Sayfadaki görseller
PDF
ePub
[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small]

Dr. Friedrich H. Vering,

ord. öff. Professor der Rechte an der k. k. Franz-Josefs-Universität zu Czernowitz.

Acht und dreissigster Band.
(Neuer Folge zwei und dreissigster Band.)

Mainz,

Verlag von Franz Kirchheim.

1877.

Printed in Germany

AUG - 51925

Mainz, Druck von Joh. Falk III.

3

I.

Die Anerkennung des privilegirten Gerichtsstands des Klerus durch die römischen Kaiser,

von Otto Grashof, Priester der Diöcese Hildesheim.

Indem die christlich gewordenen römischen Imperatoren den Mitgliedern des geistlichen Standes mannichfache Immunitäten, personale wie reale, verliehen, gingen sie von der Erwägung aus, dass den Klerikern bei den ihnen eigenthümlichen wichtigen und erhabenen Berufspflichten nicht wohl gewisse Leistungen auferlegt werden könnten, von welchen sonst keine Bevölkerungsclasse im Staate frei war. Der geistliche Stand, erhaben und würdevoll, weil von Gott und an erster Stelle für Gott bestimmt, wichtig, weil den ewigen und nicht selten den leiblichen Interessen der Mitmenschen sich widmend, verdiente nach damaliger kaiserlicher Anschauung eine begünstigende Ausnahmestellung. Auch das privilegium fori, die Befreiung von der weltlichen Gerichtsbarkeit, welches die christlich römischen Herrscher den Geistlichen gewährten, entfloss einer ähnlichen Erwägung. Die Kaiser hielten es für unbillig, den Klerus der Laienwelt einfach gleichzustellen oder hier gar dem Urtheile der Laien zu unterstellen. In dieser Beziehung theilt also die nun zu besprechende Immunität den gleichen Charakter mit den früher behandelten alle sind beabsichtigter, wohl überlegter Ausfluss kaiserlicher Munificenz. Aber es besteht hier auch ein Unterschied. Alle bereits besprochenen Immunitäten erscheinen nämlich als solche, deren Idee, so zu sagen, erst mit der christlichen Kaiserzeit auflebte, deren Verwirklichung wenigstens erst mit Constantin, dem ersten christlichen Kaiser begann, sie sind eine neue Frucht, die der neu gebildeten Vereinigung von Kirche und Staat erwuchs. Den Wunsch hegte die Kirche freilich längst im Stillen, es möchte ihren Dienern behuf ungestörterer Erfüllung ihrer Berufsarbeiten eine gewisse Freiheit von den mancherlei schweren Leistungen gegen den Staat gewährt sein, aber sie setzte dabei doch ihre Ehre darein, ihre Angehörigen stets zur treuen Erfüllung auch der schwierigsten Pflichten gegen Kaiser und Vaterland zu ermahnen, eine Thatsache, die alle christlichen Apologeten für ihre Zwecke verwerthen konnten, ohne auf Widerspruch zu stossen. Die kaiserlichen Immunitätsgesetze schufen

also hier eine ganz neue, gleichsam unvermittelte glückliche Lage für den Klerus. Anders ist es mit dem privilegium fori. Rein als Immunität betrachtet konnte freilich auch dieses nur Existenz gewinnen im römischen Reiche durch die Freigebigkeit der Kaiser, aber es hatten sich nach dieser Richtung hin längst in der Kirche Verhältnisse ausgebildet, auf welche die Kaiser bei ihren Gesetzen zurückgreifen, an die sie anknüpfen, die sie weiter fortbilden oder modificiren konnten. Es findet hier also ganz Aehnliches statt, wie wir es oben bei den kaiserlichen Gesetzen über das Vermögen der Kirche und des Klerus zu beobachten Gelegenheit hatten.

Der Umfang, in dem die Kirche vor ihrer Anerkennung Seitens der Staatsgewalt eine Gerichtsbarkeit ausübte, ist bekannt genug 1). Hier geben wir nur die Gesichtspunkte an, die zur bessern Beurtheilung der kaiserlichen Gesetze im Auge zu behalten man gut thut. Der Entscheid, bezw. die Durchführung desselben durch geistliche Zwangsmittel bei allen eigentlich kirchlichen Streitfragen lag seit den apostolischen Zeiten naturgemäss in der Hand der Kirche. Rein weltliche Streitigkeiten, die an sich zwar nicht unter die Jurisdiction der Kirche fielen, wurden gleichfalls schon in den ältesten Zeiten vor die Bischöfe als Schiedsrichter gebracht. Die Weisung des Apostels I. Cor. 6, 1 ff. legte Grund zu dieser in der Kirche sich fest ausbildenden Gewohnheit. Die Kirche rügte es, falls Laien ihre Angelegenheiten vor den [heidnischen] weltlichen Richter brachten, wegen der Gefahren, die für den Glauben der klägerischen Christen daraus erwuchsen; für Kleriker galt es geradezu als Verbrechen, als Apostasie, wenn sie einen Laien oder sich gegenseitig vor dem Ressort des weltlichen Richters belangen wollten. Ueberall bildete der Bischof die erste Instanz in einer Gemeinde und urtheilte in Sachen der Kleriker wie der Laien. War ein Bischof selbst Beklagter, so sassen seine Amtsbrüder auf den Synoden unter Vorsitz des Metropoliten über ihn zu Gericht. Von einer Anerkennung dieser lex Christiana durch den heidnischen Staat konnte natürlich keine Rede sein, obschon vereinzelte Fälle vorkamen, dass selbst heidnische Kaiser die Kirche in der Durchsetzung ihrer Erkenntnisse unterstützten. Wir erinnern an den bekannten Rechtsspruch und die Verfügung des Kaisers Aurelian wider den von den Bischöfen verurtheilten Bischof Paulus von Samosata 2). Mit der Anerkennung der christlichen Religion als Staatsreligion sahen

1) Thomass. 1. c. p. II, lib. 3. c. 101 ff.

2) Euseb. h. e. VII, 30.

sich die christlichen Kaiser nun aber geradezu vor die Frage gestellt, wie sich der christliche Staat zu dem in der Kirche ausgebildeten Gewohnheitsrechte, Streitigkeiten rein innerer, geistlicher Natur, wie auch bürgerliche Rechtshändel von Laien und Geistlichen vor ihrem Ressort zu entscheiden, verhalten, ob er dasselbe bestehen lassen oder die gänzliche oder theilweise Uebertragung der bisherigen kirchlichen Gerichtsbarkeit, auf die von ihm errichteten weltlichen Richterstühle verlangen solle. Damit stehen wir vor der Gesetzgebung der Kaiser selbst.

1. Die kaiserlichen Gesetze bis auf die Zeit der Selbstregierung Valentinian des III.

Von Constantin dem Grossen ist kein förmliches Gesetz bekannt, welches speciell den Klerus betrifft; aber aus anderen Bestimmungen dieses Kaisers wie aus gleichzeitigen anderweiten Nachrichten können wir deutlich abnehmen, wie Constantin hinsichtlich des Gerichtsstandes des Klerus verfügte. Der Kaiser erkannte die seit jeher in der Kirche geübte Gerichtsbarkeit, jene lex Christiana, nicht nur einfach an, gab dem kirchlichen Schiedsrichteramte nicht nur gesetzliche Bestätigung, sondern verfügte ausdrücklich, dass eine bischöfliche Sentenz über irgend eine Civilrechtssache weder durch ein ordentliches noch ausserordentliches Rechtsmittel angefochten werden, dass sie von weltlichen Behörden exequirt werden, ferner, dass jede in einem Rechtsstreite begriffene Partei den Process selbst gegen den Willen des Gegners vor den Bischof zu bringen befugt sein solle und zwar nicht blos am Anfange des Rechsstreites, sondern auch dann, wenn die Sache vor dem weltlichen Richter bereits in Verhandlung war 1). Ein Kaiser, welcher der Kirche ein im höchsten Grade ausgedehntes Schiedsrichteramt über alle Staatsangehörige zuwies, anerkannte damit eo ipso und ganz besonders die kirchliche Jurisdiction in eigentlich kirchlichen Rechtsstreiten, zumal für Kleriker, so zwar, dass nach dem alten kirchlichen usus die Kleriker den Bischöfen, diese dem Provincialconcil unterstanden; weiter erhellt aus den obigen Constitutionen, dass Constantin I. der Kirche auch die Civiljurisdiction über die Geistlichen gab, so dass in keinem Falle ein Kleriker sich vor einem weltlichen Richter zu stellen brauchte. Dieses Resultat findet seine Bestätigung durch den Bericht des Eusebius: »Jam vero Episcoporum sententias, quae in Conciliis permulgata essent, auctoritate sua confirmavit, adeo ut provinciarum rectoribus non liceret, Episcoporum decreta rescindere ;

1) Constit. quas Jacob. Sirm. . . divulgavit, edit. Hänel. Bonnae 1844.

« ÖncekiDevam »