nahm die Flucht. Der reiche und heftige Wiener Bürger Caspar Tauber, Hanns Voistler vom innern Rath, Jacob Peregrin, Hilfspriester im Hospital, und Johann Väsel, Priester in der Neustadt, waren die Ersten, welche vor dieses Gericht gestellt wurden (1523). Sie thaten den verlangten Widerruf und kamen mit Kirchenbussen davon. Der Tauber aber, der neuerdings abfiel, wurde im September 1524 den Flammen übergeben. Hormayr a. a. O. 169.

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