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des

Oeffentlichen Rechts.

Erster Band.
Allgemeiner Theil.

Erster Halbband.

Allgemeines Staatsrecht.

Von

Dr. Carl Gareis,

Profeffor an der Universität Gießen.

Allgemeine Darstellung der Verhältnisse von Staat und Kirche.

Von

Dr. Paul Hinschius,

Profeffor an der Universität Berlin.

J.C.B.A

1501

Freiburg i. B. und Tübingen 1883.
Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr
(Paul Siebeck).

Das Recht der Uebersehung in fremde Sprachen behält sich die Verlagshandlung vor.

Druck von C. A. Wagner in Freiburg i. B.

Einleitung.

Unser Handbuch des öffentlichen Rechts, dessen ersten Halbbänden diese Worte das Geleit geben, verdankt seine Entstehung zunächst einer doppelten Wahrnehmung und einem zweifachen Zweck. Seitdem die deutsche Nation an Stelle der losen völkerrecht= lichen Form, welche thatsächlich in den letzten Tagen des weiland römischen Reiches, rechtlich in der Zeit der Bundestagsmisere die Einzelstaaten verknüpfte, in dem Bundesstaat des neuen Reiches die feste Grundlage ihres inneren öffentlichen Rechtslebens mit machtvoller Entfaltung nach Außen gefunden hat, sind auch die gegenseitigen Beziehungen der deutschen Einzelstaaten und das Interesse, welches ihre staatlichen Zustände über die eigene Landesgrenze hinaus bieten, wesentlich stärker geworden. Es ist eine bedeutungsvolle Eigenthümlichkeit unseres Verfassungsrechtes, daß bei der Erfüllung allgemein anerkannter Aufgaben der nationalen Rechtsgemeinschaft, welche gesetzgeberisch nur durch vereinte Kraft zu bewältigen sind, die nähere Ausführung vielfach den Einzelstaaten anvertraut wird, während die reichsgesetzliche Gleichberechtigung aller Reichsangehörigen im Rechts- und Staatsleben derselben die Kenntniß des lezteren auch außerhalb des Kreises der Landesangehörigkeit nothwendig oder doch wünschenswerth macht. Ganz abgesehen davon, daß in einem und demselben Volke neben der nationalen Gesammtstaatsverfassung auch die selbständige eigenthümliche Ausgestaltung des öffentlichen Rechtes in den Gliedstaaten ein wissenswerther Bestandtheil des nationalen Lebens ist.

Eine Umschau auf dem dermaligen Gebiet unserer deutschen staatsrechtlichen Litteratur ließ erkennen, daß zur Erreichung dieses Zweckes die meisten Handhaben fehlen. Das deutsche Landesstaatsrecht, als Darstellung des wirklich in den Einzelstaaten geltenden Rechtes, nicht als die doktrinelle Zusammenfassung der allen oder den meisten angeblich gemeinsamen Grundsäße des öffentlichen Rechtes, hat in neuerer Zeit mit sehr wenig Ausnahmen, wozu allerdings das vortreffliche Werk Hermann Schulze's über das preußische Staatsrecht gehört, so gut wie brach gelegen. Für eine Reihe von deutschen Staaten hat es bisher überhaupt keine wissenschaftliche Bearbeitung ihres Staatsrechts gegeben und im Allgemeinen gehört das in der Litteratur dieser Art Vorhandene einer Zeit an, deren öffentliche Rechtszustände in Folge der nationalen Umgestaltung und der inneren Reformarbeit für die Gegenwart kein Interesse mehr bieten und Geschichte oder vergessen worden sind. Dieser Mangel mag sich zum Theil daraus erklären, daß die öffentlichrechtlichen Verhältnisse vor 1866 an sich wenig Anziehungskraft für die wissenschaftliche Beschäftigung damit boten und den Einzelstaaten nach einem berühmt gewordenen Ausspruch der Boden des alten Bundesrechtes unter den Füßen schwankte, wäh= rend nach der Gründung des Norddeutschen Bundes und dem Wiedererstehen des Deutschen Reiches zunächst die nationale Staatsentwicklung die Aufmerksamkeit und Arbeit der Wissenschaft in Anspruch nahm. Die Sammlungen deutscher Verfassungsurkunden, unter

denen wenigstens eine für ihre Zeit sehr werthvolle war (H. A. Zachariae, Die deutschen Verfassungsgesetze 1855), während andere wahre Muster von Oberflächlichkeit und Kritiklosigkeit sind, würden, auch wenn sie nicht stofflich veraltet wären, schon des= halb ungenügend sein, weil aus den bloßen Artikeln eines Grundgesetzes nur ein kleiner Theil des lebendigen Rechtes erkennbar wird. Auch die knappen Skizzen, welche sich in den alphabetisch angelegten Encyclopädien und Werken ähnlicher Art mit dem Staatsrecht der deutschen Staaten beschäftigen, gehören, abgesehen von der planmäßigen Dürftigkeit ihres Inhalts, alle der Periode vor der großen nationalen Umgestaltung unter Kaiser und Reich an, so daß auch die besten Leistungen darunter das Bedürfniß der Gegenwart unbefriedigt lassen.

Unter diesen Umständen erschien es als ein dankenswerthes Unternehmen, das öffentliche Recht in den deutschen Einzelstaaten in wissenschaftlicher, dem Verständniß aller politisch gebildeten Kreise zugänglicher Darstellung monographisch vor Augen zu führen, allerdings nicht in dem vollen Umfange, wie das Bedürfniß des praktischen Rechtslebens des Einzelstaates alle detaillierten Fragen zu erörtern verlangt, aber doch ausführlich genug, um den Landesangehörigen selbst und zunächst den anderen Deutschen ein anschauliches und richtiges Bild von der Verfassung und der Verwaltung des einzelnen Staates zu geben. Daß die Ungleichheit des territorialen und Machtumfanges innerhalb unserer nationalen Gemeinschaft, welche neben einem Großstaat und Staaten mittlerer Ausdehnung auch Kleinstaaten im eminenten Sinne des Wortes umfaßt, auch für die Behandlung einflußreich sein mußte, lag ebenso nahe als der Wunsch, den Eigenthümlichkeiten auch der kleinsten staatlichen Gemeinwesen aus der Erbschaft des alten Römischen Reiches deutscher Nation dadurch gerecht zu werden, daß ihre Darstellung Kräften anvertraut wurde, welche durch Landesangehörigkeit und Lebensstellung als die dazu bestberufenen erschienen. Auf der anderen Seite mußte es z. B. für die Bearbeitung des preußischen Staatsrechtes im Rahmen dieses Handbuches das Bestreben des Herausgebers sein, dieselbe wissenschaftliche Kraft zu gewinnen, welche in dem oben= erwähnten, soeben vollendeten, selbständigen Lehrbuch die deutsche staatsrechtliche Litte= ratur um eine ganz vorzügliche Leistung bereichert hat. Um den Preis einer etwas verzögerten Herausgabe des betreffenden Bestandtheiles unseres Handbuches ist dieser Gewinn für das Gesammtwerk nicht zu theuer erkauft.

Eine Reihe von Darstellungen des inneren Staatsrechtes der deutschen Partikularstaaten verlangt aber an ihrer Spitze nothwendiger Weise das Reichsstaatsrecht, welches zu= gleich die festen Grundmauern und die Krönung des staatlichen Einzellebens bietet, wie in dem Reich erst die Einzelstaaten ihre Ergänzung zum vollen Staatsdasein finden. Auf diesem hochwichtigen Gebiete ist soeben in dem großen Werk Laband's, „Das Staatsrecht des Deutschen Reiches" die erste umfassende Bearbeitung vollendet worden. Selbstverständlich durfte die der allgemeinen Anlage und dem Raumverhältniß dieses Werkes entsprechende gedrängtere, theilweise neubearbeitete Darstellung desselben Stoffes, wenn irgend möglich, nur dem Verfasser jenes bahnbrechenden Werkes anvertraut werden. Dem Staatsrecht des Deutschen Reichs von Prof. Laband schließt sich als Ergänzung und Uebergang zu den Monographien, welche das öffentliche Recht der Einzelstaaten behandeln, das Staatsrecht von Elsaß-Lothringen an. Die vielfach eigenthümlichen Normen und Einrichtungen des Reichslandes, wo deutsches und französisches Staatsrecht zusammenfließen und ganz neue Verhältnisse zu ordnen waren, sind in dieser Darstellung zum ersten Male in größerer Ausführlichkeit wissenschaftlich gewürdigt worden.

Dieses Bild des deutschen Verfassungs- und Verwaltungsrechtes der Gegenwart, wie es in dem Gesammtstaatsleben der Nation und der Einzelstaaten zum Ausdruck

gelangt, wird hoffentlich nicht bloß den eigenen Volksgenossen willkommen sein; es wird auch dazu dienen können, überall da, wo im Ausland der gestiegene Einfluß und die größere Bedeutung unseres Vaterlandes das Verlangen nach genauerer Kenntniß der deutschen öffentlichrechtlichen Zustände hervorgerufen hat, durch Verbreitung derselben eine internationale Friedensmission zu erfüllen.

Um so mehr mußte es als eine zweite klaffende Lücke in der deutschen staatsrechtlichen Litteratur anerkannt werden, daß wir abgesehen von vereinzelten theilweise allerdings hervorragenden Leistungen (es sei nur an die Gneist'schen Schriften über englisches Recht erinnert) eine dem heutigen Stand der Dinge entsprechende Darstellung des öffentlichen Rechtes in der außerdeutschen Staatenwelt so gut wie ganz entbehren, daß namentlich ein Gesammtwerk, welches mit einer gewissen Vollständigkeit und der für wissenschaftliche und praktische Zwecke erforderten Genauigkeit diesen umfangreichen Stoff behandelt, noch völlig fehlt. Von den älteren Sammlungen europäischer Konstitutionen u. dgl. gilt im erhöhten Maße das oben über ähnliche Zusammenstellungen deutscher Verfassungsurkunden Bemerkte. Und doch haben die mit jedem Jahrzehnt sich steigernden Verkehrsbeziehungen zwischen den Nationen, die Raum- und Zeitentfernungen fast besei= tigenden glorreichen Erfindungen der Neuzeit, welche uns das Leben anderer, durch das Weltmeer von uns getrennter Kulturvölker täglich gleichsam mitleben lassen, auch unser Interesse an den staatlichen Einrichtungen derselben, welche vielfach bestimmend auf das Verhältniß der Nation zur übrigen Staatenwelt einwirken, in einem früher nicht gekannten Umfang wecken und vertiefen müssen. Wie weit die litterarische Bemühung hier hinter den Erscheinungen des Lebens zurückgeblieben ist, möge allein der Hinweis darthun, bei dem wir das Weltmeer gar nicht zu überfliegen brauchen, daß sich das Staatsrecht der gegenwärtigen französischen Republik nirgendwo wissenschaftlich dargestellt findet, und auch für das dritte Kaiserreich bestand dieselbe Lücke. Die aus den letzten Kriegen hervorgegangenen neuen Staatenbildungen, welche zum Theil politisch und wirth= schaftlich unsere Interessen nahe berühren, verdienen nach ihrer staatsrechtlichen Seite wenigstens eine allgemein orientierende Berücksichtigung.

Auch hier ist unser Werk bestimmt, nach Kräften Abhülfe zu gewähren. Als Ergänzung der in Band II. und III. enthaltenen Darstellung des öffentlichen Rechtes in Deutschland soll Band IV. in gleicher Weise die außerdeutsche Staatenwelt, soweit die Kulturstufe der einzelnen Staaten es erfordert, in ihren gegenwärtigen staatsrechtlichen Verhältnissen vorführen. Wenn es schon bei dem Umfang und der Mannichfaltigkeit des Stoffes geboten war, für Deutschland die Arbeit unter zahlreiche Kräfte zu ver= theilen, so wäre es noch viel weniger möglich gewesen, in anderer Weise der zweiten erweiterten Aufgabe gerecht zu werden. Sollte hier für die einzelnen nichtdeutschen Länder auf einem zum Theil noch gar nicht wissenschaftlich angebauten Gebiet eine anschauliche und zuverlässige Kunde geboten werden, so mußte die Mitwirkung von Staatsmännern und Rechtsgelehrten der betreffenden Staaten überall da in erster Reihe gesucht werden, wo nicht schon vereinzelt deutsche Kräfte sich im fremden Rechtsstoff bewährt haben. Aber mit seltenen Ausnahmen wird unsere Darstellung des öffentlichen Rechtes der außerdeutschen Staaten die Eigenthümlichkeit bieten, daß außerdeutsche Schriftsteller an der Bereicherung unserer staatswissenschaftlichen Litteratur über die Verhältnisse ihres Heimathlandes den wesentlichsten Antheil nehmen. Während die Einen unmittelbar in deutscher Sprache mitwirken, werden die Arbeiten Anderer unter Leitung der Verfasser und des Herausgebers durch berufene Kräfte in's Deutsche übertragen und Originalwerke im deutschen Gewande sein. Die Mannichfaltigkeit der öffentlichrechtlichen Gestaltungen in Deutschland kehrt auf diesem Gebiete in weit erhöhtem Maße wieder, und dort wie

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